Unternehmen Steinbutt (5): Rückbau dauert bis Mai 1949

Haigerloch-Stetten. Nahezu vergessen ist das Unternehmen Steinbutt in Stetten bei Haigerloch. Dabei stellt das geheimnisvolle Projekt ein spannendes Kapitel deutscher Kriegsgeschichte dar. In der fünften und letzten Folge geht es darum, was aus dem gescheiterten Projekt nach dem Kriegsende wurde.

Am 20. April 1945 löste sich die Hoffnung auf geheime Waffen aus Stetten bei Haigerloch in Luft auf. Französische Panzer rollten gegen 16 Uhr von Gruol kommend in das Dorf und weiter bis nach Owingen, das sie gegen 17 Uhr erreichten.

Bei den OT-Baracken des Unternehmens Steinbutt an der Owinger Straße (heutige B 463) kam ihnen ein Kommando mit drei Männern des Volkssturms Balingen entgegen. Die Franzosen eröffneten das Feuer. "Der eilige Pkw wurde regelrecht abgeknallt", steht im Stettener Heimatbuch. Alle drei Männer starben. Owingen verzeichnete am 20. April 1945 zwei Tote beim Artilleriebeschuss vor dem Einmarsch.

Häftlinge versteckten sich im Wald

Im Wald in der Umgebung von Stetten erlebte Nikos Skaltsas, ein griechischer KZ-Häftling, das Ende des Kriegs. Er war 19 Jahre alt. Im hohen Alter hat er von einer langen Odyssee berichtet, die ihn von Athen über das Konzentrationslager in Hailfingen-Tailfingen nach Haigerloch führte. Im Salzbergwerk Stetten habe er einige Tage lang Salz auf Loren laden müssen. Als sich die Bewacher auf und davon machten, versteckte sich die Häftlingsgruppe noch drei Tage nach dem Einmarsch im Wald. "Wir hatten nur rohe Kartoffeln und holten uns Wasser aus einem Flüsschen", erinnerte sich Skaltsas.

Die Baustelle Stetten war verlassen und wurde beliebtes Ziel der Dorfjugend. Mit der Klage über mutwillige Zerstörungen auf dem Betriebsgelände wandte sich Steinbutt im April 1946 an das Bürgermeisteramt Stetten. Vor allem Jungen würden sich auf der Baustelle herumtreiben, aber auch Mädchen. Der Stettener Bürgermeister sprach elf Betretungsverbote aus.

Die Baracken an der Owinger Straße pachtete im November 1946 der Ingenieur Fritz Papst. Er war aus Nürnberg nach Haigerloch gekommen und hatte in der Brauerei Zöhrlaut gearbeitet, bevor er sich im September 1945 selbstständig machte. Papst wollte eine Elektro-Werkstatt gründen.

Das Ringen um den Rückbau von Förderschacht und Stollen dauerte mehr als zwei Jahre. Das Bergamt in Freiburg drängte seit November 1946 aus bergpolizeilichen Gründen auf die Verfüllung, aber die Genehmigung durch die Militärregierung in Baden-Baden ließ bis Juni 1948 auf sich warten.

Maurermeister Franz Henne aus Owingen übernahm die Vermauerung der Stollen. Er setzte Bruchsteinwände vor die Eingänge. Die Verfüllung des Förderschachts übernahm Haniel & Lueg, die Fundamente des Bohrturms wurden gesprengt. Im Mai 1949 war alles fertig.

Fritz Papst nutzte die Baracken nur kurze Zeit. 1948 verlegte Maria Conzelmann ihre Trikotwarenfabrik in die Gebäude. Nachfolger wurde 1960 der Omnibusunternehmer Hermann Maas aus Gruol. Mittlerweile sind die Baracken abgerissen. Die OMV-Tankstelle ist an ihrer Stelle neu entstanden.

Eingänge liegen versteckt im bewaldeten Hang

Die Hohen Äcker zwischen Stetten und Owingen werden heute wieder landwirtschaftlich genutzt. Die beiden Stolleneingänge liegen versteckt im bewaldeten Hang. Besucher verirren sich selten dorthin. Die Bruchsteinmauern beginnen zu bröckeln.

Das Arbeiterwohnlager Stunzachtal ist eine Gewerbe-Immobilie geworden. Lange Jahre residierte dort die Firma Rilling und Pohl. Im Jahr 2020 wird das Gelände vom Metallverarbeitungsunternehmen Andreas Muschal bewirtschaftet.

Das Unternehmen Steinbutt in Stetten bei Haigerloch ist ein bizarres Kapitel aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Wie viele andere Untertage-Verlagerungen im Deutschen Reich ging Steinbutt nie in Betrieb. Rüstungsfirmen bombensicher anzusiedeln, war ein aussichtsloser Versuch, sich gegen die militärische Niederlage zu stemmen. Er spiegelt den Wahn und die Verblendung wider, die das nationalsozialistische Deutschland in den Abgrund trieben. (Ende)