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Zwei Mütter wollen "Demokratische Schule" gründen. Infoveranstaltung in Hechingen. Mit Interview

Hechingen - Sonja Nerz aus Burladingen und Johanna Haiss aus Sulz setzen sich für die Gründung einer »Demokratischen Schule« ein. Als Standort wäre zum Beispiel Hechingen denkbar. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklären die beiden Frauen, wie eine solche Schule gestaltet sein könnte.

Wie sind Sie persönlich auf das Thema "Demokratische Schule" aufmerksam geworden?

Nerz:Als meine Tochter drei Jahre alt wurde, suchte ich nach alternativen Kindergärten. Dabei stieß ich zufällig auf die Webseite des Films "Schools of Trust" über "Demokratische Schulen". Ich habe anschließend viel über das Thema gelesen und solche Schulen besucht.

Haiss:Ich bin auch über Kindergärten auf das Thema gekommen. Dort gibt es schon deutlich mehr alternative Formen, als bei Schulen.

Ihre Initiative nennt sich "Elterninitiative für eine glückliche Schulzeit". Wie weit sind Sie damit schon gekommen und warum glauben Sie, dass Kinder an einer "Demokratischen Schule" so viel glücklicher wären?

Nerz:Zunächst haben wir eine Facebookseite erstellt, denn es ist wichtig, sich zu vernetzen. Der nächste Schritt ist eine Vereinsgründung. Es gibt schon einige interessierte Eltern, die sich noch mehr in das Thema einlesen möchten. Warum ein Kind an einer "Demokratischen Schule" glücklicher wäre? Weil es dort tun kann, was es möchte. Das soll aber nicht heißen, dass alle Schüler Probleme mit der Regelschule haben. Nur ist man dort eher wegen seiner Freundschaften glücklich, und nicht wegen des strikten Lehrplanes.

Haiss:Ich würde sagen, Schüler wären dort glücklicher, weil sie dort angenommen würden, wie sie sind. Man bekommt nicht so etwas zu hören wie "Du kannst das nicht." Es geht darum, das zu fördern, was im Kind ist.

Nerz:Genau, Kinder sollten nicht als "leere Gefäße" betrachtet werden.

Wo würden Sie die Schule gern aufbauen und würden Sie sich am Konzept einer bereits bestehenden Schule orientieren?

Nerz:Am ehesten natürlich dort, wo die meisten Interessenten sind. Aber da wir in Burladingen und Sulz wohnen, wären Hechingen oder Bisingen als "Mitte" denkbar. Orientieren würden wir uns am Konzept von Christoph Schuhmann, Lehrer und Regisseur des Films "Schools of Trust".

Haiss:Idealerweise trägt aber auch die jeweilige Stadt oder Gemeinde das Konzept mit.

Was müssten Ihrer Meinung nach die Kinder an Eigenschaften mitbringen, um auf eine solche Schule gehen zu können?

Nerz:So eine Schule passt für jedes Kind, aber nicht für alle Eltern. Es ist viel Vertrauen vonseiten der Eltern notwendig, sonst entsteht wieder Druck.

Haiss:Selbst wenn die Eltern genügend Vertrauen in die Kinder haben, können Zweifel von Verwandten verunsichern.

Nerz:Je länger jemand jedoch auf einer Regelschule war, desto schwieriger wird die Gewöhnung an eine "Demokratische Schule". Aber auch Phasen der Langeweile und Orientierungslosigkeit sind wichtig, um sich selbst zu finden. Man wird als Kind nicht allein gelassen, es gibt Lernbegleiter, mit denen man Probleme klären kann. Man sagt, dass Schule auf das Leben vorbereiten soll. Aber können wir wirklich wissen, wie die Welt in einigen Jahren aussehen wird? Man sollte den Kindern daher Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie kreative Ideen entwickeln können, anstatt zu reinen Pflichterfüllern zu werden, die nichts hinterfragen.

Aber können bei dieser Art des Lernens nicht auch Probleme im Alltag entstehen? Zum Beispiel, wenn ein Kind erst mit zehn Jahren lesen lernt, weil es vorher einfach keine Lust dazu hat?

Nerz:Jedes Kind realisiert irgendwann, was es für sich selbst braucht. Alle Kinder an "Demokratischen Schulen" können lesen und schreiben. Kinder lernen auch bei Projekten: Wer ein Baumhaus bauen will, braucht dafür Mathe.

Haiss:Meistens handelt es sich bei einem Problem um ein Problem des Umfelds. Wenn es ein Problem des Kindes wäre, würde es dies lösen.

Was verstehen Sie persönlich unter "Lernen"?

Nerz:Lernen kann nur nachhaltig funktionieren, wenn die Begeisterung für das Thema da ist. Kein Lernen ohne Emotionen. Wenn positive Emotionen mit dem Lernen verbunden sind, bleibt die Freude am Lernen ein Leben lang erhalten.

Haiss:Lernen ist überall. Schon kleine Kinder lernen automatisch beim Spielen. Babys zum Beispiel lernen laufen, ohne dass man es ihnen vorher »befohlen« hat.

Nerz:An "Demokratischen Schulen" ist auch Lernen außerhalb der Schule möglich. Wenn ein Kind zum Beispiel ein Praktikum machen möchte, soll es das jederzeit tun können.

Welche "Hürden" müssten Sie noch überwinden, um eine demokratische Schule gründen zu können?

Nerz:Für eine Schulgründung sind keine fixen Zahlen an Interessenten nötig. Allerdings muss die Schulbehörde zustimmen. Es würde sich um eine Privatschule handeln. Nach drei Jahren Bestand gäbe es einen Zuschuss vom Staat, die restlichen Kosten müssten als Schulgeld bezahlt werden. Der Betrag muss für jeden tragbar sein. Bisher konnte jeder, der wollte, auch auf eine "Demokratische Schule" gehen.

Wann und wo kann man sich in nächster Zeit über Ihre Idee informieren?

Nerz: Wir werden den Film "Schools of Trust" am 16. März und 26. Oktober an der Volkshochschule in Hechingen zeigen, am 29. März an der Volkshochschule in Albstadt, jeweils um 19 Uhr. Interessierte können außerdem eine E-Mail an info@schuledeslebens-aufderalb.de schreiben. Wir können die DVD auch verleihen.