Haslach bekommt eine B 33-Ortsumfahrung. Foto: Kleinberger

Stadtrat fasst historischen Beschluss. Nadelöhr im Kinzigtal ist seit Jahrzehnten gefürchtet.

Haslach - Seit Jahren stockt der Verkehr auf der B 33 in und um Haslach. Jetzt hat der Stadtrat der Kommune im Ortenaukreis endlich einen historischen Beschluss gefasst: Die Ortsumfahrung kann kommen.

Die Bundesstraße B  33 ist eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen Rheintal und Schwarzwald. Sie hat jedoch eine Schwachstelle: Tagtäglich quälen sich Tausende Autos durch die Ortsdurchfahrt von Haslach (Ortenaukreis). Stets gerät der Verkehr rund um die Stadt ins Stocken. Das "Nadelöhr" im Kinzigtal ist gefürchtet.

Mehr als 40 Jahre Diskussion gingen voraus

Nun können die gebeutelten Verkehrsteilnehmer aufatmen: Der Stadtrat hat am Dienstagabend den Weg für eine Ortsumfahrung frei gemacht. Nach mehr als 40 Jahren der Diskussion steht endlich der Grundsatzbeschluss für eine oberirdische Umfahrung. Schnell wird sich die Lage in der Region freilich nicht entspannen. Wenn im weiteren Verfahren alles glattläuft, gehen die Planer von einer Fertigstellung der Straße in zwölf Jahren aus.

Der Entscheidung liegt ein zähes Ringen um die bestmögliche Umfahrung Haslachs zugrunde. Lange galt die Devise "Tunnel oder gar nichts". Einen entsprechenden Grundsatzbeschluss hatte das Gremium 2012 gefällt. Vorab hatte es Differenzen mit den Straßenplanern hinsichtlich einer oberirdischen Variante gegeben. Die sogenannte "Bündeltrasse", die 2006 geplant wurde, war dreispurig ausgelegt und sah im Osten eine Rückführung der neuen Straße an den Bestand mittels eines wuchtigen Brückenbauwerks vor, das über die Oberleitungen der Schwarzwaldbahn geführt werden sollte. Haslachs Stadtrat war sich sicher: So nicht! Das Gremium sprach sich 2011 klar dagegen aus.

Forderung nach Tunnel unrealistisch

Neun Jahre später beschloss der Stadtrat nun doch, weiter mit der "Bündeltrasse" zu planen. Den Weg dorthin hat sich niemand leicht gemacht.

Nach der Tunnelforderung 2012 geriet die Sache ins Stocken. Nach und nach zeichnete sich ab, dass eine unterirdische Straßenführung deutlich teurer werden würde als die oberirdische Variante. Nach aktuellen Schätzungen würde ein Tunnel rund 80 Millionen Euro kosten.

Weder auf Landes- noch auf Bundesebene fanden sich Unterstützer für die Forderung. Bundes- wie Landtagsabgeordnete führten als Begründung immer wieder die horrenden Kosten an. Trotzdem wurde die Umfahrung 2016 in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen. Allerdings mit einer Summe von 45,1 Millionen Euro – ein Signal, dass der Bund nur eine oberirdische Variante realisieren würde.

Straßenbau und Hochwasserschutz verbunden

Der damalige Bürgermeister Heinz Winkler (Freie Wähler) führte daraufhin erneut Sondierungsgespräche. Das Ergebnis stellte er kurz vor Ende seiner mehr als 30 Jahre dauernden Amtszeit vor: Eine aus Sicht der Stadt Haslach verbesserte "Bündeltrasse", die unter anderem kleinere Brückenbauwerke und eine zweispurige Verkehrsführung vorsieht.

Es hing an Winklers Nachfolger Philipp Saar (CDU), die dicken Bretter weiter zu bohren. Und tatsächlich erreichte die Stadt bis zuletzt Verbesserungen der Pläne. Die Brücke in Haslachs Osten bleibt dem Kinzigtal erspart, weil die Planer dort eine Unterführung vorsehen. Zudem wird im Zuge des Straßenbaus auch der Schutz vor einem hundertjährigen Hochwasser hergestellt. Dass Straßenbau und Hochwasserschutz derart miteinander verbunden werden, ist ein Novum. Das machte das Regierungspräsidium Freiburg bei der Vorstellung der Pläne im Februar deutlich.

Wirkliche Debatte wegen Corona nicht möglich?

Der Beschluss fällt mitten in die Corona-Pandemie. Tatsächlich wäre er bereits im März erfolgt, hätte die Situation nicht dafür gesorgt, dass die Sitzung kurz vorher abgesagt werden musste. "Wir dürfen diese wichtige Entscheidung nicht länger aufschieben, da kein Ende der derzeitigen Situation absehbar ist", erklärte Saar dann im Vorfeld der Stadtratssitzung. Ein Vorgehen, das ihm aus der Grünen-Fraktion – die sich als einzige gegen die Umfahrung in ihrer jetzigen Form ausspricht – Kritik einbrachte. Sie bemängelte, dass aufgrund der weitreichenden Beschränkungen eine wirkliche Debatte in der Ratssitzung nicht möglich sei. Einen Antrag, die Entscheidung zu vertagen und eine Einwohnerversammlung einzuberufen, schmetterte der Stadtrat am Dienstag ohne Diskussion ab.

Der Beschluss pro Ortsumfahrung fiel mit einer deutlichen Mehrheit: Lediglich die drei anwesenden Fraktionsmitglieder der Grünen stimmten dagegen. 14 Stadträte und der Bürgermeister sprachen sich für die Trasse aus. Ein historischer Schritt in einem lange andauernden Kampf.

Finanzierung ist trotz Pandemie gesichert

Den begrüßten am Mittwoch zahlreiche Akteure aus Politik und Wirtschaft. Für die Region freute es Steffen Auer, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, dass das hintere Kinzigtal infrastrukturell deutlich besser angebunden werde. Die Stau-Situation ist so schlecht, dass sie für die Unternehmen vor Ort wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt.

Die Finanzierung des Mammutprojekts ist trotz der Corona-Pandemie und ihrer komplexen Auswirkungen gesichert – zumindest gilt das im Moment: Das erklärte Bürgermeister Saar in einem Exklusivgespräch mit unserer Zeitung. Steffen Bilger (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, habe ihm bei einem Gespräch im Mai die entsprechende Zusage gemacht.