Urs Unkauf will seine Hechinger Erfahrungen landesweit für Aktionen nutzen. Foto: Midinet Foto: Schwarzwälder-Bote

Für mehr Mitsprache: Der 20-jährige Hechinger Urs Unkauf gründete das landesweite Forum Jugendpolitik mit

Hechingen. Der Hechinger Jugendgemeinderat liegt derzeit auf Eis. Im vergangenen Jahr startete das Gremium mit sieben Bewerbern auf 14 Mandate seine Arbeit, bevor im Sommer das Engagement gänzlich versiegte. "Traurig und erschreckend", findet das der Hechinger Urs Unkauf (20). Und einen Ansporn. Der langjährige Jugendgemeinderat sowie Mitinitiator der landesweiten Kampagne für verbindliche Kinder- und Jugendbeteiligung gründete Anfang dieses Jahres gemeinsam mit Heinrich Freer das Forum Jugendpolitik. Das Ziel: Kindern und Jugendlichen helfen, etwas zu bewegen.

Urs, du hast jahrelang dem Hechinger Jugendgemeinderat angehört – wie siehst du die "Zwangspause" des Gremiums?

Als ich das erste Mal in den Jugendgemeinderat gewählt wurde, waren wir noch 28 Kandidaten – dass sich jetzt nicht mehr genug gefunden haben, ist schade. Aber es wundert mich nicht, es ging ja kontinuierlich bergab mit den Kandidatenzahlen. Das hätte die Stadt frühzeitig erkennen und Konsequenzen ziehen müssen. Es war abzusehen, dass diese Form von Jugendbeteiligung hier nicht funktioniert.

Warum ging es mit dem Jugendgemeinderat in Hechingen schief?

Dafür gibt es sicher mehrere Gründe. Aber in meinen Augen fehlt vor allem der politische Wille. Die Stadt ist bei dem Thema Jugendbeteiligung sehr zurückhaltend, möchte nichts riskieren. Damit solch ein Gremium aber funktioniert, braucht es eine Kultur des Zuhörens und des Zulassens – und die fehlt in Hechingen.

Welche Alternativen könnte es geben?

Viele Jugendliche mögen diese verkrusteten Formalien nicht – Wählen, sich selbst präsentieren, Anträge stellen und so weiter. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Projektgruppen super angenommen werden. Da können Jugendliche inhaltlich an konkreten Themen arbeiten, die sie betreffen. Im Fall Hechingen könnte die Stadt zum Funpark eine solche Projektgruppe einrichten. Oder zum Konzept zur Schwimmbadsanierung. Da müssen die Jugendliche gehört werden.

Wie viel Hechinger Erfahrungen stecken in deiner Motivation, das Forum Jugendpolitik zu gründen?

Sehr viele. In vielen Kommunen gibt es zwar Jugendgemeinderäte, aber die verkommen oft zu Alibi-Gremien, mit denen sich die Städte nur brüsten. Nette Worte des Bürgermeisters reichen aber nicht. Wir wollten Nägel mit Köpfen machen und beim Thema Jugendbeteiligung neue Türen aufstoßen. Also haben Heinrich Freer und ich schließlich das Forum Jugendpolitik im Januar als einen uneingetragenen Verein gegründet. Wir möchten neue Formen der Beteiligung in die Kommunen bringen.

Wie sieht eure Arbeit denn konkret aus?

Wir sehen uns als Dienstleister. Wir wollen Jugendlichen organisatorisch zur Seite stehen. Wenn zum Beispiel einem Einzelnen oder einer Gruppe etwas unter den Nägeln brennt, dann können sie sich bei uns melden. Wir geben Tipps, wie man das Thema einbringen und abwickeln kann. Oder auch anders rum. Gerade haben wir eine Anfrage von einem Kindergarten in Mannheim bekommen. Eine Kindergärtnerin will dort Anregungen, wie sie Kinder in Entscheidungen _– zum Beispiel welches Spielzeug gekauft werden soll – einbeziehen kann. Auch das machen wir.

Wie habt ihr euch das Wissen erarbeitet?

Wir sind alle jahrelang als Jugendgemeinderäte aktiv. Sind im Lernforum oder in der Schülerhilfe engagiert. Außerdem forschen Heinrich und ich zum Thema Jugendbeteiligung in Baden-Württemberg und haben die Petition zur Gemeindeordnung zur Beteiligung von Kindern- und Jugendlichen mitbegleitet, die im kommenden Jahr tatsächlich geändert wird.

Und wo soll es mit dem Verein hingehen?

Wir wollen das auf jeden Fall groß werden lassen. Aber erst mal bieten wir uns landesweit an. Zur Zeit machen wir das ja alles ehrenamtlich. Irgendwann, wenn wir mit dem Studium fertig sind, gründen wir vielleicht eine Unternehmergesellschaft. Unser Ziel ist es jedenfalls, dass Jugendbeteiligung eines Tages selbstverständlich ist. Die Jugend ist nämlich durchaus gewillt, mitzugestalten.

u  Die Fragen stellte Melanie Pieske.

u Das Landeskabinett hat am 10. Februar im Zuge einer Novellierung der Gemeindeordnung einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen stärken soll. "Die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen werden gesetzlich verankert und wir ermöglichen, dass Jugendliche künftig die Einrichtung einer Jugendvertretung beantragen können", so Innenminister Reinhold Gall in einer Presseerklärung. Zudem werden die Rechte der Jugendvertretungen erweitert, indem sie Rede-, Anhörungs- und Antragsrechte im Gemeinderat und ein eigenes Budget erhalten.

u Wer die Angebote des Jugendforums nutzen möchte, kann sich bei urs.unkauf@googlemail.com oder heinrich.freer@live.de melden.