Die Große Kreisstadt Herrenberg (auf dem Foto ist die Stiftskirche zu sehen) ist seit zwei Jahren Modellkommune, Hechingen will es auch werden.Foto: Pixabay/Joachim Klug Foto: Schwarzwälder Bote

Verkehr: Fahrradstreifen statt Parkplätze entlang der Hauptverkehrsachsen / Günstige Tagestickets für Stadtbus

Hechingen/Herrenberg (jr). Die Große Kreisstadt Herrenberg (Kreis Böblingen) mit rund 33 000 Einwohner und acht Ortsteilen ist seit 2018 eine von bundesweit fünf Städten, die sich "Modellkommune für saubere Luft" nennen darf.

Die Maßnahmen betreffen ausschließlich den Verkehr und da sich Hechingen für eine Modellkommune für klimafreundliche Mobilität bewerben wird, lohnt sich ein Blick über die Kreisgrenze.

In Herrenberg werden derzeit Linksabbiegerspuren in der Horberstraße zurückgebaut, um den Verkehr zu verflüssigen. In der Hindenburgstraße, von wo der Verkehr von Tübingen herkommend zum Verkehrsknotenpunkt Reinhold-Schick-Platz fährt, werden auf beiden Straßenseiten Parkplätze zugunsten eines Fahrradweg aufgelöst.

Mobile Webplattform "stadtnavi" gelauncht

Im Rahmen der Baumaßnahme werden auf beiden Verkehrsachsen die Ampeln mit neuer Technik ausgestattet. Dadurch soll eine Verstetigung der Verkehrsströme erreicht werden. Ebenfalls zu diesem Zweck werden digitale Geschwindigkeitsanzeigen installiert, die mit dem Verkehrsrechner für die Ampeln verknüpft sind und eine dynamische Beschränkung des Tempos zwischen 20 und 50 km/h ermöglichen. Linienbusse sollen künftig durch Änderungen in den Ampelschaltungen bevorrechtigt in den Verkehr einfädeln können.

Zuvor hatten bis Frühjahr 2019 mehr als zwei Jahre Gemeinderat und Verwaltung, Expertengruppen und Bürgerschaft gemeinsam an einem zukunftsfähigen Mobilitätskonzept gearbeitet. In der Erarbeitungsphase hatte ein Aalender Büro die Verkehrslage analysiert und konkrete Maßnahmen zur Lösung vorgeschlagen. In Szenarien und Verkehrsmodellen haben Planer die Wirksamkeit dieser 48 Vorschläge überprüft und sie thematischen Kategorien zugeordnet.

"Gemeinsam Mobilität neu denken" – unter diesem Slogan hat Herrenberg unlängst das stadtnavi, eine mobile Webplattform, im Rahmen der "Modellstadt" entwickelt. Neben dem "intermodalen Routing" hat das stadtnavi weitere Funktionen: So geben Live-Daten Auskunft über freie Park- und Wohnmobilstellplätze, Baustellen sowie Abfahrtszeiten in Echtzeit von Bus und Bahn. Außerdem zeigt das stadtnavi, wo sich Radwege, Fahrrad-Servicestationen und E-Ladestationen in Herrenberg und den Stadtteilen befinden.

Bereits Anfang 2019 wurde ein neues Tarifsystem (anders als Hechingen (nur Naldo) gehört Herrenberg zu den Verkehrsverbünden VVS und Naldo) eingeführt: Das Stadtticket für drei (Einzel) beziehungsweise 6 Euro (Gruppe) gilt den ganzen Tag für beliebig viele Fahrten innerhalb der kompletten Stadt. Das Monatsticket wird mit 20 Euro von der Stadt bezuschusst.

Nicht von Erfolg gekrönt war allerdings im Herbst 2019 die Maßnahme, im Wohngebiet "Alzental" zwischen der Tübinger und Horberstraße mehrere Einbahnstraßen einzurichten, um dadurch Schleichverkehr von Autos, die von Horb nach Tübingen und andersrum wollen, zu verhindern. Eine halbjährige Testphase war geplant, bereits nach sieben Wochen wurden zur bisherigen Verkehrsführung zurückgekehrt. "Die Testphase ist nicht länger sinnvoll. Die Realität zeigt, dass wir uns zuerst um den Verkehrsfluss auf den Hauptachsen kümmern müssen, bevor wir in den Seitenstraßen über Veränderung nachdenken können", meint damals Oberbürgermeister Thomas Sprißler.

4,5 Millionen Euro Fördermittel vom Bund

Herrenberg erhält vom Bund Fördermittel von 4,5 Millionen Euro, die Ende des Jahres auslaufen. Im Rahmen des Programms werden verschiedene Maßnahmen für eine Verbesserung der Luftqualität in fünf Städten mit unterschiedlicher Größe und Problemlagen getestet. An dem Pilotversuch nehmen außerdem Reutlingen, Mannheim, Essen und Bonn teil.

Weitere Informationen: Mehr Infos zum Herrenberger Modellstadt-Projekt gibt es unter www.herren berg.de/stadtluft