Jona Schoch und Marcel Niemeyer kämpfen mit dem HBW bis auf Weiteres nicht um Bundesliga-Punkte. Foto: Kara

Handball: HBL pausiert mindestens bis 22. April. HVW macht bis 19. April dicht.

Das Coronavirus legt den Spielbetrieb der Handballer lahm. Für den Nachwuchs ist die Saison beendet, für die Aktiven von den Kreis- bis zu den Bundesligen sind sämtliche Partien bis nach Ostern ausgesetzt.

"Wir schaffen es aufgrund der unterschiedlichen Entscheidungen auf kommunaler Ebene beziehungsweise der Gesundheitsbehörden vor Ort nicht mehr, einen flächendeckenden Spielbetrieb aufrecht zu erhalten und durchzuführen", erklärte der HVW-Vorsitzende Hans Artschwager am Donnerstagnachmittag in einer Pressemitteilung die Entscheidung des Handballverbands Württemberg. "Prävention ist keine Hysterie und Ignoranz kein Mut: Unabhängig von der Entscheidung der Kultusminister und der Ministerpräsidentenkonferenz hat sich die Entscheidungsgrundlage gerade auch für den Sport und den Handball in Deutschland gravierend verändert, nachdem die WHO den Pandemifall ausgerufen hat", so Artschwager weiter.

Neun Landesverbände setzen erstes Zeichen, HBL und DHB folgen

Die Entscheidungen, den Jugendspielbetrieb für die Saison 2019/20 zu beenden, den Spielbetrieb der aktiven Mannschaften auszusetzen und nicht notwendige Sichtungsveranstaltungen, Sitzungen, Tagungen oder Fortbildungen bis auf weiteres auszusetzen, trafen neben dem HVW auch die Landesverbände Baden, Bayern, Hessen, Pfalz, Saar, Rheinland, Rheinhessen und Südbaden.

Die Handball-Bundesliga der Männer (HBL) hatte den Zweitliga-Spieltag am Wochenende zuvor ebenso abgesagt, wie die Handball-Bundesliga der Frauen (HBF) die Spieltage der ersten und der zweiten Liga. Gegen 17 Uhr sickerte dann durch, dass der Spielbetrieb in sämtlichen Bundesligen bis zum 22. April ruhen solle.

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Der Deutsche Handballbund (DHB), in dessen Verantwortung der Spielbetrieb der dritten Ligen und der A-Jugend-Bundesliga liegt, geht die Sache noch etwas defensiver an und setzte vorerst lediglich die Spieltage am kommenden Wochenende ab. Damit fällt das Heimspiel des HBW Balingen-Weilstetten II ebenso flach, wie das Auswärtsspiel der Bundesliga-A-Jugend der JSG Balingen-Weilstetten beim TSV Allach. "Wie es danach weitergeht, wissen wir noch nicht", sagt Julian Thomann, A-Jugend-Trainer und Jugendkoordinator der JSG und Spieler beim HBW II. "Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass es in einer Woche ganz normal weitergeht", so Thomann weiter. Wie es mit dem Jugendtraining bei der JSG bis zum eigentlichen Saisonende weiter geht, wollte der Klub gestern Abend noch entscheiden

Um kurz nach 18 Uhr gab dann auch die HBL offiziell bekannt: "Die Handball-Bundesliga GmbH setzt aufgrund der aktuellen bundesweiten Corona-Epidemie-Entwicklung und der damit einhergehenden behördlichen Entscheidungen mit sofortiger Wirkung den Spielbetrieb der Handball-Profiligen bis Ende April aus. Für die HBL GmbH und alle 36 Klubs stellt diese Entscheidung einen sportlich und wirtschaftlich einzigartigen, massiven und bedrohlichen Einschnitt dar. Dennoch hat sich der gesamte Handball-Profisport zu diesem sehr schwierigen Schritt entschlossen, da die oberste Priorität natürlich die Gesundheit und der Schutz der Bevölkerung sein muss. Die HBL GmbH und ihre Klubs leisten damit ihren Beitrag, die Corona-Epidemie bestmöglich einzudämmen." Wir müssen überlegen, wie wir mit der Situation umgehen, werden mit Sicherheit aber erst mal durchschnaufen", sagt HBW-Geschäftsführer Wolfgang Strobel. Denn wirtschaftlich stehen die Klubs vor großen Herausforderungen. Sollte es nach Ostern weitergehen, würden den Personalausgaben für mehr als fünf Wochen keine Einnahmen gegenüber stehen.

