Der Räuber des Sommervogels wird von den Brüdern gefasst und für seine Tat bestraft. Foto: Archiv

Narrengericht: Grosselfinger Kulturverein steckt in den letzten Vorbereitungen / Mehr Mitspieler als 2015

Grosselfingen - Hanswürste, Bruderschaft, Geißelläufer und viele weitere Gruppen bereiten sich schon jetzt auf das Narrengericht vor. Der Rahmen, der sie alle zusammenhält: der Kulturverein. Dieser organisiert und plant, damit im Februar auch alles glatt läuft.

 

Geißelläufer üben sich in Peitschenhieben, während der Fanfarenzug lautstark im Alten Schulhaus musiziert. Und auch die Haushalte stehen nicht still: Hier und da treffen sich Eltern, um ihren Kindern Hüte für das große Spiel zu basteln. Die Straßen von Grosselfingen sind selten so belebt wie in der Vorbereitung auf das große, närrische Spektakel: das Narrengericht.

Tradition, Geschichte und der Erhalt des Originals: Das sind die obersten Werte des Grosselfinger Narrengerichts. Besonders die Tradition ist so unantastbar, dass nicht einmal eine Kleinigkeit am Spiel geändert werden darf.

Eine schwierige Aufgabe in Zeiten von sich verschärfenden gesetzlichen Regelungen, an die es sich zu halten gilt. "Wir wollten diesen weltlichen Rahmen schaffen und gleichzeitig eine zeitgemäße Rechtsform, darum haben wir den Kulturverein gegründet", erklärt Hubert Riester. Er ist der Vorsitzende des Vereins und kümmert sich mit den anderen Mitgliedern um die Organisation.

"Wir werden aber niemals in das Spiel eingreifen, das ist Sache der Bruderschaft", versichert Riester. Damit das Spiel allerdings reibungslos ablaufen und sich die Bruderschaft auf die Vorbereitung ihrer Gerichtsprozesse konzentrieren kann, gilt es einiges vorzubereiten.

Die Bewirtung

"Eine unserer Aufgaben ist, sich um die Verköstigung der Gäste zu kümmern", so Riester. Dazu werden in der ganzen Gemeinde sechs Bewirtungsstellen organisiert, an denen sich freiwillige Helfer um das leibliche Wohl der Besucher sorgen. Dafür müssen erst einmal Lieferanten gefunden, Bestellungen aufgegeben und die rund 40 freiwilligen Helfer eingeteilt werden, bevor die Bewirtungsstände aufgebaut werden können.

Die Einkleidung

Außerdem unterstützt der Kulturverein die Spielgruppen wo er kann und kümmert sich unter anderem um die Besorgung und Anschaffung der Uniformen. "Das Problem ist eben, das heute nicht mehr jeder eine Nähmaschine zuhause hat, da müssen wir alle zusammen helfen", so Riester.

Das Interesse wecken

Und auch wenn das Narrengericht gerade nicht wie in diesem Jahr unmittelbar vor der Türe steht hat der Verein einiges zu tun. "Wir müssen erst einmal das Interesse bei den potenziellen Mitspielern wecken." Das Spiel funktioniere nämlich nur dann in Zukunft reibungslos, so Riester, wenn auch jugendliche Mitspieler und "reigschmeckte" informiert und animiert werden mitzuspielen. "Wir hatten im vergangenen Jahr schon drei Informationsveranstaltungen genau zu diesem Zweck", schildert Riester. Und auch die Plakate, die der Verein angefertigt hat, sollen zur Information dienen. Außerdem werde neuen Mitgliedern durch die Unterstützung des Kulturvereins der Einstieg in das Narrengerichts erleichtert.

Und das scheint zu funktionieren: Bei dem Spiel Ende Februar sind es bereits zwischen 30 und 40 Mitspieler mehr, die beim alle vier Jahre stattfindenden Großereignis mitwirken, als bei der vergangenen Ausführung.

Eine Besonderheit momentan: Alle Mitglieder des Kulturvereins sind auch Mitspieler des Narrengerichts. "Das muss allerdings nicht so sein, wir nehmen auch sehr gerne Neue auf", erklärt Riester jedoch. Wichtig: Man muss in Grosselfingen wohnen, oder zumindest lange gewohnt haben und männlich muss man sein. Warum? "So lautet die Tradition", ist Riesters Antwort. Und die ist schließlich das oberste Gebot.

Die Schwierigkeit

Natürlich ist es nicht immer einfach ein Spiel mit 300 Beteiligten zu organisieren. "Aber das schwierigste ist der Spagat zwischen Tradition, die bewahrt werden muss und den gesetzlichen Vorgaben, die sich bei jedem Spiel ändern", nennt Riester eine weitere Hürde. Dennoch habe man es bisher immer geschafft. "Wir konnten alles nach unseren Wünschen durchführen und mussten auf nichts wegen der Vorgaben verzichten."

Das Ziel

"Der Kulturverein ist auf keinen Fall da für Werbung oder Kommerz. Im Gegenteil: Das wichtigste ist, die Tradition zu bewahren", stellt Riester klar. Und all die zeitintensive Vorbereitung dient letztendlich einem Zweck. "Wir wollen, dass das Narrengericht für Besucher und Mitspieler ein schönes Erlebnis ist. Dass auch Weggezogene Grosselfinger alle vier Jahre wieder zurück in ihre Heimat kommen und sich wegen des Narrengerichts auf ihre Wurzeln besinnen", ist Riesters Wunsch.

Und auch er kann es kaum erwarten: "Jedesmal wenn der Sommervogel davon fliegt, bekomme ich Gänsehaut. Dafür lohnt sich der Aufwand."

In der Art wie das Narrengericht am Sonntag und Donnerstag, 24. und 28. Februar, stattfindet, wird es seit 500 Jahren aufgeführt. In einer Serie stellt der Schwarzwälder Bote die Facetten dieses seltenen Ereignisses vor.