Prozess: Amtsgericht verurteilt junge Rumänen wegen bandenmäßigen Betrugs / Es soll noch ein dritter Mann dabei gewesen sein

Hechingen. Wenn drei Personen gemeinsam auf betrügerische Betteltour gehen, bilden sie eine Bande. Und obwohl am Dienstag in Hechingen nur zwei junge Rumänen, 20 und 23 Jahre alt, wegen bandenmäßigen und gewerbsmäßigen Bettelbetrugs vor Gericht standen, waren Richterin Laub und Staatsanwältin Keller nach der Beweisaufnahme überzeugt, dass es einen dritten Mann gegeben hat, der die Sache wohl koordinierte.

Laut Anklage hatten sich im März diesen Jahres drei Personen auf dem Parkplatz eines Hechinger Einkaufszentrums als Vertreter einer Organisation für hörgeschädigte und behinderte Kinder ausgegeben und sowohl Bargeld als auch Unterschriften auf identischen Spendenzetteln gesammelt. Eine Polizeistreife wurde auf die Gruppe aufmerksam, die sich bei Anblick des Polizeiautos flugs zerstreute. Zwei steuerten einen Einkaufsmarkt an, wo sie von den Beamte gestellt wurden, als sie gerade die identischen Klemmbretter mit den Spendezetteln unter einem Handtuchstapel verschwinden ließen. Die dritte Person konnte entkommen.

"Rein zufällig" hätten sie sich in Hechingen getroffen, beteuerten die jungen Männer, die auch zufällig aus demselben rumänischen Dorf stammen und vor der Tat bei Verwandten im Ruhrgebiet gelebt hatten.

Professionelle Betteltour

Der 20-Jährige erklärte, er habe die Spendenzettel bei einem Verwandtenbesuch in Stuttgart bekommen, dort hätten alle rumänischen Jugendlichen so was gehabt. Beide hätten nur für sich betteln wollen, um ihre persönliche Situation zu verbessern und ihren Familien Geld schicken zu können, da die Arbeitsmöglichkeiten für sie in Deutschland schlecht seien.

Bei ihrer Vernehmung vor dem Haftrichter im März hatten sie dagegen angegeben, dass sie gemeinsam mit dem Zug vom Ruhrgebiet bis Frankfurt gefahren waren, dort übernachtet hätten und dann mit dem dritten Mann, den beide unabhängig voneinander mit dem Namen "Ion" bezeichnet hatten, in dessen Auto nach Süddeutschland gefahren wären. Ein beträchtlicher zeitlicher und finanzieller Aufwand also, nur um vor einem Supermarkt ein bisschen zu betteln.

Die Verteidigerinnen versuchten diese Widersprüche dadurch zu erklären, dass ihre Mandanten unter Druck gestanden hätten und ihnen außerdem niemand gesagt habe, dass sie bei der Vernehmung die Wahrheit sagen müssen. Es gebe keinerlei Beweise für einen dritten Beteiligten und für bandenmäßiges Vorgehen.

Dieser Argumentation wollten weder Staatsanwältin noch Gericht folgen. Die Betteltour mit den gefälschten Spendenblättern sei professionell vorbereitet gewesen. Erschwerend kam für die Angeklagten hinzu, dass beide bereits während ähnlicher Delikte Strafbefehle bekommen hatten, der 23-Jährige vorher sechs Mal, der 20-Jährige einmal, er hatte sich in Stuttgart als Taubstummer ausgegeben. Daher stellte Staatsanwältin Keller auch keine günstigen Sozialprognosen. Sie ging wegen der geringen Erträge – die Rede war von 16 bis 20 Euro – aber von einem minderschweren Fall von gewerbsmäßigem bandenmäßigem Betrug aus - und beantragte daher Haftstrafen von einem Jahr für den 20-Jährigen und von einem Jahr und drei Monaten für den 23-Jährigen, jeweils ohne Bewährung.

Das Gericht folgte im Wesentlichen dieser Argumentation und verurteilte den 20-Jährigen zu zehn Monaten, den 23-Jährigen zu elf Monaten Freiheitsstrafe. Bewährung könne beiden trotz des minderschweren Falles nicht gegeben werden, da davon auszugehen sei, dass beide Angeklagte wieder Straftaten begehen würden.