Dienstaufsichtsbeschwerde: Landratsamt teilt Gemeinderatskritik an Bürgermeister Heinrich Götz

Ja, Heinrich Götz, hat die ihm zugestandenen Kompetenzen eigenmächtig überschritten. Zu diesem Ergebnis ist jetzt das Landratsamt des Zollernalbkreises gekommen, nachdem es sich über zwei Jahre Zeit genommen hatte, um eine Dienstaufsichtsbeschwerde aus den Reihen des Gemeinderates gegen den Haigerlocher Bürgermeister zu prüfen.

Haigerloch. Das Ergebnis im Wortlaut: "Die Gemeinderäte warfen Bürgermeister Götz zu Recht vor, seine Kompetenzen als Bürgermeister eigenmächtig überschritten zu haben. Der Gemeinderat bildet das Hauptorgan der Städte und Gemeinden. Den ehrenamtlichen Gemeinderäten obliegt unter anderem eine wichtige Kontrollfunktion."

Mit dieser Feststellung lässt es das Landratsamt dann aber auch bewenden und sattelt keine weitere Bestrafung obendrauf. Mit der von der Staatsanwaltschaft Hechingen verhängten Geldauflage und der Änderung der Hauptsatzung durch den Haigerlocher Gemeinderat seien bereits hinreichende Konsequenzen gezogen worden, meint Landrat Günter-Martin Pauli gegenüber unserer Zeitung.

Er habe im Gespräch mit Götz die Dinge klar angesprochen. Dieser habe sein Fehlverhalten eingesehen und deshalb, so der Landrat weiter, gehe er davon aus, dass der Haigerlocher Bürgermeister aus der Sache seine Lehren gezogen habe. Götz, so Pauli, habe sein "Lehrgeld bezahlt".

Die Geschichte, die hinter der vor zwei Jahren vom Gemeinderat eingereichten Dienstaufsichtsbeschwerde steckt ist komplex, erstreckt sich auf seit Jahren zurückliegende Vorgänge und hat gleich mehrere Protagonisten.

Angefangen hat im Prinzip alles mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hechingen auf verschiedenen Erddeponien im Zollernalbkreis. Bei ihrer Kontrolle auf der Haigerlocher Erddeponie "Grund" stießen die Ermittler seinerzeit auf eine größere Menge Bauschutt und Betonteile, die aus ihrer Sicht dort nicht hingehörten. Im November 2014 verhängte die Staatsanwaltschaft deshalb gegen Götz und zwei weitere Beteiligte Strafbefehle.

Gegen diesen setzte sich das Haigerlocher Stadtoberhaupt jedoch zur Wehr, weil er es nicht einsah, für eine Sache zur Rechenschaft gezogen zu werden, die bereits in der Amtszeit seines Vorgängers Roland Trojan geschehen sei. Götz’ Gegenwehr blieb jedoch erfolglos und schließlich akzeptierte er den gegen ihn verhängten Strafbefehl in Höhe von 7200 Euro.

Das Kapitel war damit aber nicht geschlossen. Kurz darauf, im April 2016, setzte der Bürgermeister nämlich im Haigerlocher Mitteilungsblatt zum Erklärungsversuch an, der jedoch gründlich schief ging. Götz wählte Formulierungen, die seinem Vorgänger Roland Trojan sauer aufstießen. Trojan fühlte sich diffamiert und wollte sich seinerseits im "Blättle" mit einer Stellungnahme rechtfertigen, was ihm aber nicht gewährt wurde. Also reichte er gegen Götz Dienstaufsichtsbeschwerde ein.

Und das Landratsamt gab Trojan im Kern Recht: Aus Sicht der Kreisbehörde hätte man auch ihm in den amtlichen Nachrichten Platz einräumen müssen, um sich zu der Bauschutt-Sache äußern und rechtfertigen zu können. Die lokalen Zeitungen berichteten über diese Auseinandersetzung, was Bürgermeister Heinrich Götz aber nicht zu gefallen schien. Also beauftragte er eine Anwaltskanzlei damit, per einstweiliger Verfügungen Gegendarstellungen in den Zeitungen sowie auf den Online-Portalen der Verlagshäuser zu erwirken.

Auch mit diesem Vorstoß hatte Götz keine Fortune: Sowohl die Landgerichte in Ulm, Hechingen als auch das in Rottweil lehnten im Sommer 2017 kurz nacheinander die Forderungen nach Gegendarstellungen ab. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde aus der Sache eine kleine Lawine. Denn Heinrich Götz hatte die Rechtsstreitigkeiten gegen die Presse ohne Zustimmung des Gemeinderates geführt – und die ihm zugebilligten Kompetenzen überschritten. Die damals geltende Hauptsatzung der Stadt erlaubte es dem Haigerlocher Stadtoberhaupt nämlich nur, Rechtsstreite bis 5000 Euro eigenverantwortlich zu führen. Die Auseinandersetzung mit der Presse und die daraus resultierenden Anwaltskosten ging jedoch in den fünfstelligen Bereich.

Die Folgen waren hart für den Bürgermeister und die von CDU und SÖL gebildete Mehrheit im Gemeinderat ließ ihn seinen Alleingang deutlich spüren: Zuerst erhoben 18 der 29 Gemeinderäte besagte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Heinrich Götz beim Landratsamt, dann änderten sie auch noch die Hauptsatzung und stutzten den Handlungsspielraum des Bürgermeisters "für freiberufliche Leistungen" ohne gemeinderätliche Zustimmung auf 500 Euro.

Götz wiederum gab sich reumütig ("Habe kopflos agiert") und beglich die aufgelaufenen Anwaltskosten aus eigener Tasche. Doch die gezeigte Einsicht half ihm nur bedingt weiter: Inzwischen hatte nämlich auch die Staatsanwaltschaft Hechingen gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachtes der Untreue im Amt aufgenommen. Diese wurden gegen Zahlung einer Geldauflage inzwischen eingestellt und im Oktober 2018 dem Landratsamt mitgeteilt.

Was wiederum dazu führte, dass das Landratsamt die seit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ruhende Dienstaufsichtsbeschwerde jetzt endlich abschließen konnte.