Der entscheidende Passus des Entwurfs – die Hauptschule fehlt bei der Auflistung. Foto: StN

SPD-Kultusministerium leistet sich einen Fehler bei der Neufassung der Grundschulempfehlung.

Stuttgart - Eine alte Weisheit lautet: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. SPD-Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer hat dafür jetzt einen neuerlichen Beleg geliefert. Vor Wochen hatte sie die Neufassung des Schulgesetzes - wichtigstes Merkmal: die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung ab dem Schuljahr 2012/13 - durch die grün-rote Landesregierung absegnen lassen und in die sogenannte Anhörung gegeben. Am Freitag nun endete die sechswöchige Frist, in der Verbände ihre Anregungen zum Gesetz vorbringen konnten. Und siehe da, dem Bildungsministerium war ein peinlicher Fehler unterlaufen. Denn im Entwurf für die neue Grundschulempfehlung, die weiterhin von der Grundschule kommt, aber von den Eltern künftig korrigiert werden kann, hatten die Experten der Ministerin als "weiterführende Schule" zwar Werkrealschule, Realschule und Gymnasium aufgeführt, nicht aber die Hauptschule.

Wie aber konnte es dazu kommen, wo doch gerade die SPD zwar Gemeinschaftsschulen einführen will, aber Hauptschulen trotzdem erhalten möchte und es landesweit derzeit noch rund 500 Hauptschulen gibt. Selbst Bildungsexperten rieben sich deshalb über die fehlende Auflistung verwundert die Augen. Die Erklärung: Die Hauptschule sei in dem Formular "versehentlich vergessen" worden, räumte der Sprecher der Ministerin auf Nachfrage unserer Zeitung ein. Es habe sich "nur um einen Entwurf" für das Formblatt gehandelt. Und "natürlich" werde die Hauptschule als Wahlmöglichkeit ins endgültige Formular aufgenommen, wenn der Landtag noch in diesem Herbst das Schulgesetz absegnet.

So offen das SPD-Ministerium den Lapsus eingestehen musste, die CDU fühlt sich in ihrem Urteil über die Arbeit von Warminski-Leitheußer bestätigt. "Die Bildungspolitik gerät immer mehr zur Farce unter Grün-Rot", kritisiert CDU-Bildungsexperte Volker Schebesta. Es sei doch sehr verwunderlich, dass die Kultusministerin einen Gesetzesentwurf in die Anhörung gebe und dabei eine Schulart einfach vergessen werde. Dass Warminski-Leitheußer tags zuvor in der Regierungsbefragung im Landtag diesen Fehler nicht mal gekannt habe, mache die Sache noch schlimmer. "Wie will ein derart konfuses und chaotisch arbeitendes Ministerium unser erfolgreiches Bildungswesen weiterentwickeln?", so Schebesta.

Der Fall sei eine Steilvorlage für die CDU

In der grün-roten Landesregierung wurde der Vorfall mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Vor allem auf der Seite der Grünen ist man mit der Arbeit der SPD-Kultusministerin seit Wochen "nicht zufrieden", wie es ein Minister formuliert. Der Fall sei eine Steilvorlage für die CDU. In der Tat trifft sich die ehemalige Regierungspartei am Samstag zu einem mitgliederoffenen Landesparteitag in Stuttgart. Das einzige Thema: Bildung. "Rot-Grün verfolgt in teils blinder Ideologie eine planlose Bildungspolitik", betonte CDU-Landeschef Thomas Strobl im Vorfeld. Dabei hatte es auch in der CDU vor Wochen heftige Auseinandersetzungen gegeben, nachdem die frühere Landeskultusministerin und jetzige Bundesbildungsministerin Annette Schavan auf Bundesebene ein Papier mitverfasst hatte, das die Aufgabe des dreigliedrigen Schulsystems und damit auch das Ende der Hauptschule vorsah. Der Ärger über Schavan war immens, die Junge Union sprach gar von einer "bildungspolitischen Irrfahrt".

Inzwischen haben sich die Wogen etwas geglättet, dennoch erwarten Insider, dass sich Schavan in Stuttgart "manche Kritik wird anhören müssen", hieß es aus der Landespartei. Der CDU-Landtagsabgeordnete Karl-Wilhelm Röhm, selbst Oberstudiendirektor und Schulchef, hob erneut die Bedeutung der Hauptschule gerade im ländlichen Raum hervor. "Ich warne unsere Partei vor einem bildungspolitischen Selbstbetrug." Hauptschule sei nicht gleich Hauptschule. Statt über das Ende einzelner Schularten zu diskutieren, brauche man eine Debatte über die Wertigkeit von Abschlüssen und "ein Lernklima, "dass jungen Leuten das Vorankommen ermöglicht".