Machen sich stark für einen eigenen Haigerlocher Ortschaftsrat: Die Gemeinderäte und Ausschussmitglieder Nadine Reiband (SÖL) und Michael Ashcroft Archivfotos: Weber Foto: Schwarzwälder Bote

Ortschaftsrat Kernstadt: Für Nadine Reiband und Michael Ashcroft macht ein solches Gremium Sinn

"Sonderweg", "Kostet nur Geld", "Wird nur von einigen wenigen gefordert, aber von der Masse der Kernstadtbürger nicht unterstützt": Die Argumente, die gegen einen Haigerlocher Ortschaftsrat geäußert wurden, sind bekannt. Was aber spricht für ein solches Gremium?

Haigerloch. Für ein solches Gremium gibt es durchaus ein paar Argumente, sind die beiden Haigerlocher Gemeinderäte Nadine Reiband (SÖL) und Michael A.C. Ashcroft (CDU) überzeugt.

Beide sind zunächst einmal froh darüber, dass sich der Vorstoß zur Einrichtung eines Kernstadt-Ortschaftsrates in der letzten Sitzung des Gemeinderates vor der Sommerpause durchgesetzt hat. Mit knapper Mehrheit (15 Ja- und zwölf Nein-Stimmen bei einer Enthaltung) zwar, aber auch das zählt. Somit wird bei der Kommunalwahl im Mai 2019 zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der Gesamtstadt ein Haigerlocher Ortschaftsrat gewählt; für Michael Ashcroft das glückliche Ende eines Prozesses, den er vor drei Jahren angestoßen hat.

Dass ein Haigerlocher Ortschaftsrat Sinn macht, steht für Reiband und Ashcroft außer Frage. Grundsätzlich glauben beide daran, dass ein elfköpfiger Ortschaftsrat viel mehr politisches Gewicht in die Waagschale werfen kann als der bisherige Städtische Ausschuss; diesem gehören lediglich die fünf gewählten Gemeinderäte und Bürgermeister Heinrich Götz an. Beziehe ein Ortschaftsrat zu einem politischen Thema Stellung, dann werde dies im Gemeinderat mit deutlich größerem Ernst zur Kenntnis genommen, sind sie überzeugt. Auch die 2100 Einwohner der Kernstadt seien durch ein solches Gremium wesentlich besser repräsentiert.

Nadine Reiband ist der Auffassung, dass es gerade in der Kernstadt viele Themen gibt, über die ein Ortschaftsrat reden kann. Was soll aus dem Missionshaus werden? Was aus den Eyachauen? Was aus dem Gasthaus Schlössle? Und wie kann man die Stadtbelebung generell voranbringen? Wenn darüber in Zukunft elf statt bisher fünf Personen debattierten, so ist die SÖL-Gemeinderätin sicher, dann bekämen die Themen "mehr Power und Dynamik".

Michael Ashcroft ist "nach vielen persönlichen Gesprächen" zu der Überzeugung gelangt, dass Dinge, welche die Leute in der Kernstadt bewegen, bis zur Stadtverwaltung gar nicht richtig durchdringen. Für ihn ist das sogar nachvollziehbar. Bürgermeister Heinrich Götz und die Stadtverwaltung müssten schließlich die Belange der Gesamtstadt und aller ihrer neun Teilorte im Blick haben und könnten sich nicht speziell um die Kernstadt kümmern. Insofern besteht aus Ashcrofts Sicht ein gewisser Interessenskonflikt, und deshalb sind nach seiner Einschätzung die Belange und Wünsche der Kernstädter bei einen Haigerlocher Ortschaftsrat und einen Ortsvorsteher besser aufgehoben.

Das Argument, dass ihr Vorstoß von "den Haigerlochern" nicht wirklich mitgetragen werde, teilen Reiband und Ashcroft nicht. Ebenso wenig die öfters unterschwellig geäußerte Kritik "In der Kernstadt klappt ja kaum etwas, wie wollen die da elf Ortschaftsräte zusammenbringen?"

Zwar stimmt die schon im Gemeinderat geäußerte Bemerkung, eine Online-Petition für einen Haigerlocher Ortschaftsrat werde im Internet lediglich von 19 Personen unterstützt, sie ist aber nur die halbe Wahrheit: An mehreren Anlaufstellen in der Stadt wurden nämlich Unterschriftenlisten ausgelegt. Diese haben inzwischen 380 Unterstützer der Ortschaftsrat-Idee unterzeichnet. Michael Ashcroft hat die bisher unterschriebenen Listen unserer Zeitung gezeigt.

Sowohl er als auch Reiband erklären, dass sie inzwischen elf Leute beisammen hätten, die bereit für eine Ortschaftsratkandidatur seien. "Wir würden aber gerne 15 Kandidaten bekommen, damit die Leute eine echte Wahl haben", meint Nadine Reiband.

Wie soll’s nun weitergehen? Zunächst einmal mit der Lösung ganz praktischer Fragen: Ein Büro für einen Ortsvorsteher muss genauso gefunden werden wie ein Sitzungsort für den Ortschaftsrat. Anfang nächsten Jahres, so stellen es sich Ashcroft und Reiband vor, soll es zudem einen Informationsabend geben, um weitere Leute für den Ortschaftsrat anzusprechen.

Dass sich Haigerloch mit einem Ortschaftsrat auf einen "Sonderweg" begebe, wie Bürgermeister Götz erst vor wenigen Tagen im Gemeinderat gemeint hat, sehen beide Stadträte nicht so. Auch andere Kommunen hätten dieses Thema aufgegriffen. "Einer muss den Anfang machen – und wir haben das Recht, es zu versuchen", so CDU-Stadtrat Michael Ashcroft.