Aus "Emma" wird ein Gastschiff. Edith Stier und Gregor Alex schaffen Wohlfühl-Domizil.
Haigerloch - Aus einer eher zufälligen Begegnung erwuchs eine ganz besondere Beziehung: So könnte man die Geschichte umschreiben, die Edith Stier und Gregor Alex mit ihrem Schiff Poseidon verbindet.
Aus dem ehemaligen Kanalfrachtschiff Emma, Baujahr 1938, hat das Haigerlocher Ehepaar ein modernes Gastschiff gemacht, das von seinem Heimathafen Port du Houillon, Ecke Saarkanal und Rhein, zu Fluß- und Kanalfahrten einlädt.
2018 Schiff im Internet entdeckt und gekauft
Mit der Poseidon haben sich Edith und Gregor einen Traum erfüllt. Sie kannten das Schiff schon seit 2005 von etlichen Begegnungen auf der Saone, wo sie häufig mit Hausbooten unterwegs waren. Beide lieben das entschleunigte Cruisen auf Flüssen und Kanälen, das in Frankreich sehr populär ist. Sie haben als Crew auch schon Fahrten mit gecharterten Hausbooten angeboten.
"Wir sahen die Poseidon das erste Mal 2005, als sie aus einer Schleuse kam, und dachten, ›Was für ein Riesenkahn!‹, den sollte man kaufen können", erinnert sich Gregor Alex an die erste Begegnung. Das Schiff, das zwischenzeitlich in Gino II und dann in Poseidon umgetauft wurde, fuhr bis 1987 noch Fracht. Danach wurde es von seinem damaligen Besitzer, dem Schweizer Werner Weber, zu einem Schullandheim umgebaut.
Mitte der 90er-Jahre schließlich wurde die Peniche, so werden diese Schiffe genannt, wieder auf Vordermann gebracht und als Gastschiff zu neuem Leben erweckt. Ihren neuen Einsatzbereich bekam sie auf der Saone, wo Edith und Gregor sich sozusagen in sie verliebten. 2018 entdeckten sie, dass das Schiff auf einem Internetportal zum Verkauf angeboten wurde. Nach einigen Gesprächen kauften sie das Schiff. Um die Anfahrtswege zu verkürzen, überführten sie es von der Saone nach Lothringen, wo sie es in der Karcher-Werft in Rheinau generalüberholten und mit Hilfe von Freunden nach ihren Vorstellungen umgestalteten.
Poseidon ist schwimmendes Wohlfühl-Domizil
Das Haigerlocher Ehepaar hat nicht nur sehr viel Geld, Zeit und Energie sondern auch jede Menge Herzblut in die Poseidon investiert. Mit viel Liebe zum Detail haben sie das Schiff renoviert und eingerichtet, Möbel ausgesucht und restauriert, sorgfältig Accessoires ausgewählt. Das Ergebnis kann sich wahrlich sehen lassen: Die Poseidon ist ein schwimmendes Wohlfühl-Domizil, mit Salon, gut ausgestatteter Küche, gemütlichen Kojen, einem großen Sonnendeck und sogar einer extra Musikecke.
Somit ist sie nicht nur für Privatleute sondern auch für die Veranstalter von Seminaren und Coachings sehr interessant. Auch Weinproben können gebucht werden. Bis zu zehn Personen finden bequem Platz, mit der Crew Edith und Gregor sind es zwölf Personen. Die Vermietung ließ sich seit August 2019 gut an, das Konzept stieß auf großes Interesse, aber dann kam Corona.
Bekanntlich hat es die Region Elsass-Lothringen besonders hart getroffen. Reisen nach Frankreich waren plötzlich unmöglich, und auch seit der Grenzübertritt wieder erlaubt ist, zögern viele, ihren Urlaub außerhalb von Deutschland zu verbringen.
"Man kommt runter"
Dabei, so Gregor, kann man kaum sicherer reisen als auf dem Boot. Man ist in einer homogenen überschaubaren Gruppe, und auch Landausflüge können so organisiert werden, dass Menschenmassen vermieden werden.
Es ist eine ganz besondere, entschleunigte Art des Reisens. "Man geht auf’s Schiff und kommt runter", umschreibt es Gregor Alex. Dennoch wird es nie eintönig. Zum einen bieten die Fahrstrecken Rhein-Marne-Kanal oder Saarkanal etliche Sehenswürdigkeiten wie das Schiffshebewerk Arzwiller oder die tiefe Schleuse von Rechicourt.
Das Schleusen mit einem Schiff dieser Größe ist schon ein Schauspiel, Edith und Gregor - sie navigiert, er steuert - müssen da perfekt zusammenarbeiten, denn der Kahn ist schon "ein bisschen größer als ein Hausboot" und passt sozusagen ganz genau in die Schleuse. Zum anderen ist da das Naturerlebnis, das Fahren durch die Landschaft im wechselnden Licht des Tages, begleitet von Vogelgezwitscher - Entspannung pur.
Auch längere Fahrten möglich
Die Flussfahrer können sich an Bord sowohl von Edith bekochen lassen oder selber oder mit ihr gemeinsam kochen. Das Haigerlocher Ehepaar hofft, dass sich viele für diese entspannte und umweltfreundliche Art des Reisens begeistern können.
So langsam läuft es wieder an mit den Fahrten. Als zweites Standbein vermieten sie die Poseidon als Ferienwohnung, ihr Liegeplatz grenzt an einen Naturschutzgebiet mit See. Fahrten mit der Poseidon dauern im Minimum drei Tage - "vorher könnte ich gar nicht wenden", schmunzelt Gregor - die meisten buchen für eine Woche. Längere Fahrten sind auch möglich. Die Saison beginnt an Ostern und endet an Allerheiligen. Nicht, weil es im Winter nicht auch reizvoll sein kann auf dem Fluss. Das Schiff verfügt über eine gute Heizung. Aber in der kalten Jahreszeit werden die Schleusen überholt, und dann ist kein Vorwärtskommen auf den Kanälen.
Weitere Informationen: www.flusskreuzfahrt-frankreich.de