Sprachen über die anstehende WM im eigenen Land: Daniel Stephan, Axel Kromer und Martin Strobel (von links) Foto: Kara

Handball: Rege Diskussion der Experten-Runde bei "Handball im Gespräch" in Balingen.

Ein zweites Wintermärchen für Handball-Deutschland? An der Heim-WM, für die im Januar der Startschuss fällt, hängen Hoffnungen und Träume. Wovon ein möglicher Erfolg abhängt, darüber haben am Freitag große Namen der Szene in Balingen diskutiert.

Bei der Bezeichnung "Ikone" muss er schmunzeln. Daniel Stephan hat alles erreicht, was ein Handballer erreichen kann – zumindest beinahe: Er war Welthandballer, mehrfacher deutscher Meister, Europameister, Supercup-Sieger, holte Silber bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen. Was ihm fehlt in seiner Sammlung ist der Weltmeistertitel. "1995 war ich zwar im Kader, habe aber nicht gespielt. 1997 war ich topfit, da haben wir uns nicht qualifiziert – und dann war ich immer verletzt", erzählt er am Freitagabend in den Räumlichkeiten der Firma Uhlsport und lacht.

Stephan war jedoch nicht gekommen, um in Erinnerungen seiner sportlichen Highlights zu schwelgen. Die "Freunde und Förderer des Handballs in Württemberg" hatten zu ihrer Reihe "Handball im Gespräch" geladen. Neben Stephan diskutierten HBW-Kapitän, Nationalspieler und Europameister von 2016, Martin Strobel, der Vorstand Sport des Deutschen Handballbundes Axel Kromer und Bundesliga-Coach Jürgen Schweikardt (TVB Stuttgart), ob Handball-Deutschland bei der Weltmeisterschaft 2019 im eigenen Land und in Dänemark ein neues Wintermärchen bekommt.

Vieles – darüber waren sich alle vier Experten einig – wird vom Erfolg der deutschen Auswahl abhängen. Um Euphorie zu entfachen, braucht es die breite Öffentlichkeit. "Bei der EM in Polen saßen 2016 beim Auftaktmatch vier Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten – im Finale waren es 16 Millionen", sagt Axel Kromer. "Natürlich ist das öffentlich-rechtliche Fernsehen in diesem Zusammenhang Gold wert für uns." Schon 2007, als man sich am bei der Heim-WM samt Titel am Höhepunkt gewähnt hatte, sei es darum gegangen, den Abstand zum Fußball zu verringern, meinte Moderator Nikolai B. Forstbauer. "Die Hallen", erinnert sich Martin Strobel, "waren damals voll. Nach 2007 sind viele Klubs in größere Arenen." Dass bei der jetzigen Heim-WM die Metropolregionen wie Berlin und Hamburg herangezogen werden, sei richtig. "Mit Lemgo haben wir in der Mercedes-Benz Arena in Berlin vor mehr als 10 000 Zuschauern gespielt – das sind ganz andere Dimensionen", betont er.

Jürgen Schweikardt ist dennoch der Ansicht, dass solch eine Erfolgswelle nur von beschränkter Dauer sein kann. "Es geht darum, den Impuls in die Liga mitzunehmen und Kooperationen mit kleinen Vereinen zu schließen, den Erfolg an die Basis zu tragen und damit auch die Kleinen zu begeistern." Der Handball habe schließlich selbst von sportartfremden Medien seine Stärken vorgeführt bekommen. "Handball ist ein ehrlicher Sport, diesen Markenkern haben wir", sagt Schweikardt.

Was weniger geworden sei, sind die Typen, meint Daniel Stephan. "Das ist aber auch auf die veränderte Gesellschaft zurückzuführen, das lässt sich nicht nur im Sport sondern zum Beispiel auch in der Politik beobachten." 2007 habe es das noch gegeben – zum Beispiel mit Michael Kraus. "Er hat nicht immer die besten Spiele gemacht", meint Stephan unter zustimmenden Nicken von TVB-Coach Jürgen Schweikardt, bei dem Kraus mittlerweile spielt. "Aber in den entscheidenden Momenten hatte er super Aktionen, dazu ist er ein richtiger Typ." Deshalb sei ihm auch das Lachen über die Lippen gehuscht, als er eingangs als "Ikone" bezeichnet wurde. "Zu meiner Zeit was das nicht ich. Die ›Ikone‹ war Stefan Kretzschmar." Dass es auch dieses Mal Typen geben wird, davon sind die Experten überzeugt – zumal mit Martin Strobel einer von ihnen sogar auf der Platte stehen kann. "Und zwar einer, der der Mannschaft gut tut", sagt Stephan.