Günter Lauffer hat stets gern Klavier gespielt, wie ein Foto des Verstorbenen aus dem Jahr 2018 zeigt. Foto: Archiv/Vaas

Günter Lauffer ist tot. Der Altbürgermeister und Ehrenbürger von St. Georgen starb am vergangenen Freitag im Alter von 92 Jahren. Knapp ein Vierteljahrhundert prägte er als Stadtoberhaupt die Kommunalpolitik St. Georgens.

St. Georgen - Beim letzten Besuch des Schwarzwälder Boten im Sommer 2019 setzt sich Günter Lauffer langsam in den schwarzen Ledersessel, legt die Fingerspitzen aneinander und blickt über die Brillengläser hinweg sein Gegenüber an. "Was wollen Sie denn alles wissen?", fragt er sodann mit ernstem Blick.

Bis zuletzt hatte sich Lauffer etwas Staatsmännisches behalten. Die Autorität, die ihn umgab – sie verschwand nicht einfach, als er nach drei Amtszeiten im St. Georgener Rathaus den Schreibtisch räumte. Zurückzuführen ist sie vielleicht auf all das, was Lauffer erreicht hat. Denn er konnte zurecht von sich behaupten, über die Stadtgrenzen hinweg politisch Einfluss genommen zu haben.

Die Liste dessen, was Lauffer in seinen 24 Jahren als Bürgermeister von St. Georgen verwirklicht hat, ist lang. Zu Beginn seiner Amtszeit – im Jahr 1968 übernahm er in St. Georgen das Ruder – stand die erste Stadtkernsanierung an. Lauffer selbst, der sich gegen 15 Bewerber durchgesetzt hatte, residierte anfangs im Berggasthof, da das Rathaus bereits abgerissen war.

Die Umgestaltung der Innenstadt sollte gleichzeitig die erste große Herausforderung in seiner Karriere sein. Denn damals, das gab er rückblickend frei heraus zu, spielte er angesichts von Unstimmigkeiten bei der Vergabe der Sanierungsarbeiten mit dem Gedanken, zurückzutreten.

Krisenfestigkeitzahlt sich aus

Dass er diesen Schritt nicht vollzog, war ein Glücksfall für St. Georgen. Denn seine Krisenfestigkeit wurde in den kommenden Jahren benötigt – etwa, als die heutigen Stadtteile eingemeindet wurden, Dual in Konkurs ging oder das alte Krankenhaus kernsaniert wurde. Ersteres kommentierte Lauffer im Dezember 1996 rückblickend wie folgt: "Wir sind sicher nicht mit offenen Armen empfangen worden. Es gab harte Auseinandersetzungen."

Träger des Bundesverdienstkreuzes

Lauffer scheute Konflikte wie diese nicht. Im Gegenteil: Probleme zu lösen – das war für ihn einer der spannendsten Teile seiner Arbeit als St. Georgener Bürgermeister. Sich auf neue Situationen einzustellen, halte jung, erklärte er einst.

Dabei hielt der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande nicht nur auf kommunaler Ebene die Zügel in der Hand, sondern engagierte sich auch im Kreistag. Seit 1972 hatte er dort einen Sitz, war zusätzlich von 1978 bis 1994 Sprecher der CDU-Fraktion. Bis 1999 vertrat er im Gremium die Interessen der Bergstadt. Dass seine Kontakte auch bis nach Stuttgart und Berlin reichten, zeigte sich etwa, als St. Georgen dank ihm den Zuschlag für das Technologiezentrum erhielt.

Zeitlebens lag ihm nicht nur die Politik, sondern auch die Musik am Herzen. Er unterstützte Peter Dönneweg bei der Gründung der Jugendmusikschule und war lange Vorsitzender derselben. Er lernte selbst bereits als kleiner Junge das Klavierspielen. Bis ins hohe Alter traf er sich wöchentlich mit Dönneweg, um gemeinsam vierhändig zu musizieren.

Ein St. Georgen ohne Jugendmusikschule? Ohne Technologiezentrum? Heute unvorstellbar. Und doch würde die Bergstadt nicht nur an diesen Stellen im Jahr 2021 anders aussehen, hätte der gebürtige Schwenninger nicht über Jahrzehnte die kommunale Entwicklung vorangetrieben. Unter seiner Regie wurden etwa auch das Bildungszentrum, die Stadthalle und das Hallenbad gebaut.

Darüber hinaus engagierte sich Lauffer in zahlreichen Vereinen und setzte sich für die verschiedenen Nationalitäten der Stadt ein. So wurde er beispielsweise vom Centro Italiano aufgrund seines Einsatzes für eine Würdigung vorgeschlagen, die nicht jedem zuteil wird: Er erhielt das Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Italien.

Beinahe unmöglich ist es, in Vollständigkeit alle Ämter aufzuzählen, die Lauffer sowohl während seiner Zeit als Bürgermeister als auch danach auf allen möglichen Ebenen besetzte. Diese reichten vom Aufsichtsrat in der Baugenossenschaft Familienheim über den Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeindetages Baden-Württemberg bis hin zum DRK-Kreis- sowie Ortsverband. In Letzterem agierte er bis 2005 als Vorsitzender. Es war sein letztes Ehrenamt, das er nach 35 Jahren an der Spitze aufgab.

Rückhalt erfuhr er in all den Jahren von seiner Ehefrau Liselotte. Im Juli 2017 feierte das Ehepaar Diamantene Hochzeit. Sie haben zwei Kinder und drei Enkel.

Ein letzter großer Empfang im Rathaus

Obwohl sich der gebürtige Schwenninger in den vergangenen Jahren nur noch selten öffentlich zeigte, konnte man ihn privat beinahe täglich durch "seine Stadt" spazieren sehen. Als Ehrenbürger von St. Georgen – er war nach Emil Riemensperger erst der zweite Bergstädter, dem diese Würdigung zugesprochen wurde – hielt er sich so körperlich fit.

Der Rückzug aus allen Ämtern, ob privater oder beruflicher Natur – er sei ihm nur mit viel Willenskraft gelungen, erzählte er dem Schwarzwälder Boten anlässlich seines 90. Geburtstages.

Dass er in St. Georgen dennoch nie vergessen wurde, zeigte sich beim letzten großen Empfang im Rathaus, der ihm zu Ehren gegeben wurde. Unter den Rednern: der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel. Als dieser noch Bürgermeister von Spaichingen war, entstand zwischen Lauffer und ihm eine lange währende Freundschaft.

Als ihn der Schwarzwälder Bote in besagtem Sommer 2019 zum letzten Gespräch traf, blickte Lauffer auf seine Anfänge als Bürgermeister zurück. Er war in seinem Element. Da war er wieder, der Staatsmann, der politisch so viel in seinem Leben erreicht hatte. Der "die Nase immer ein Stück vorn hatte", wie es ein Weggefährte einmal ausdrückte. Im Interview mit unserer Zeitung stand er Rede und Antwort, mit ernstem Blick, besonnen und doch scharfsinnig. Anderthalb Jahre später, knapp zwei Monate vor seinem 93. Geburtstag, starb Günter Lauffer, einer der wohl größten Demokraten St. Georgens – ohne den die Bergstadt heute nicht das wäre, was sie ist.