Unter realen Bedingungen probten die Rettungskräfte am Samstagnachmittag einen Massenunfall. Foto: Eberhard Wais

Rettungskräfte aus dem ganzen Kreis stellen auf alter B 32 Massenkarambolage nach Unwetter nach.

Hechingen - Das Horrorszenario, das die Feuerwehren aus dem ganzen Kreis, das THW, das DRK und die Notärzte auf der alten B 32 am Samstagnachmittag probten, war zum Glück nur eine Übung. Doch die angenommene Massenkarambolage ist ein Ernstfall, der durchaus zur Realität werden kann.

Die Schreie vieler Verletzter erfüllen die Luft und zerreißen eine gespenstische Stille, auf gut 50 Meter liegen heftig verkeilt Autowracks über und nebeneinander, mitunter läuft Treibstoff aus. Nach einem völlig überraschenden Unwetter mit Hagelschauer scheint wieder die Sonne, aus der Ferne hört man schon vielfach Sirenen von Feuerwehr, DRK, THW und Polizei. Was sich am Samstagnachmittag auf der alten B 32 beim Schützenhaus der Sportschützen darbietet, ist glücklicherweise nur eine groß angelegte Übung zum Thema "Massenkarambolage".

Dies sei ein Übungsszenario, meint Kreisbrandmeister Stefan Hermann, der wie hunderte Neugieriger das Geschehen interessiert verfolgt, das leider nicht ungewöhnlich ist. Das angenommene Unwetter, das ja gerade im vergangenen und diesem Sommer oftmals tatsächlich unvermutet aufgetreten ist, hat auf der B 27 bei Hechingen zu einem schweren Auffahr- und Massenunfall geführt. An diesem sind elf Autos und ein Schaufelbagger beteiligt. Über 20 Fahrer und Beifahrer sind in den Fahrzeugen, mehr oder weniger schwer verletzt eingeklemmt worden. Rauch steigt aus den Motoren und vor allem den Batterien der Fahrzeuge auf, wird von den Feuerwehrtrupps aber schnell gelöscht. Aufgabe der Feuerwehren aus dem ganzen Landkreis, des THW, des DRK und der Notärzte ist es nun, in dieser unübersichtlichen Unfallsituation die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Verletzten schnellstmöglich zu retten und zu versorgen.

Die nicht leichte Aufgabe für Notärztin Dr. Bubser und ihren Rettungsassistenten Wolfgang Dieter ist es, in der sogenannten Triage (Einteilung) die teils sehr dramatisch geschminkten Verletzten zu sichten, anzusprechen und dann zu entscheiden, welche Betroffenen je nach Schwere ihrer Verletzung zuerst versorgt werden. Denn gerade bei solchen großen Unfällen gibt es oft mehr zu versorgende Patienten als Rettungskräfte zur Verfügung stehen.

Insgesamt 40 DRK-Helfer sind dabei im Einsatz, sie kommen von den SEG-Einheiten in Hechingen und Balingen, den DRK-Bereitschaften in Ringingen, Obernheim, Bisingen und Geislingen sowie vom Rettungsdienst. Ihnen boten sich zahlreiche verschiedenartige "Verletzungen". Dann können Feuerwehr und THW ans Werk gehen und die Betroffenen aus den Autowracks befreien, keine leichte Aufgabe, denn meist sind die Türen verkeilt, müssen Spreizer und Rettungsschere eingesetzt werden, klettern Helfer selbst in die engen Autowracks, sprechen Trost zu und beruhigen die immer aufgeregteren Verletzen. Vor allem, wenn sich aus Sicherheitsgründen eine Rettung hinzieht. Im Einsatz sind Feuerwehren aus Hechingen, Burladingen, Balingen, Grosselfingen, Bisingen und Rangendingen. Für die unbeteiligten Zuschauer am Straßenrand entsteht so ein vielfaches Durcheinander, dabei ist die Arbeit innerhalb der vom Hechinger Kommandanten und Gesamteinsatzleiter Mike Bulach festgelegten Rettungsabschnitten streng geordnet.

Nach und nach werden die eingeklemmten Personen befreit und zu einer in der Nähe eingerichteten "Patientenablage" gebracht, wo sie versorgt werden und dann auf die vorab alarmierten Krankenhäuser verteilt werden. Die Arbeit und Koordination der insgesamt rund 160 Übungsteilnehmer wurde dabei streng verfolgt von Schiedsrichtern, Experten der Unfallanalyse und Fachleuten des Rescue Training Centers (RTC) im Kreis Tübingen. Deren Notizen und Anmerkungen sollen später ausgewertet und mit den Wehren besprochen werden, betont Mike Bulach, und dann Basis sein für künftige Übungen, auch was die Zusammenarbeit zwischen den Wehren anbelangt. Hierzu hatte es schon am Samstagvormittag einen theoretischen Unterricht über "Standard-Einsatz-Regeln bei Verkehrsunfällen" gegeben. Zur Sprache kommt dabei auch die sich verändernde Fahrzeugtechnik, die einerseits für mehr Sicherheit im Verkehr sorgt, andererseits die "Rettung" bei einem Unfall nicht erleichtert.

Bereits im nächsten Jahr, so Andre Weiss vom RTC, soll eine ähnliche, vielleicht noch größere Übung direkt auf der B 27 inszeniert werden.