Wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung hat sich ein Mann aus dem Oberen Schlichemtal vor dem Hechinger Amtsgericht verantworten müssen. Foto: Archiv

Amtsgericht glaubt Ex-Ehefrau und verhängt Bewährungsstrafe sowie Sozialstunden.

Hechingen - Das Amtsgericht Hechingen hat einen 45-jährigen Familienvater aus dem Oberen Schlichemtal wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung sowie dem Ableisten von 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Entscheidend für die Urteilsfindung sei die glaubhafte, detaillierte und plausible Aussage des Opfers gewesen, so der Vorsitzende Richter Wührl. Gerade in einer "Aussage gegen Aussage-Konstellation" – der Angeklagte streitet die Tat ab – sei es wichtig zu prüfen, ob die Angaben widersprüchlich seien oder vom polizeilichen Vernehmungsprotokoll abwichen.

Das Opfer, die 38-jährige, inzwischen geschiedene Frau des Angeklagten, zeichnete das Bild eines cholerischen, aufbrausenden Mannes. Immer wieder sei es in der Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, zu Wutausbrüchen des Ehemanns gekommen, bei denen auch Mobiliar oder Autofenster beschädigt worden seien. "Wenn er wütend war, habe ich den Mund gehalten und die Kinder in ein anderes Zimmer gebracht", erzählte sie vor Gericht. Schon früher habe ihr Mann sie ein Mal geschlagen, als sie ihn aufgefordert hatte, sich wegen seiner Zornesausbrüche therapeutische Hilfe zu suchen.

Die Frau schilderte, dass ihr damaliger Ehemann eines Abends im Januar 2017 eifersüchtig geworden sei, als er beobachtete, wie sie einen Bekannten, der für einige Monate mit im Haus der Familie wohnte, getröstet habe. Der Bekannte hatte kurz zuvor vom Tod eines Freundes erfahren. Ihr Mann sei davon ausgegangen, dass sie ein Verhältnis hätten. Er habe sie aufgefordert, das Haus zu verlassen. Als sie sich weigerte, habe er sie ins Gesicht geschlagen und gewürgt, woraufhin sie kurzzeitig das Bewusstsein verloren habe. Nach diesem Vorfall habe sie sich das Leben nehmen wollen.

Zwei Tage später sei es zu der Vergewaltigung gekommen. Ihr Ehemann habe sie dazu angehalten, ihren Haushaltspflichten nachzukommen und den ihr zugeteilten Wohnbereich nur zu verlassen, wenn die Familie zuhause sei. Zudem habe er die Zeugung eines dritten Kindes verlangt. Nur dann sei es ihr weiterhin gestattet, die Kinder zu sehen und im Haus wohnen zu dürfen.

"Ehliche Pflichten"

Dann habe er sie aufgefordert, ihren "ehelichen Pflichten" nachzukommen. Unter Androhung von weiteren Schlägen habe er sie, obwohl sie sich gewehrt habe, zum Sex gezwungen. Hinterher habe er gesagt: "Na siehst du, so schwer war es doch nicht."

Der Angeklagte versuchte im Verlauf des Verfahrens, seine Ex-Frau als alkoholsüchtig und psychisch krank darzustellen. Er sagte, seine Frau habe sich während des Streits auf ihn gestürzt und danach zu Boden fallen lassen. Den Tatvorwurf der Vergewaltigung bestritt er: "Es war ein ganz normaler Tag. Mehr war da nicht."

Neben dem Opfer sagten vor Gericht auch der gemeinsame Bekannte und jetzige Lebensgefährte der Frau sowie eine Polizistin aus.

Die Staatsanwältin betonte in ihrem Plädoyer, die Aussagen der Frau und der Zeugen seien glaubwürdig. Sie forderte für die Vergewaltigung sowie für die vorsätzliche Körperverletzung eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten.

Der Verteidiger des Mannes plädierte hingegen auf Freispruch aus Mangel an Beweisen und weil die Aussage des Opfers sowie des Zeugen unglaubwürdig seien. Die Vergewaltigung könne sich, so wie geschildert, nicht zugetragen haben: "Wie kann man zwei Hände mit einer Hand festhalten? Das ist schlicht nicht möglich."

Das Gericht folgte jedoch der Einschätzung der Staatsanwältin sowie der Nebenanklage. Die Aussagen des Opfers seien aufgrund der Detailtreue und Konsistenz umfänglich überzeugend, es sei kein Belastungseifer erkennbar. Es sei nicht der Eindruck entstanden, dass es der Nebenklägerin nur darum gehe, sich an ihrem Mann zu rächen. "Es wurde nichts aufgebauscht", sagte der Richter.