Es geht zwar nicht ganz um jeden Heller und Cent beim Haushalt, aber die Kosten dürfen auch nicht aus dem Ruder laufen. Der Gemeinderat verabschiedet nun den Haushalt 2023, in einem nie dagewesenen Volumen. Foto: dpa/Tobias Hase

Der Gemeinderat Bad Dürrheim hat den Haushalt 2023 mit einer Enthaltung verabschiedet. Die Stadt hat einiges an Aufgaben zu stemmen, hier machen sich gesteigerte Kosten, Investitionen und die Ukraine-Krise deutlich bemerkbar.

Der Neubau Stadtkäfer II, Abbruch und Neubau des Verwaltungstrakts am Rathaus I, Investitionen in Bildung, Straßen, Baugebiete, Vereinsförderungen, Ausgleichszahlungen an die Kur und Bäder GmbH, Kosten für Kriegsflüchtlinge und nicht zuletzt Investitionen in den Umweltschutz und in eine klimaaktives Bad Dürrheim: Die Liste der kommunalen Aufgaben – teilweise Pflichtaufgaben, teilweise freiwillige Leistungen – ist lang, sehr lang.

Ausgaben steigen kontinuierlich

Der kommunale Haushalt 2023 hat einen Umfang von rund 55 Millionen Euro. In den kommenden Jahren wird es nach dem jetzigen Planungen nicht besser, der Finanzbedarf steigt von Jahr zu Jahr. Es gibt einige wenige Stellschrauben an denen man drehen kann – das heißt jedoch nicht eine Erhöhung von Abgaben und Steuern, sondern die Stellschraube Einsparung sollte greifen. »Man muss davon ausgehen, dass die Verschuldung bei dem Programm massiv nach oben geht«, so Kämmerer Thomas Berninger. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt in Bad Dürrheim bei 580 Euro, im Landesdurchschnitt bei 427 Euro.

Konsequentes Sparen nötig

Heinrich Glunz (CDU) bereitet die Ausgabenentwicklung bei den Investitionen in den kommenden Jahren mit 26 Millionen Euro bis einschließlich 2026 Kopfzerbrechen.

Heinrich Glunz Foto: CDU

Er mahnte die eigene Fraktion wie auch die restlichen an, in den kommenden Jahren sparsamer zu werden, vor allem bezüglich der freiwilligen Leistungen. Er sieht jedoch den Haushalt 2023 als Startschuss für »ungeheuer ambitioniertes Investitionsprogramm« an. Als baulichen Schwerpunkt sieht er neben der Erweiterung der Stadtkäfer II den neuen Anbau für das Rathaus I. Er brachte eine vorzeitige Wiedereröffnung des Hallenbads Minara ins Spiel. Bei der Bildung sieht er die Diskussion um den Schulstandort als wichtig an, allerdings sei der Standort Grundschule in der Kernstadt für die CDU-Fraktion nichtverhandelbar.

Kritik an roten Linien

Die Kurstadt sei eine der attraktivsten Gemeinden im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Klaus Götz (FW) Foto: FW

Allerdings sei der Gesundheitsstandort erst durch die Corona- und dann durch die explodierenden Energiekosten hart getroffen worden, und die Stadt stehe vor großen Herausforderungen, zeigt sich Klaus Götz (FW) überzeugt. Er bedauerte, dass das geplante Baugebiet Butschhof nicht zustande kam und betonte, der Antrag zur Streichung des Geldes für das Projekt Perspektive im Herzen von Bad Dürrheim sei ernst gemeint. Ein Fortschritt sei nicht ersichtlich. Er kritisierte, dass manche schon rote Linien in der Schulstandortdiskussion aufzeigen, bevor es zur Klausurtagung kam, und sieht steigende Kosten im Bildungsbereich sowie der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden – hier lobte er die engagierte Bürgerschaft.

Klimaschutz steht ganz oben

Unter die Leitlinie »realistischer Blick mit Zuversicht« stellt Wolfgang Kaiser (LBU) den Haushalt 2023.

Wolfgang Kaiser (LBU) Foto: LBU

Für ihn gibt es mehrere Schwerpunkte, vor allem im Klimaschutz. Will die Stadt bis 2030 CO2-neutral sein, sei noch ein riesiger Berg abzuarbeiten, es gelte, weitere 60 Prozent der Energie aus regenerativen Quellen zu erwirtschaften. Als Ergebnisoffen sieht er die Diskussion um den Schulstandort für den Kernort, es seien noch nicht alle Fakten bekannt. Er sieht die Notwendigkeit für die Grundstücksbevorratung der Kommune und brachte Zwischenfinanzierungen über den Grundstückfond Baden-Württemberg ins Spiel – es seien Wohnungen für finanziell Schwächere und Flüchtlinge notwendig. Nachhaltig müsse die Verwaltung gestärkt werden und er betonte, dass auch die Bürger von der Kur- und Bäder profitieren.

Unruhe bei den Unternehmern

Andrea Kanold (FDP) sieht mit Stirnrunzeln das Vorpreschen der Stadt in Sachen Umweltschutzmaßnahmen, die zwar zweifelsfrei wichtig seien, die Kosten oftmals zu Beginn gefördert, später aber als Kosten im Haushalt stehen würden.

Andrea Kanold (FDP) Foto: FDP

Sie ging mehr auf die Zukunft ein. Unruhe unter den Gewerbetreibenden brachte die Neuregelung zur Fremdenverkehrsabgabe. Die FDP neige dazu, die Abschaffung im Haushalt 2024 zu beantragen – zumindest für die nicht unmittelbar im Tourismus tätigen Betriebe. Mit Sorge sieht sie, wie Umlandgemeinden rasant neue Hotels und Gewerbegebiete auf den Weg bringen. Man wolle letzteres in einer angemessenen Größe entwickeln. Auf dem richtigen Weg sei man mit der Klausurtagung des Gemeinderats in Sachen Schulzentrum, wobei die FDP ein solches an der Realschule ablehne.

Sparpotenziale umsetzen

Can Zileli (SPD) ging auf die gesamtpolitische Lage ein, deren Auswirkungen die Kurstadt finanziell spürt.

Can Zileli Foto: Zileli

Positiv sah er, dass der Bürgermeister in seiner Rede zum Haushalt bei Wünschen eine Gegenfinanzierung forderte und im Bereich Soziales keine wesentlichen Kürzungen vorgenommen würden. Den Familienpass sah er als wirksames Mittel zur finanziellen Förderung von Familien. Es bleibe weiterhin wichtig, Einsparmaßnahmen umzusetzen. Dieser Spardruck dürfe jedoch nicht dazu führen, Investitionen in die Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit der Stadt zu verschieben genauso wenig bezüglich der Umwelt, da diese ein Kapital der Kur- und Bäderstadt sei. Er sieht es als notwendig an, eine große Planungsdebatte in Sachen Schulen durchzuführen und ein sinnvolles Innenstadtkonzept zu erarbeiten.