Knusper, knusper, knäuschen, Iah und Kikeriki: Auf dem Märchenpfad kann man bei den Erzählspaziergängen mit Sigrid Maute (links) in die wunderbare Welt der Märchen eintauchen. Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Sigrid Maute entführt in die Welt der Märchen / Eine Familie reist aus Tüßling in Oberbayern an

Es waren einmal viele kleine Märchenhelden, die gebannt der Stimme von Sigrid Maute lauschten. Auf dem Märchenpfad in Hechingen entführt die professionelle Erzählerin derzeit in die wunderbare Welt von Rotkäppchen und Co.

Hechingen. Sie sind der Stoff aus dem die Träume sind, haben Generationen von Kindern in ihren Bann gezogen und sind auch heute, in einer modernen, digitalen Welt, noch nicht aus der Mode: die Märchen der Gebrüder Grimm. Wie war das noch mit der Müllerstochter und dem kleinen Männchen und was bringt Hänsel und Gretel eigentlich in ihre ausweglos erscheinende Lage?

Während viele zur Beantwortung dieser Frage zum Märchenbuch greifen müssen, hat Sigrid Maute die Geschichten allesamt im Kopf. Wenn sie erzählt, ist der Alltag ganz weit weg und man ist sogleich mittendrin in wunderbaren Geschichten, die bisweilen ein schaurig-schönes Gänsehautgefühl hervorrufen.

Viele Teilnehmer sind zum ersten Mal dabei

Mutigen Helden entlockt die Frage, wer Angst vor dem großen bösen Wolf hat, jedoch nur ein entspanntes Kopfschütteln. Gespannt sind sie aber allemal – die Kinder, die gemeinsam mit ihren Familien an diesem heißen Sommernachmittag zum Hechinger Märchenpfad gekommen sind. Was sie hinter dem Eingangsspalier erwartet, wissen die meisten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, denn viele von ihnen sind zum ersten Mal hier.

Für die Führung, die die Stadt in Zusammenarbeit mit Sigrid Maute veranstaltet, haben ihre Eltern oder Großeltern oftmals eine längere Fahrt in Kauf genommen. Auf dem Parkplatz stehen Autos mit Reutlinger und Tübinger Kennzeichen. Eine Familie ist sogar aus Tüßling in Oberbayern angereist. Ein Urlaubsauftakt auf die märchenhafte Art.

Bevor sich die Gruppe in Trab setzt, bittet Sigrid Maute darum, immer schön den durch die Corona-Regeln vorgegebenen Abstand einzuhalten. Sicherheit wird auch in der Welt von Rumpelstilzchen und Rapunzel großgeschrieben. Und in diese tauchen die Kinder dann sogleich ein. "Nehmt Euren Mut zusammen, geht nicht zurück und tretet ein ins Märchenland", weist die Erzählerin mit einer einladenden Geste auf das Eingangsportal; nicht, ohne vorher noch in die Runde zu fragen, ob auch alle gut gewappnet sind für die vor ihnen liegende märchenhafte Heldenreise. Ein vielstimmiges "Ja" lässt keinen Zweifel daran.

Dann also auf zur ersten Station. Dass diese dem Wolf und den sieben Geißlein gewidmet ist, erkennen die Kinder sofort. Doch wie bewandert sind sie, wenn es um Details geht? Bei den Rätselfragen, die Sigrid Maute an jeder Station stellt, ist Fachwissen gefragt. "Wo versteckt sich denn eigentlich das siebte Geißlein", wendet sie sich an die kleinen Teilnehmer. Sofort schnellen zahlreiche Hände in die Höhe. Am Schnellsten ist Annika, die sich mit der Antwort "im Uhrenkasten" zur ersten Märchenheldin des Tages krönt. Unter dem Applaus der Anwesenden darf sie einmal in das Stoffsäckchen greifen, in dem auf jeden Helden ein Edelstein wartet. Eine schöne Erinnerung an diesen Nachmittag – und eine eindrucksvolle Bestätigung: Hier sind wahre Märchenexperten am Start.

Doch bei allem Wissen: Die Geschichten aus dem Munde einer professionellen Erzählerin zu hören, ist ein Erlebnis der besonderen Art. Gebannt lauschen Groß und Klein dem Märchen vom Rumpelstilzchen. "Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter", die – wie es Lilly richtig erkannt hat – Stroh zu Gold spinnen sollte. Bei den ganz bekannten Passagen können die Kinder sogar mitsprechen. "Heute back ich, morgen brau ich", schallt es fröhlich im Chor.

Ebenso wie bei den Bremer Stadtmusikanten ein munteres "Kikeri, Miau, Wau und Iah" ertönt. Märchen – das wird an diesem Nachmittag deutlich, sind nicht nur bewahrenswertes Kulturgut, sondern, wie Sigrid Maute erklärt, auch immer lehrreich. Rumpelstilzchen etwa zeige, "dass man das, vor dem man Angst hat, nur beim Namen nennen muss, damit es seinen Schrecken verliert" Eine schöne, ermutigende Botschaft.