Premiere in Haiterbach: Der Gemeinderat tagte erstmals im Freien auf dem Parkplatz der Kuckuckshalle. Bild rechts: Sarah Lauser (links) und Irmgard Maser beten nicht nur für Stadt und Gemeinderat, sie brachten auch Butterbrezeln zur jüngsten Sitzung.Fotos: Priestersbach Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Bei der öffentlichen Sitzung im Freien segnet das Gremium bei vier Gegenstimmen den Haushalt ab

In der Corona-Krise müssen auch Gemeinderäte ziemlich flexibel sein – und in Haiterbach zudem standhaft. Denn die jüngste Sitzung des Gremiums fand auf dem Parkplatz der Kuckuckshalle statt. Gut eine Stunde lang mussten die Räte dabei in gebührendem Abstand stehen.

Haiterbach. " Das ist schon eine besondere Gemeinderatssitzung", erklärte Bürgermeister Andreas Hölzlberger – und sah es als positiv, dass die Räte in der Sonne etwas für ihren Vitamin D- Haushalt taten. Ansonsten rief der Rathauschef in Erinnerung, dass diese Premiere im Freien nötig war, damit der städtische Etat Rechtssicherheit erlangen könne.

Wegen der Corona-Pandemie hatte die Verwaltung Ende März von einer Präsenzsitzung abgesehen. Zwar sind Gemeinderatssitzungen von den Kontaktbeschränkungen ausgenommen, doch hatte sich der Bürgermeister dafür entschieden, die Beschlussfassung über den Haushaltsplan in einem elektronischen Umlaufverfahren vorzunehmen. Der virtuelle Beschluss war mit vier Gegenstimmen gefallen – und es war klar, dass die Rechtmäßigkeit dieser Form des Beschlusses nicht unbedingt wasserdicht ist.

Deshalb fand jetzt die Sitzung im Freien vor der Kuckuckshalle statt, um den Haushalt in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung zu behandeln und in aller Form zu beschließen. Während Uli Seeger als Fraktionssprecher der UBL signalisierte, dass seine Fraktion "voll und ganz hinter dem Haushalt steht", fuhr Johann Pagitz schweres Geschütz gegen die Rathausspitze auf. Der Fraktionssprecher der Freien Wähler wies darauf hin, dass es sich bei der Beschlussfassung im Umlaufverfahren nicht um vier Gegenstimmen der FWH gehandelt hatte, sondern um Widersprüche gegen diese Form der Abstimmung.

"Gesetzwidriges Handeln veranlasst"

Der protokollierte Beschluss sei daher "nicht rechtmäßig und als ungültig zu bewerten", machte Johann Pagitz deutlich. Damit nicht genug: Wie der Fraktionssprecher nachlegte, "ist es äußerst zweifelhaft, wenn ein Bürgermeister gesetzwidriges Handeln veranlasst". Für Pagitz ist dieses Verhalten "äußerst kritisch zu würdigen". So sei die Sitzung in dieser Woche notwendig geworden, "um das rechtliche Handeln der Verwaltung herzustellen".

Zum Haushalt selbst erklärte Pagitz, dass den Freien Wählern die Entwicklung der Personalkosten Sorge bereitet, die seit 2008 von rund zwei Millionen Euro auf aktuell veranschlagte 3,66 Millionen Euro angestiegen seien. Zudem werde eine Abarbeitung der geplanten Investitionen in der Größenordnung von 11,78 Millionen Euro nicht möglich sein – und mit Blick auf die Corona-Krise beantragten die Freien Wähler eine Reduzierung der geplanten Gewerbesteuereinnahmen von 2,8 auf 1,8 Millionen Euro.

Wie Bürgermeister Hölzlberger erwiderte, rechne man im Rathaus zwar ebenfalls damit, dass die Wirtschaft in diesem Jahr coronabedingt Probleme bekommen werde. In Haiterbach laufe es in Sachen Gewerbesteuer aber bislang in geordneten Bahnen – und daher wolle man den Ansatz bei 2,8 Millionen Euro belassen. Wie Stadtkämmerer Manfred Girrbach ergänzte, fahre man im Rathaus auf Sicht. Deshalb empfahl er den Räten, den Etat in der vorliegenden Form zu beschließen – zumal er dem Landratsamt ja bereits vorliege und von dort bislang keine Rückmeldungen kamen.

Investitionen von 11,78 Millionen Euro

Bei der Abstimmung wurde der Haushaltsplan bei vier Gegenstimmen von Günter Boos, Johann Pagitz, Reiner Schuon und Gerhard Walz (Freie Wähler) mehrheitlich beschlossen. Im Ergebnishaushalt plant man mit 12,9 Millionen Euro an Erträgen und mit 12,2 Millionen Euro an Aufwendungen. Im Gesamtfinanzhaushalt ist eine Kreditaufnahme von 3,37 Millionen Euro vorgesehen. Im Finanzplan stehen Investitionen von 11,78 Millionen Euro einschließlich der Tilgung von Krediten mit 75 000 Euro. Zu den größeren Maßnahmen zählen unter anderem der Grundstückserwerb (2,0 Millionen), die Stadtentwicklung (1,2 Millionen), die Festhalle Haiterbach (1,8 Millionen), die Haiterbacher Straße in Beihingen (650 000), der Regenwasserkanal im Stauchbachweg (675 000), Baumaßnahmen Burgschule (610 000) oder der Breitbandausbau (500 000).

Bevor die Haiterbacher Räte in die Sitzung einsteigen konnten, sorgten Sarah Lauser und Irmgard Maser von der Gruppe "Stadtgebiet" für eine nette Geste. So brachten sie dem Gemeinderat Butterbrezeln und Snickers-Riegel – und wollten so dem Gremium für seine Arbeit danken. "Wir beten für unsere Stadt", machten sie dabei deutlich.