Eine Frage des Blickwinkels: Zum Abschluss der Sommer-Reihe des Kunstvereins waren im Weißen Häusle Fotografien von Elisabeth Arzberger zu sehen.Foto: Maute Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Die Arbeiten von Elisabeth Arzberger sind vom Minimalismus gekennzeichnet

Nicht selten ist der erste Blick ein Blick zu wenig: Diese Erkenntnis bewahrheitete sich im Weißen Häusle, wo zum Abschluss der Sommer-Reihe des Kunstvereins Elisabeth Arzberger ihre Arbeiten präsentierte.

Hechingen. Alles eine Sache des Blickwinkels. Es gibt kaum einen Bereich des Lebens, in dem dieses Sprichwort nicht Anwendung findet. Denselben Aspekt hat, allerdings weitaus eleganter, der große Leonardo da Vinci in Worte gefasst. "Das Sehorgan ist rasch und nimmt mit einem Blick eine unendliche Vielfalt an Formen auf. Trotzdem kann es auf einen Blick einen Gegenstand nicht wirklich erfassen", wusste er.

Wer der Galerie im Fürstengarten einen Besuch abstattete, in der Fotografien von Elisabeth Arzberger zu sehen waren, dem wird der Wahrheitsgehalt dieser Worte noch lange im Gedächtnis bleiben. Denn wer beim Stichwort Fotografie nur den unüberbietbaren Realismus der Kamera im Sinn hat und Sehen mit Auf-den-ersten-Blick-Erkennen gleichsetzt, der irrt.

Die Bilder der Künstlerin mit Wiener Wurzeln sind weitaus mehr als eine Abbildung der Realität. Das wird spätestens klar, wenn man vor ihnen steht, sie in Augenschein nimmt. Denn an dieser Stelle kommt sie wieder ins Spiel – die Sache mit dem Blickwinkel. Was schon der Titel verrät, bewahrheitet sich nun auch auf visueller Ebene: Vieles erschließt sich erst "auf den zweiten Blick." Wie sie ihre Motive findet oder besser gesagt, wie die Motive zu ihr finden – das verriet Elisabeth Arzberger im Gespräch mit den Besuchern.

Oft spiele dabei der Zufall eine Rolle – so etwa bei der Einladungskarte, die ihr ins Haus flatterte und die sie zunächst beiseite legte. Irgendwann gelangte diese wieder in den Blickpunkt ihrer Aufmerksamkeit und infolgedessen in den Fokus der Linse; wurde so ins Bild gesetzt, wie sie sich zu diesem Zeitpunkt präsentierte: vom Auffalten der Seiten schon leicht gewellt.

Die Arbeiten von Elisabeth Arzberger brauchen ihn nicht – den Pomp, den Maximalismus. Vielmehr ist es der Minimalismus; die schlichte Eleganz, aus der sie ihren Reiz schöpfen und die sich dem Auge aus diesem ganz besonderen Blickwinkel präsentiert. Ihre Fotografien sprechen für sich. Es bedarf keiner Worte, sondern stattdessen eines genauen Hinschauens, um zu ihrem Kern vorzudringen.

Für Arzberger, die es als Rundfunkjournalistin gewohnt war, genau hinzuhören, sind diese nicht zuletzt deshalb eine "wortlose Zone" – der Kontrast zu ihrer früheren beruflichen Tätigkeit. Manchmal, so sagt sie, füge sich alles wie eine Art Puzzle zusammen. Und manchmal, so erkennt man als Ausstellungsbesucher, braucht es einfach diesen besonderen Blick für Dinge; für Details, die das Auge zunächst oft gar nicht wahrnimmt. Von diesem zeugten im Weißen Häusle, in dem die Künstlerin im Sommer viel Zeit verbracht hat, auch bewegte Bilder. Im Gebäude im Fürstengarten ist sie auf Entdeckungsreise gegangen, hat "Raumforschung" betrieben, wie sie es mit einem Augenzwinkern nennt.

Auf Entdeckungsreise gehen konnten dort auch Kunstinteressierte. Unter dem Motto "Sieben Künstler – sieben Begegnungen" waren sie eingeladen, Kunst einmal ganz persönlich zu erleben. Das Konzept der Sommer-Reihe, bei der bewusst auf Reduktion gesetzt wurde, eröffnete den Raum und die Zeit, um sich mit jedem einzelnen Exponat intensiv zu befassen und mit der Künstlerin oder dem Künstler ganz entspannt ins Gespräch zu kommen.

Diese Idee von Arzberger geht übrigens auf ein eindrückliches Erlebnis in einem ehemaligen Privatmuseum in Wien zurück, wo auf 600 Quadratmetern einmal lediglich zwei Bilder ausgestellt waren. Und dieses Konzept begeisterte auch die Gäste des Weißen Häusle. Die Sommer-Reihe sei sehr gut angekommen, im Durchschnitt seien pro Wochenende etwa 40 bis 50 Besucher vor Ort gewesen, weiß Arzberger.