Viele Flüchtlinge versuchen derzeit in Schlauchbooten den Ärmelkanal zu überqueren. Foto: Fuller

Über Jahre haben sie sich in Hechingen und Umgebung eingelebt, Schulen besucht, Arbeit gefunden – nun sind drei junge Eritreer wieder auf der Flucht. Grund sind nicht nachvollziehbare Verwaltungsregeln, die hier rigoros vollzogen werden. Der Hechinger Arbeitskreis Asyl hat dies in einem offenen Brief an Annette Widmann-Mauz geschildert.

Hechingen - Die CDU-Bundestagsabgeordnete ist Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Die drei Eritreer seien vom Hechinger AK Asyl mehrere Jahre betreut worden, so der Brief. Sie hatten einen Schutzstatus, der ihnen eigentlich eine sichere Zukunft ermöglichen sollte.

Allerdings forderten die deutschen Behörden von ihnen eritreische Dokumente, die ihnen nur die Botschaft ihres Herkunftslandes ausstellen könnte. Für Eritrea aber sind Geflüchtete Feinde, und deren Familien gleich mit. Erfährt die Regierung von einer Flucht, droht allen Gefahr. "Wir haben persönlich in Hechingen eritreische Flüchtlinge kennengelernt, deren Brüder an ihrer statt gefangen genommen und gefoltert wurden", so der AK Asyl.

Die jungen Männer sind mittlerweile von Schleusern in Lastwagen-Containern oder per Schlauchboot über den Ärmelkanal nach England weitergeflüchtet.

Beschaffung von Dokumenten als Druckmittel

Das Problem betreffe auch Familien, bei denen ein Angehöriger politisches Asyl habe und die restliche Familie per Familiennachzug eingereist sei. Auch diese sollten ihre Pässe in der Botschaft des Herkunftslandes erneuern lassen. Dabei bedrohe sie genau dieses Land mit dem Tod.

Das Problem der Pässe betreffe auch in Deutschland geborene und aufgewachsene staatenlose Kinder und Jugendliche, die eigentlich einbürgerungsberechtigt wären.

Der AK Asyl kennt einen jungen Mann, der mit seinen Eltern als Kleinkind aus der Sklaverei in Mauretanien geflohen ist, später auch dort von Sklaverei bedroht war, bevor die Flucht nach Deutschland gelang. Der junge Mann hat eine Ausbildung absolviert, steht mitten im Beruf. Für eine Aufenthaltserlaubnis würde er aber eine Geburtsurkunde und einen Pass vorlegen müssen, was schlicht unmöglich sei.

Der AK Asyl hat den Eindruck, "dass die Beschaffung von Dokumenten aus dem Herkunftsland von den deutschen Behörden als Druck- und Drohmittel gegenüber Migranten angewandt wird". Gesetzliche Schutzregelungen würden so per Verwaltungshandeln ausgehöhlt.

"Wir können die Rechte von in Deutschland lebenden Menschen nicht an Dokumente von Staaten knüpfen, die bekanntermaßen Menschenrechte mit Füßen treten", so der Brief, der vom Vorstand des AK Asyl aus Almut Petersen, Francoise Schenkel, Christiane Gersdorf, Fritz Steinhilber und Gabriele Lamparter unterschrieben ist.