Pfarrer Michael Knaus (links auf dem Vordach) sprach nach dem Freitagsgebet in der Hechinger Moschee ein christliches Gebet, umd ein Zeichen zu setzen. Foto: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Ramadan: Ein einzelner Gegendemonstrant / Etwa 100 Gläubige versammeln sich fünf Minuten zum muslimischem Gebetsruf

Deutliches Zeichen, dass das christliche Kreuz kein Werkzeug zum Kampf gegen den Islam werden soll: Der katholische Pfarrer Michael Knaus hat am Freitag auf dem Vordach der Moschee nach dem Gebetsaufruf des Vorbeters ein Gebet aus dem christlichen Gotteslob vorgelesen.

Hechingen. Seit Bürgermeister Philipp Hahn dem Hechinger Moscheeverein in der Gammertinger Straße den traditionellen Gebetsaufruf per Lautsprecher erlaubt hat, ist in der Stadt ein kleiner Kampf der Kulturen und Religionen ausgebrochen.

Die Erlaubnis gilt zwar nur für Freitagnachmittags, und das auch nur im Ramadan. Trotzdem gab es – wenn auch kleine – Gegendemonstrationen etwa 200 Meter von der Moschee entfernt an der Gammertinger Straße, wobei einige Aktivisten Sympathien für die AfD zeigten, anderen ein Kreuz in die Luft reckten.

Dann wollte die AfD am Freitag eine Demonstration auf dem Marktplatz abhalten, rückte davon aber wieder ab, weil sich eine Gegendemonstration ankündigte. Gestern stand ein einsamer Demonstrant an der Straße mit einem Schild, auf dem er sich gegen den "politischen Islam" aussprach. Vielleicht bezog sich das "politisch" darauf, dass der Trägerverein der Hechinger Moschee der türkischen Religionsbehörde Ditib untersteht, die im politische Diskurs der Bundesrepublik auch von bürgerlichen Parteien nicht in allen Aspekten unkritisch gesehen wird.

Aber darum geht es im aktuellen Kampf der Kulturen in Hechingen wohl nicht, hier läuft es für einige eher darauf hinaus, Ressentiments gegen den Islam insgesamt offen zu zeigen. Und um genau dagegen ein Zeichen zu setzen, kam am Freitag der katholische Stadtpfarrer Michael Knaus zur Moschee, im schwarzen Anzug mit deutlich sichtbarem Kreuzanstecker. Gemeinsam mit dem muslimischen Vorbeter kletterte er durch ein Fenster auf das Moschee-Vordach. Der Vorbeter sang den Gebetsaufruf, der ziemlich genau fünf Minuten lang auf arabisch erklang und in dem Nichteingeweihte nur mehrfach das Wort "Allah" heraushören können. Dann sprach Michael Knaus auf Deutsch noch ein christliches Gebet.

Knaus zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung verärgert darüber, dass seine Sonntags-Predigt, in der er zum friedlichen Miteinander mit dem Islam aufgerufen hatte und feindliche Aktionen auf christlicher Grundlage ablehnte, von einigen Gemeindemitgliedern kritisiert worden war. Deshalb habe er nun dieses Zeichen gesetzt. Die etwa 50 Muslime selbst, die bei strahlendem Sonnenschein zum Gebetsaufruf gekommen waren, nahmen diese Streitigkeiten eher als Randthema hin. Dass sie aus bestimmten Richtungen angefeindet werden, ist für sie ja nicht neu.

Türkische und deutsche Fahne vor Moschee

Im engen Vorhof der Moschee wurden die eineinhelab Meter Abstand zwischen den Betenden sicher nicht überall konsequent eingehalten, aber die zwei Polizisten, die hier vor Ort waren, mischten sich da nicht näher ein. Und die Muslime freuten sich einfach, hier als Gemeinde im Ramadan wenigstens in dieser Form zusammenkommen zu dürfen. Normalerweise sind die Moscheen zum Ramadan sehr voll, aber wegen Corona geht das nicht. Am Fahnenmast vor der Moschee wehten drei Fahnen in der Mittagsbrise: eine deutsche, eine türkische und die der Ditib.