Die Beanspruchung durch die Schule habe zugenommen. Foto: dapd

Heute Wahl. Sieben Kandidaten für 14 Plätze. Neue Aufgaben. Generelles politisches Desinteresse.

Hechingen - Heute wird der neue Hechinger Jugendgemeinderat gewählt. Sieben Kandidaten haben sich beworben – bei 14 Mandaten. Woher rührt die Politikverdrossenheit der Jugend?

Stadtjugendpfleger Rainer Püttbach sieht für die geringe Bewerberzahl verschiedene Gründe. Zum einen sei ein generelles politisches Desinteresse zu erkennen. »Die politische Beteiligungskultur ist sehr gering«, stellt Püttbach fest. Dabei gäbe es gute Ansätze, politisches Engagement bereits früh zu fördern, beispielsweise im Kindergarten. Dort würden die Kleinen an Entscheidungen beteiligt, Kinderkonferenzen angesetzt und auch die Eltern mit einbezogen. »Einen Knick gibt es dann in der Schule«, sagt Püttbach. Hier seien die Beteiligungsformen beschränkt, eine stärkere Zurückhaltung sowohl auf Seiten der Eltern als auch der Schüler bemerkbar. »Schule soll politisch neutral sein, das fördert aber keine Beteiligungsformen.« Ein weiterer Aspekt sei die fehlende Praxisnähe des Politikunterrichts.

Zum anderen sei die Zeit von Jugendlichen heutzutage sehr beschränkt. Die Beanspruchung durch die Schule habe zugenommen. Da hätten Jugendliche nach dem Unterricht oft keine Lust mehr, sich zu engagieren. »Das macht sich in der Jugend- und politischen Arbeit bemerkbar. Auch die Vereine leiden darunter«, sagt Püttbach.

Der Stadtjugendpfleger sieht auch ein Problem innerhalb des Jugendgemeinderats: Dort werde keine Jugendpolitik gemacht, sondern es würden nur Feten geplant. Es fehle an pädagogischer Anleitung, um längere Diskussionen zu führen.

Die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit durch die neuen Medien sei ein zusätzlicher Aspekt. »Die Jugendlichen lernen nicht mehr, ein Ziel über längere Zeit zu verfolgen. Ideen müssen heute schnell umgesetzt werden. »Die Technik fördert Vereinzelung«, meint Püttbach. Wenn jemand eine Idee umsetzen wolle, würde er sich mit Leuten zusammentun, die das gleiche Ziel verfolgen. An diesem Projekt kann er so lange und so viel arbeiten wie er will – und muss sich nicht erst die demokratische Legitimation durch eine Wahl holen.

Als mögliche Aufgabe für den künftigen Jugendgemeinderat sieht Püttbach die Suche nach neuen Formen, wie Jugendliche beteiligt werden können. »In Hechingen gibt es genug politisch interessante Themen, die die Jugend direkt betreffen.« Als Beispiel nennt er das Schwimmbad oder die Kinder-, Jugend- und Ferienbetreuung. Das werde in der Kommunalpolitik entschieden; ohne die Beteiligten zu fragen. »Interesse kann nur geweckt werden, wenn man die Jugend direkt anspricht.«

Die Wahl für den Jugendgemeinderat findet heute von 10 bis 16 Uhr statt. Wahllokale gibt es am Gymnasium und der Realschule.