Foto: Schwarzwälder Bote

Anlieger leiden bereits unter Verkehrslärm der B 463. Martinshorn wird nicht immer eingeschaltet.

Haigerloch-Owingen - Der Aufbau einer Rettungswache in Owingen ist für den Raum Haigerloch ein enormer Gewinn in Sachen medizinischer Notfallversorgung, das ist keine Frage. Und dennoch gibt es Bedenken gegen die Wache.

Ohnehin schon vom starken Verkehr auf der B 463 dauergeplagte Anrainer fürchten zusätzlichen Krach, wenn Notarzt und Sanitäter zu Einsätzen ausrücken. Deshalb hatten sie im Rahmen der Baugenehmigung für die Station gegenüber dem Landratsamt ihre Bedenken geäußert. Am Montag, als der Kreisverbandsvorsitzende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Heiko Lebherz, und sein Kollege Ralf Göbel, Leiter des Arbeiter-Samariter-Bund-Rettungsdienstes Neckar-Alb (ASB), das Projekt im Ortschaftsrat vorstellten, meldeten sie sich ebenfalls zu Wort.

Bevor man jedoch in die Diskussion mit den Anliegern einstieg, erklärte Lebherz die Gründe, warum in Owingen eine Rettungswache entstehen soll. Nach dem Tod des auch als Notarzt tätigen Haigerlocher Arztes Werner Pieper hat ein Gutachten bestätigt, dass Notärzte und Rettungssanitäter weder von Balingen noch von Hechingen aus binnen den vom Gesetzgeber geforderten 15 Minuten an alle Einsatzorte im Zollernalbkreis gelangen können. Vor allem in den westlichen Kreiszipfel (Richtung Empfingen und Horb) noch ans nordöstliche Kreisende (Burladingen in Richtung Gammertingen) ist dies nicht zu schaffen.

Zwei zusätzliche Rettungswachen

Um diese Situation zu verbessern, sollen deshalb zwei zusätzliche Rettungswachen aufgebaut werden. Eine in Hausen und eine in Owingen. Von Owingen aus wird nicht nur der Raum Haigerloch betreut, sondern auch Bisingen, Hechingen und Balingen abgedeckt.

Der Standort für die Owinger Wache auf dem von der Firma Wohn-Schick genutzten Parkplatz an der Hauptstraße gegenüber dem früheren Hartner-Gebäude erscheint Lebherz als ideal, da er nur wenige Meter von der Auffahrt auf die B 463 ist. Die Baugenehmigung für zwei Containerbauten samt Carport ist erteilt und die Containerlösung ist zunächst einmal auf fünf Jahre angelegt. Danach soll ein festes Gebäude gebaut werden.

Nach Lebherz‘ Angaben könnte die Wache Ende Juni, Anfang Juli in Betrieb gehen. Als Fahrzeuge werden ein Rettungswagen (RTW), das sich DRK und ASB teilen, und ein Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) stationiert. Die Sanitäter, welche die Wache in 24-Stunden-Schichten besetzen, sind laut ihm bereits gefunden, ebenso der Notarzt, der täglich von 7 bis 19 Uhr präsent ist, ihn stellt das Kreisklinikum in Balingen.

Fahrer sollen möglichst geräuscharm starten

So weit, so gut: Der Knackpunkt in der Debatte waren aber die von Lebherz prognostizierten Einsatzzahlen. Er geht von sechs bis acht täglichen Einsätzen des Rettungswagens und drei bis vier Einsätzen des Notarztwagens aus, was den Anwohnern in Gedanken an die damit verbundene Geräuschentwicklung zu allen möglichen Tag- und Nachtzeiten Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Seit 20 Jahren, betonte einer der Anwohner auch mit Hinweis auf den deutlich gewachsenen Verkehr an der B 463, werde man in Sachen Lärmschutz vergessen. "Wir wurden immer im Stich gelassen, wurden immer abgewiesen. Und jetzt sollen wir hinnehmen, dass immer mehr dazukommt?", meinte er.

Heiko Lebherz nahm sich dieser Befürchtungen an. Nicht alle, der genannten Einsatzfahrten seien Notfälle, es gehe auch viel um Krankentransporte, sagte er. Außerdem wolle man darauf hinwirken, dass die Fahrer erst auf der B 463 und nur wenn unbedingt erforderlich, das Martinshorn einschalten. Es sei auch häufig so, dass der RTW schon morgens weg sei und erst abends wieder in die Wache zurückkehre - seine Einsätze bekomme er quasi auf der Strecke mitgeteilt. Freilich, das musste auch Lebherz zugeben, ganz ohne Lärm werde es nicht gehen.

Im Ortschaftsrat war man sich einig, dass der Aufbau der Rettungswache eine ganz neue Situation darstellt und vielleicht die Chance sei, um tatsächlich eine Verbesserung des Lärm- und Schallschutzes für die Anlieger zu erreichen. Regine Henne empfahl zum Beispiel eine neue Geräuschmessung an der Bundesstraße, die bislang letzte wurde 2017 gemacht.