Als die Kunstwelt noch in Ordnung war: Käthe Rominger-Schneider beim Aufhängen der Arbeiten für die Jahresausstellung des Kunstvereins im Hechinger Rathaus. Fotos: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Käthe Rominger-Schneiders Thema ist Schrift

Alles war ordentlich sortiert und hatte seinen Sinn, und jetzt ist alles zerschreddert. Nein, hier geht es nicht um Corona, hier geht es um ein Kunstwerk, das Käthe Rominger-Schneider im vergangenen Jahr angefertigt hat.

Hechingen. Die ehemalige Lehrerin wohnt in Albstadt, aber im ganzen Landkreis und vor allem auch im Hechinger Kunstverein ist sie sehr bekannt. Ihre Arbeiten folgen seit drei Jahren stringent der Frage, was sich aus Schrift machen lässt. Gemalt, gezeichnet, in Collagen. Schrift, das sei eine "alte Leidenschaft von mir", erklärt sie. Allerdings diesmal nicht handschriftlich, gestisch, sondern in Form einer auf Papier gedruckten Schrift. "Das Örtliche" ist der Titel des Werks, das sie im Rahmen unserer Serie vorstellen will. Es war im vergangenen Jahr in der Jahresausstellung des Kunstvereins im Hechinger Rathaus zu sehen.

"Herkunft" war damals das Ausstellungsmotto, und als Käthe Rominger-Schneider sich an dieses Werk machte, "bezogen meine Gedanken neben dem rein Bildhaftgestalterischen natürlich auch die Klimadiskussion mit ein", berichtet sie. Wenige Monate später werde nun alles von der Corona-Epidemie überlagert, und plötzlich "gewinnt das jetzt eine ganz andere Bedeutung."

Ein Sinnbild für die aktuelle Lage

Die Arbeit ist aufgebaut aus geschredderten und von Hand geschnittenen Streifen des örtlichen Telefonbuchs und der "Gelben Seiten". Sieht vielleicht oberflächlich gesehen einfach aus, aber alles wurde sortiert, geschnitten, gekrumpft und in vielen Schichten aufgebaut. Das Ergebnis ist eine vielfältige, offene Struktur, in der Licht und Schatten spielen und der fein abgestuften Palette von Gelb immer wieder neue Töne einhaucht.

Ein heutiger Betrachter könnte darin ein Sinnbild der aktuellen Lage sehen. Denn auch Corona hat eine scheinbar stabile Ordnung geschreddert, Schulunterricht fällt aus, Wirtschaftszweige, die vor Kraft strotzten, fielen in Wochen in sich zusammen, übrig bleibt ein verwirrendes Durcheinander. Und wer genau hinschaut, entdeckt, dass dieses Durcheinander aus zahllosen Einzelnamen, Einzelschicksalen besteht, aus Biografien, die nun teilweise völlig aus ihrem Kontext gerissen wurden.

Ein wenig fühlt sich auch die Künstlerin so, erzählt sie. Zu neuen Arbeiten habe sie sich jedenfalls in der Corona-Zeit nicht aufraffen können. Wenn so vieles in Bewegung geraten ist, können so ruhige Arbeiten nicht entstehen. Für sie ist ihre Liebe zur Kunst eine Mischung aus dem Spaß, Ausstellungen zu besuchen, im Kunstbereich mitzuorganisieren und eben auch selber Dinge zu gestalten. Dieses Netz ist zerfasert, so ihr Gefühl. Untätig aber ist sie trotzdem nicht. "Ich fahre jetzt eben viel mit dem Rad und mache viel im Garten", erzählt sie.