Die Unbekannten verursachten an den Geldautomaten einen Sachschaden in Höhe von mehreren hundert Euro. Foto: Archiv

Skimming-Attacken: Zwei Bulgaren haben in ganz Süddeutschland Geldautomaten manipuliert und Kundendaten ausgespäht.

Hechingen/Balingen - Freizügigkeit innerhalb der EU bedeutet auch, dass Bürger aus den neuen Beitrittsländern in Deutschland arbeiten dürfen. Aber das Gewerbe, dem Nikolay T. und Tihomir D. monatelang nachgingen, ist sicher nicht gemeint: Die Bulgaren aus dem Urlaubsort Varna, 41 und 45 Jahre alt, manipulierten zahlreiche Bankautomaten in ganz Süddeutschland, spähten Hunderte Kundendaten aus und übermittelten sie an "Hintermänner" in den USA. Dort wurden die EC-Karten geklont, es wurde damit in den USA, in Mexiko, in Vietnam und Indonesien Geld abgehoben – und das nicht zu knapp.

Der so entstandene Schaden wird auf mindestens 145.000 Euro geschätzt. Am Geldautomaten der Sparkasse Zollernalb Auf Gehrn schnappte die Falle zu: Die beiden Männer wurden festgenommen. Seit gestern müssen sie sich vor der Ersten Großen Strafkammer des Hechinger Landgerichts verantworten. Die Strafe, die ihnen der Vorsitzende Richter Herbert Anderer in Aussicht stellte, liegt irgendwo zwischen zwei und 15 Jahren Knast.

Die Männer, die seit Monaten in Untersuchungshaft sitzen, zeigten sich voll geständig: Beide sind verheiratet, haben Familien in Bulgarien und einen "anständigen" Beruf. Der Jüngere ist Kraftfahrer, hat als Busfahrer im Tourismus gearbeitet, der Ältere ist Bauarbeiter, war zehn Jahre in Kanada tätig und hat deswegen neben der bulgarischen auch die kanadische Staatsangehörigkeit.

Bereitwillig machen sie Angaben zu den Taten, nachdem ihnen der Vorsitzende Richter in Aussicht gestellt hat, mit dem Strafmaß an der "unteren Grenze" zu bleiben, sollten sie ein volles Geständnis ablegen.

Er habe die Aufsatzgeräte und die Minikameras, die er zusammen mit seinem Kumpan an Geldautomaten anbrachte, von einem Mann namens Dragomir bekommen, einen Bulgaren, der in den USA lebe und dessen Nachnamen er nicht kenne. Er habe jenen Dragomir in Bulgarien kennengelernt, und an ihn habe er auch die Daten per Skype übermittelt. Es sei abgemacht gewesen, dass er die Hälfte des Gewinns bekomme.

Auf einem Foto aus einer Überwachungskamera identifizierte der Angeklagte den mysteriösen Fremden. Für die Installation der Skimming-Geräte sei er allein zuständig gewesen. Sein Kumpan kenne sich damit gar nicht aus. Es habe nach der ersten Datenlieferung eine Einmalzahlung von 9000 US-Dollar gegeben, danach habe er keinen Cent mehr gesehen. Er sei erstaunt gewesen, als er erfahren habe, um wie viel Geld es sich tatsächlich handelte: "Es ist mir von Anfang an seltsam vorgekommen, ich hatte das Gefühl, dass Dragomir mich betrügt", erklärt er mit Hilfe der Dolmetscherin.

Er war nicht der Einzige, der sich geprellt sah: Der 41-jährige Nikolay T. hatte aber bis zuletzt kein Geld gesehen, begann dem Anderen zu misstrauen. Denn Tihomir D. habe mit ihm vereinbart, den Gewinn "halbe-halbe" zu teilen. "Unser Verhältnis war nicht besonders gut", sagt er. "Ich hatte den Eindruck, dass er mich betrügt."

Der Kripo-Beamte, der die Untersuchungen geleitet, das Navigationsgerät der Beiden ausgelesen und ihre Route rekonstruiert hat, spricht von gewerbsmäßigem Vorgehen, von einer richtigen "Bande". Will man den Ausführungen der Angeklagten folgen, scheinen ihre Taten eher harmlos. Zum ersten Mal straffällig? Eher nicht: Dass der 45-Jährige Tihomir D. in Übersee nicht immer legale Geschäfte gemacht hat, zeigt die Tatsache, dass er auch in Kanada per Haftbefehl gesucht wird.

Insgesamt sollten 29 Zeugen und vier Sachverständige angehört werden, sechs Verhandlungstage waren angesetzt. Nachdem die Angeklagten aber alle Taten eingeräumt hatten, wurden etliche Termine gestrichen. Der Vorsitzende Richter will das Urteil bereits am Montag, 12. Mai, verkünden. Die Verhandlung am Hechinger Landgericht beginnt um 8.30 Uhr.