Beate Dörr referiert. Auf der Leinwand sind Bilder und Eckdaten der deutschen Frauenbewegung zu sehen. Foto: Dick Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Beate Dörr zeigt den zähen Kampf der deutschen Frauen um Gleichberechtigung

100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland: Die VHS Hechingen hat das Thema zum Anlass genommen, um in einem spannenden und bewegenden Vortrag die Wegbereiterinnen der deutschen Demokratie und des Frauenwahlrechts vorzustellen.

Hechingen. Für den Vortrag ins Boot geholt hatte man sich Beate Dörr, Kulturwissenschaftlerin und verantwortlich für den Bereich "Frauen und Politik der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg". Dörr referierte im Konstantinsaal der Stadthalle.

Sie nahm ihre Zuhörer mit auf eine Zeitreise, hatte Bilder und Biografien von "Soufragetten" (abwertend für Frauenrechtlerinnen) mitgebracht, alte Wahlplakate, Frauen im Hungerstreik, Bilder von frühen Frauen-Demonstrationen, die den zähen Kampf der Frauen bis heute zeigen.

Am 12. November 1918 also hatten deutsche Frauen das Wahlrecht erhalten, im Januar 1919 wurde schon gewählt. Als eine der wichtigsten Wegbereiterinnen nannte Dörr Marie Juchacz. Die Gründe, die 1918 dagegen sprachen, Frauen dieses Recht überhaupt zuzugestehen, dürften bei den Zuhörern von heute sowohl Schmunzeln als auch Entsetzen ausgelöst haben. So hieß es damals unter anderem, Frauen seien "durch ihre immanente Friedensliebe eine Gefahr für einen kraftvollen Staat". Außerdem fürchtete Mann sich davor, dass die Frauen tatsächlich gewählt werden könnten – schließlich war der "Frauenüberschuss" nach dem Ersten Weltkrieg groß. Und mutig und laut genug waren zum Beispiel Marianne Weber, Mathilde Planck und Thekla Kaufmann. Der etwas bekannteren Sozialistin Clara Zetkin ist der internationale Frauentag am 8. März zu verdanken.

Dörr zeigte den Weg bis in die Zeit, als die Nazis an die Macht kamen. Die schafften passive Wahlrecht für Frauen – also dass Frauen sich zur Wahl stellen können – gleichmal wieder ab.

Erschütternd auch eine Liste europäischer Staaten und den Zeitpunkten, als diese Länder ihren Frauen das Wahlrecht erteilten. Schlusslicht hier das Fürstentum Liechtenstein: ab 1984 durfte das weibliche Geschlecht wählen, in der Schweiz war das ab 1971 möglich. Vorreiter hier: Finnland (1906).

Zollernalbkreis steht gut da

Aber das Wahlrecht allein macht die Frau noch nicht gleichberechtigt. Dörr erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass in Deutschland erst seit 1997 Vergewaltigung in der Ehe als Verbrechen gilt, und erst seit 1977 dürfen Frauen ohne das Einverständnis ihres Ehemannes arbeiten.

Als Bundeskanzlerin Angela Merkel im November 2018 den "Geburtstag" des 100 Jahre alten Frauenwahlrechts in einer Rede thematisierte, sagte sie unter anderem: "Das Ziel muss Parität sein. Parität überall." Der Anlass und Merkels Worte zeigen: Das Recht deutscher Frauen zu wählen, ist eigentlich noch jung, und auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist das Ziel in vielen Bereichen noch nicht in Sicht.

Es gebe leider, das sagte auch Beate Dörr gegen Ende ihres Vortrags, "noch viel Luft nach oben". Ungleiche Bezahlung (Gender-Pay-Gap) sei in Baden-Württemberg beispielsweise noch sehr hoch. In der Politik seien Frauen ebenfalls unterrepräsentiert. Eine so schöne wie überraschende Ausnahme: Der Kreistag im Zollernalbkreis steht landesweit an sechster Stelle, was den Frauenanteil angeht – und das bei 35 Landkreisen.

Im Anschluss an die Veranstaltung konnten die Zuhörer mit Kandidaten der Hechinger Listen zur Kommunalwahl diskutieren. Die Bunte Liste, die CDU, die Freien Wähler und die SPD gaben an Stehtischen bei Brezeln und Getränken die Möglichkeit dazu.