Dass man unter diesen Umständen das neue Harter Baugebiet in der nächsten Gemeinderatssitzung am 28. Juli gleich als Satzung beschließen und dann in die Erschließung des Geländes (32 Bauplätze in zwei Abschnitten) einsteigen kann, ist nach jetzigem Stand der Dinge vollkommen illusorisch. Die zum Schutz der Natur zu treffenden Maßnahmen sind nämlich so tiefgreifend, dass die Baugebietserschließung im beschleunigten Verfahren nach Paragraf 13b Baugesetzbuch erst in die öffentliche Anhörung muss. Das ist dann bereits das dritte Mal.
Sofern die Stellungnahmen von Behörden, Trägern öffentlicher Belange oder auch Privatpersonen rechtzeitig eingehen, kann das Harter Baugebiet also frühestens in der ersten Sitzung des Gemeinderates nach der Sommerpause (Ende September) zur Satzungsreife gebracht werden. Eine schnelle Schaffung von neuen Bauplätzen, auf die einige junge Harter so sehr drängen, ist damit natürlich wenig wahrscheinlich.
Und was muss alles getan werden, um den Bedürfnissen von Zauneidechse, Fledermaus, Goldammer, Waldameise, Sperling, Kupfer-Rosenkäfer, Rotklee-Bläuling (eine besonders geschützte Schmetterlingsart) und Co. gerecht zu werden? Eine ganze Menge, wie die Erläuterungen von Ortsvorsteher Thomas Bieger offenbarten.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass für die vorkommenden Vogel-, Insekten- und Reptilienarten neue Nahrungs-, Brut- und Lebensräume geschaffen werden müssen – so genannte Ersatzhabitate. So sind zum Beispiel 32 Fledermauskästen zu errichten (je 16 Tagesquartiere und Höhlenkästen). Dazu 18 Kästen für Stare, weitere Kästen für Sperlinge und Gartenbaumläufer sowie drei Nisthilfen für Turmfalken, die in mindestens sechs Meter Höhe hängen müssen.
Damit nicht genug: Ein Haufen mit einer Waldameisenart muss umgesetzt werden. Ebenso ist neuer Lebensraum für vorkommende Zauneidechsen zu schaffen. Dieser muss obendrein mit einem Zaun geschützt werden. Nicht etwa, weil die Eidechsen ihn im Namen tragen, sondern, um sie vor potenziellen Feinden zu schützen – beispielsweise wenn später Katzen in das neue Wohngebiet gelangen.
Dass zudem jeder spätere Häuslebauer verpflichtet ist, auf seinem Grundstück eine heimische Obstbaumart anzupflanzen und auf die Anlage eines Steingartens verzichten muss, fällt da fast schon nicht mehr ins Gewicht.
Könnte man über die eine oder andere Maßnahme großzügig hinwegsehen? Frei nach dem Motto: Die Natur wird’s schon selber richten? Undenkbar. Die Naturschutzbehörde beim Landratsamt, so der Ortsvorsteher, fordere vorab einen konkreten Plan, wie man die Maßnahmen umsetze. Und ohne deren "Stempel", so Thomas Bieger, gehe gar nichts. Und mehr noch: zwei Jahre lang muss überwacht werden, ob die CEF-Maßnahmen auch fruchten. Bringen sie nicht den gewünschten Erfolg, dann müssen neue Lösungen her.
Harter Ortschaftsrat will das neue Baugebiet
"Das ist der Hammer!", staunte Ortschaftsrat Egidius Kessler – und war genauso baff wie die Zuhörer. Und natürlich sorgt man sich im Ortschaftsrat darüber, was das alles kosten wird. Es gebe noch keine Berechnung, meinte dazu Ortsvorsteher Bieger. Eines ist ihm aber jetzt schon klar: "Billig wird das nicht."
"Aber welche Alternative haben wir?", fragte sich Ortschaftsrat Jörg Biesinger angesichts der Tatsache, dass sich in Hart weit und breit kein anderes Baugebiet umsetzen lässt. Das sahen auch die anderen so und deshalb war das Gremium einstimmig dafür, das Baugebiet und die Umsetzung des Artenschutzkonzeptes weiter voranzutreiben. Nun hofft man, dass der Gemeinderat am 28. Juli diesem Beschluss folgt.
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