"Wir sprechen nicht über Kleinigkeiten, sondern über eine Gefahr für den Handball-Profisport. Unter den Geschäftsführern der HBL herrscht eine große Solidarität. Wir stehen ständig im Austausch und unterstützen uns. Jeder stellt Informationen zur Verfügung. Entscheidend wird sein, dass wir alles auf finanziell stabile Beine bekommen", so Strobel. Dabei ist das Thema, ob die Saison zu Ende gespielt oder abgebrochen wird noch nicht vom Tisch – auch wie die Sache Auf- und Abstieg geregelt wird, nicht. "Das ist für uns alle momentan nur ein marginales Thema", sagt Strobel. Zwar sei er nach wie vor Optimist, "dazu, dass wir am 23. April in der Balinger Sparkassen-Arena aber vor 2 000 Leuten Handball-Spielen, fehlt mir derzeit der Glaube."

Doch nicht nur die Profis sind betroffen, auch Klubs wie der TV Weilstetten oder die HSG Albstadt. Für den Abteilungleiter der Weilstetter Handballer, Dietmar Kipp, kommt dieser Schritt nicht überraschend: "Es war klar, dass das Virus vor dem Handball nicht halt macht". Deshalb wollen sich die Verantwortlichen zeitnah zusammen setzen, um die weitere Vorgehensweise wie etwa den Trainingsbetrieb und mögliche Folgen einzuschätzen. "Schade ist es aus sportlicher Sicht besonders für unsere Frauen, die bisher eine tolle Saison gespielt haben. Dennoch rückt der Sport jetzt natürlich in den Hintergrund", sagt Kipp. Klar ist, dass den "Lochenfüchsen" Gelder durch die fehlende Spieltage entgehen werden, die auch durch die angespannte Situation der Sponsoren zum Problem werden können. "Die Situation ist prekär. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass die Runde möglicherweise vorbei ist."

Klubvertreter bedauern den Schritt, können ihn aber nachvollziehen

Auch bei der HSG Albstadt muss die Harzkugel nun ruhen. Die Spiele der Männer- und Frauenmannschaft wurden am Donnerstagnachmittag abgesagt. Für Damen-Trainerin Gülfidan Balci ist die Entscheidung nachvollziehbar. "Die Gesundheit geht vor. Deswegen respektieren wir die Vorgehensweise als Verein". Traurig ist sie dennoch, dass zumindest vorübergehend nicht mehr Handball gespielt werden kann. Wie es nun weiter geht? "Wir werden uns im Verein zusammensetzen und die Lage besprechen". Balci kann sich schwer vorstellen, dass die Saison Mitte April fortgeführt wird. "Wir können es uns nicht leisten, fünf Wochen nicht zu trainieren". Auch in der Terminplanung sieht sie Schwierigkeiten, schließlich wäre die Runde der Albstäder-Frauen am 18. April mit dem Spiel gegen die HSG Langenau-Elchingen regulär beendet. "Die Spielerinnen haben bereits für die Zeit nach der Saison geplant. Ich weiß nicht, wie wir das koordinieren können, falls es weitergeht", so Balci.

Dabei hat die HSG-Trainerin noch eine ganz andere Baustelle. Als Auswahltrainerin des Bezirks Neckar-Zollern trainiert sie wöchentlich talentierte Spielerinnen aus der Region mit der Perspektive der Teilnahme an der HVW-Sichtung. "Meine Mädels bereiten sich seit einem Jahr auf dieses Highlight vor. Es ist ganz bitter, dass sie sich nun nicht zeigen können. Ich wünsche mir, dass es irgendwann nachgeholt wird".