Mag nicht mehr: Alexander Siedler (CDU) wirft das politische Handtuch. Foto: Weber/Archiv

Politischer Paukenschlag in Haigerloch: Alexander Siedler (CDU) zieht sich überraschend aus allen Ämtern zurück.

Haigerloch-Gruol - Die Nachricht schlug am Montag im Kreis der städtischen CDU ein wie eine Bombe. Alexander Siedler, Fraktionssprecher im Gemeinderat, stellvertretender Bürgermeister und Gruoler Ortschaftsrat, tritt mit sofortiger Wirkung von allen seinen politischen Ämtern zurück. Zu seinem Abschied wählte er deutliche Worte.

In einem zehnseitigen Schreiben hat er die Gründe und Motive dargelegt, die ihn nach 15 Jahren im Gemeinde- und Ortschaftsrat zu diesem Schritt veranlasst haben. Zwar hat Alexander Siedler sich fürs Verfassen dieses ausführlichen Briefes übers Wochenende Zeit genommen, seine Fraktionskollegen und auch die Stadtverwaltung hat der 45-Jährige aber erst am gestrigen Montagmorgen in einer Rund-Mail über seine Entscheidung informiert. Dieser Schritt hat die CDU offenbar wie der Blitz aus heiterem Himmel getroffen. "Ich bin ganz aufgewühlt, mir fehlen die Worte", meinte Neu-CDU-Stadtrat Michael Ashcroft.

"Anfeindungen von innen und außen, ungerechtfertigte Kritik am Gemeinderat und persönliche Anfeindungen gegen mich und meine Familie", so Siedler hätten ihn zu dieser Entscheidung bewogen. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat möglicherweise am Wochenende der Anruf eines angeblich "freien Pressemitarbeiters" bei einem Mitarbeiter der Albfood AG. Dieser, so stellte es Alexander Siedler gestern im Gespräch mit unserer Zeitung dar, habe versucht sich zu erkundigen, ob bestimmte Gerüchte über die Firma zutreffen, die Albfood in ein negatives Licht setzen. Siedler bezeichnete dies nicht nur als "geschäftsschädigende Methoden", sondern auch als gezielten Angriff, bei dem es nicht um die Sache, sondern aus seiner Sicht um politische Hintergründe gehe.

Doch der CDU-Stadtrat aus Gruol nennt in seinen Brief noch einige Gründe mehr für seinen Rücktritt. Allen voran "Mangelnde und je nach Themenlage nicht existierende Transparenz" zwischen Gemeinderat und Bürgermeister.

Siedler geht aber noch weiter und nimmt Bürgermeister Heinrich Götz ins Visier – wobei er seine Worte nicht als Angriff auf die Person Heinrich Götz verstanden wissen will, sondern als Kritik an dessen Art der Amtsführung.

Der CDU-Fraktionssprecher vermisst beim Bürgermeister unter anderem eine politische Vorstellung, in welche Richtung sich eine Stadt entwickeln soll. "Man wünscht sich doch für eine Gemeinde, voranzukommen, man wünscht sich eine gute Entwicklung der Stadt, in der wir leben und nicht, dass unsere ‘Spitze’ sagt, sie hätte keine Visionen für die Zukunft, denn das heißt in diesem Fall, dass man auch keine Ziele hat", schreibt er im Wortlaut.

Stattdessen, so erläutert er weiter seine Sichtweise, schwanke der Bürgermeister in seiner Meinung und passe sie der Stimmungslage an. Siedler fragt sich zum Beispiel, aus welchen Gründen Götz sich im Gemeinderat gegen einen Ausbau der Schule gewehrt habe, sich aber nachher bei einer Rede vor der Schule als Befürworter darstelle. Ein Satz wie "ich war anfangs zwar skeptisch, aber bin jetzt froh, dass die Entscheidung doch so ausgefallen ist", wäre aus Siedlers Sicht ehrlicher gewesen.

Auch der politische Stil im Gemeinderat missfällt dem Stadtrat. Bei Abstimmungsniederlagen würden manche Gemeinderäte und Ortsvorsteher und leider auch der Bürgermeister Stimmung gegen Fraktionen oder einzelne Gemeinderatsmitglieder machen, ist seine Meinung.

Trotz dieser harschen Kritik bewertet Alexander Siedler die Gemeinderatsarbeit aber als Erfolg. Ohne Gemeinderat wäre die Schullandschaft nicht die, die Eltern und Schüler heute schätzen dürften, so sein Urteil. Ohne Gemeinderäte wäre die Starzel-Eyach-Wasserversorgung "von privaten Firmen unterwandert" oder die Verschuldung noch höher. Ohne Gemeinderat wäre das Altenpflegeheim St. Josef längst verkauft.

Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat, wünscht er sich, müssten in Zukunft wieder eine Art "Symbiose" aus drei Partnern sein, die "zum Wohle der Gemeinde funktionieren muss". Siedler hoffte zum Schluss seines Schreibens auf einen fairen Bürgermeisterwahlkampf und eine hohe Wahlbeteiligung zum Wohle der Demokratie.