Ein Bürojob wäre nichts für mich", sagt Deutschlands beste Dachdeckerin Jana Siedle aus Furtwangen. Foto: Handwerkskammer Konstanz

Jana Siedle aus Furtwangen ist 22 Jahre alt und hat kürzlich ihre Ausbildung zur Dachdeckerin mit Bravour und als Kammer-, Landes- und Bundessiegerin abgeschlossen.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Die Liebe zu "ihrem" Handwerk lernte sie bereits früh kennen: Im Alter von 13 Jahren beim "Girls Day" im Dachdeckerbetrieb "Braun und Heine Bedachungen" in Furtwangen. Das Handwerk habe sie damals gleich begeistert. Auch ihr Bogy-Praktikum in der zehnten Klasse absolvierte sie dort.

"Aus dem Praktikum wurde schließlich ein Ferienjob, und aus dem Ferienjob mein Beruf", erzählt die 22-Jährige. Den Berufswettbewerbs PLW ("Profis leisten was") hat sie nicht nur auf Kammer- und Landesebene gewonnen, sondern auch auf Bundesebene. Damit ist sie die beste Nachwuchs-Dachdeckerin Deutschlands – und das als Frau in einem klassischen Männerberuf. "Mit den Männern kommt man schon klar", sagt sie lachend. "Ein Bürojob wäre für mich gar nichts gewesen", winkt sie ab.

Technik hilft bei der Arbeit

Stattdessen geht es mit ihrem Chef Bernhard Braun hoch hinauf auf die Dächer – zumindest so lange, wie es die Witterung im Schwarzwald noch zulässt. "Steildächer machen wir im Winter nicht. Die müssen wir alle vorher fertigbekommen", sagt sie geschäftig und erklärt auch gleich, was es alles für Bedachungsmöglichkeiten gibt und welches ihre "liebsten" Dächer sind.

Die Leidenschaft für ihr Handwerk ist bei Jana Siedle direkt zu spüren, sie brennt förmlich für ihren Beruf und freut sich auf jede neue Herausforderung und Aufgabe. "Der Dachdeckerberuf ist körperlich nicht mehr so schwer wie noch vor Jahren. Es wird viel mit Krantechnik und Gerüst gearbeitet, schon allein wegen der Arbeitssicherheit. Außerdem kommen bei uns auch CNC-Maschinen zum Einsatz", sagt ihr Chef Bernhard Braun, der sich freut, dass sich Jana Siedle so engagiert und mit Freude dabei ist.

Wenige Frauen im Beruf

"Als Dachdecker ist man viel an der frischen Luft, hat immer wieder neue und andere Baustellen und kann gemeinsam mit den Kollegen im Team wirklich tolle Aufgaben bewerkstelligen", sagt Jana Siedle über ihren Beruf. Frauen im Handwerk sind für sie eine Selbstverständlichkeit. In der Schule allerdings sieht das noch etwas anders aus. "In meinem Lehrjahr sind an der Berufsschule bei den Dachdeckern 140 Jungs und sieben Mädels, fünf der Mädels kommen aus einem Dachdeckerbetrieb", sagt sie und betont, dass hier noch gut Luft nach oben sei.

Im Ausland viel gelernt

Auch ein Auslandspraktikum in Irland habe sie während ihrer Ausbildung über das Programm Go.for.europe absolviert. "Es war echt spannend zu sehen, wie in anderen Ländern gearbeitet wird, und welche Unterschiede es gibt. Ich kann das jedem nur empfehlen. Ich durfte hier sehr viele Erfahrungen sammeln und bin froh, dass ich die Chance bekommen habe", sagt sie rückblickend.

Doch ob sie immer als Dachdeckerin arbeiten möchte, da ist sie noch unentschlossen. "Wenn man Familie möchte, dann wird das vielleicht schwierig. Aber es gibt ja so viele Möglichkeiten sich weiterzubilden oder zu studieren, beispielsweise Bauingenieurwesen. Mit einer abgeschlossenen Ausbildung im Handwerk hat man viele Optionen", sagt sie. Doch sie wolle nichts überstürzen und erst mal Berufserfahrung sammeln. "Jemand, der aus der Theorie kommt, der weiß viel zu wenig, wie es im Alltag läuft", ist sie überzeugt. An einen eigenen Betrieb denkt sie derzeit noch nicht. Bereits im zweiten Lehrjahr habe sie ein Angebot für eine Betriebsübernahme bekommen. "Da war ich doch sehr überrascht", sagt sie.

Beruf mit Zukunft

"Der Dachdeckerberuf ist aber auf jeden Fall ein Beruf mit Zukunft, in dem Nachhaltigkeit großgeschrieben wird", sagt sie. Denn gut gedeckte und gut gedämmte Dächer werde man in Zukunft noch viel mehr brauchen, ist sie überzeugt. "Und hier gibt es auch stetig neue Entwicklungen, welches die besten Materialien sind. Es bleibt also immer interessant und spannend und man kann gemeinsam mit den Bauherren auch schöne Projekte entwickeln und gleichzeitig etwas zum Klimaschutz beitragen", schwärmt sie.

Mit Schindeldachmodell dabei

Für den Bundeswettbewerb hatte sie sich gemeinsam mit ihrem Chef Bernhard Braun entschieden, ein Holzschindelmodell zu erstellen. "Das passt für den Schwarzwald einfach sehr gut. Und es gibt nur noch wenige, die mit Holzschindeln arbeiten und sie herstellen können", weiß Bernhard Braun. "So ein Schindeldach ist viel Arbeit. Es ist ein reines Naturprodukt, keine Schindel gleicht der anderen. Man arbeitet quasi mit dem Dach", erklärt Jana Siedle. Offensichtlich hat sie ihre Sache gut gemacht: Beim Bundesentscheid im Bundesbildungszentrum des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Mayen bei Koblenz hat sie den Sieg davon getragen.