Strahlender Blick auf die Anzeigetafel: Matthias Musche (links, mit Uwe Gensheimer). Foto: Schwarzwälder Bote

Handball: Bundestrainer Prokop belohnt seine WM-Helden für den Halbfinaleinzug dennoch mit freiem Tag.

Viel Schlaf haben die deutschen Handballer nach dem 22:21 gegen Kroatien und dem Einzug ins WM-Halbfinale nicht gefunden. Deshalb stand am Dienstag Erholung auf dem Programm.

Am Tag danach war bei den Helden des Vorabends Regeneration angesagt. Und wer sollte es ihnen verdenken. Der umkämpfte Erfolg gegen die hochgehandelten Kroaten, gleichbedeutend mit dem Halbfinaleinzug, hatte an den Kraftreserven gezehrt. Auch wenn Rückraumschütze Paul Drux am Dienstagvormittag noch zuversichtlich verlauten ließ, dass er und seine Mitspieler noch "Körner im Köcher" hätten und trotz inzwischen bereits sieben Spielen in elf Tagen weiterhin "voll im Saft" stünden, freute sich der Berliner natürlich über den freien Tag.

"Meine Familie ist da"

Bereits in der Nacht nach dem Spiel, in der viele Akteure lange Zeit keinen Schlaf fanden, hatte Bundestrainer Christian Prokop die ursprünglich für 13 Uhr angesetzte Trainingseinheit gestrichen, um seinen Schützlingen einen freien Tag zu gönnen.

Nicht nur Kreisläufer Patrick Wiencek, der gegen Kroatien im Zusammenspiel mit Hendrik Pekeler erneut eine Kieler Mauer errichtet hatte, wusste sofort, wie er den Kopf am besten frei bekommen wollte: "Meine Familie ist da. Da gehen wir nachher noch zusammen in die Stadt", so der gebürtige Duisburger. Wie wichtig so ein freier Tag ist, damit nach drei Wochen Aufeinanderhockens kein Lagerkoller entsteht, verdeutlich Drux mit Berliner Schnauze: "Es ist schon eine Herausforderung, sich nach all der Zeit zusammen nicht auf den Keks zu gehen", sagt der im kölnnahen Gummersbach geborene Drux, der sowohl in der Vorrunde in Berlin, als auch in der Hauptrunde in Köln gewissermaßen ein Heimspiel hatte. Zum Team stieß am Dienstag Tim Suton. Der 22-Jährige, der für den verletzten Regisseur Martin Strobel ins Team rückt, reist aus Lemgo an.

Das Spiel selbst hatten alle Beteiligten auch am Tag danach noch in lebhafter Erinnerung. Immer wieder hatte Uwe Gensheimer nach mauem Beginn die Rolle des Anpeitschers übernommen und das Publikum mitgenommen. Als Spielmacher Strobel verletzt vom Platz getragen wurde, versuchte der an diesem Tag spielerisch schwache Kapitän, seine Mannen mit einem lautstarken "Jetzt erst recht"-Ausbruch aufzumuntern. Gensheimers Pendant auf kroatischer Seite, Domagoj Duvnjak, hatte es dagegen über die rationale Schiene probiert. "Spielt mit Verstand", signalisierte er seinen Mitspielern. Es war auch der kroatische Superstar, den seine Nebenleute in den entscheidenden Momenten suchten. Und der Kieler enttäuschte sie nicht. In den Schlüsselmomenten fand er Lücken im deutschen Abwehrbollwerk, wo eigentlich keine waren.

Als Deutschland Mitte der zweiten Hälfte durch einen Wiede-Hammer erstmals mit drei Toren in Führung ging, kochte die Stimmung in der Halle über. Doch dann kam der Einbruch. Endlos lange zehn Minuten ohne eigenen Torerfolg, in denen Kroatien wieder mit einem Treffer vorbeiziehen konnte. Doch der überragende Fabian Wiede sorgte fünf Minuten vor dem Ende mit dem Ausgleich für ein wenig Erleichterung auf der deutschen Bank, auf der nach dem Treffer von Gensheimer zum erlösenden 22:20 kurz vor dem Ende endgültig die Euphorie regierte.

Chance für Ersatzspieler

"Die Kroaten waren die bisher schwerste Prüfung, die wir gut gemeistert haben", sagte ein sichtlich zufriedener Bundestrainer nach dem Spiel. Die sportlich unwichtig gewordene Abschlusspartie gegen Spanien (Mittwoch, 20.30 Uhr/ARD) werde sein Team dennoch anständig über die Bühne bringen, versprach Prokop: "Wir wollen uns von den 19 000 Zuschauern natürlich gut verabschieden. Aber ob wir bis zum Ende voll durchziehen, wage ich zu bezweifeln", so der Coach, der dem ein oder anderen Spieler aus der zweiten Reihe Einsatzzeiten versprach.