"Das ist im Sinne von Ingeborg Haug": Die Typisierungsaktion und das Benefizkonzert am Samstag finden statt. Foto: Rath

52-Jährige stirbt an. Blutkrebs Typisierungsaktion und Konzert am Samstag finden trotzdem statt.

Grosselfingen - Kollektive Trauer in Grosselfingen: Ingeborg Haug hat den Wettlauf gegen den Blutkrebs verloren. Die große Typisierungsaktion, die ihr den lebensrettenden Knochenmark-Spender hätten bringen sollen, findet trotzdem statt – für alle anderen Patienten.

Ingeborg Haug, Mutter, Tochter, Tante, Schwägerin und Krankenschwester, ist praktisch allgegenwärtig in der 2000-Einwohner-Gemeinde. An allen zentralen Stellen, Schaufenstern und an öffentlichen Gebäuden hängen Fotos mit dem Bild der 52-Jährigen, dazu der Aufruf, sich an der Typisierungsaktion zu beteiligen und das Benefizkonzert zu besuchen.

In der Nacht zum Samstag ist Ingeborg Haug gestorben, auf der Intensivstation der Klinik in Tübingen – genau eine Woche vor der Aktion, die die Grosselfinger eiligst auf die Beine gestellt haben. "Die Bestürzung im Ort ist groß, ich sehe überall betretene Gesichter", sagt Bürgermeister Franz Josef Möller.

Wohl selten hat eine menschliche Tragödie die Dorfgemeinschaft so bewegt wie diese – und über die Gemeindegrenzen hinaus. Das Schicksal hat es mit der Familie Haug, ein großer Verbund mit drei Generationen, zuletzt nicht gut gemeint. Ingeborg Haug war ihren Angehörigen Stütze in den schweren Stunden. Jetzt ist sie tot.

Die Todesnachricht hat auch den Kreis der 14 Organisatoren um den Gemeinderat und Musikvereins-Vorsitzenden Thomas Haug getroffen. Am Dienstagabend tagte der Zirkel noch einmal, um in Abstimmung mit der Familie das weitere Vorgehen zu besprechen. "Wir waren niedergeschlagen", sagt Thomas Haug, "obwohl uns bewusst war, dass genau das passieren kann". Die Typisierungsaktion soll am Samstag trotzdem stattfinden, ebenso das Benefiz-Rockkonzert. Zweifel daran habe es eigentlich nicht gegeben. "Auch die Familie ist der Auffassung, dass dadurch vielleicht jemand anderem geholfen werden kann", so Haug.

Rund 120 Helfer bietet die Dorfgemeinschaft am Samstag auf, jeweils 60 für die Typisierungsaktion in der Turnhalle und das anschließende Konzert auf dem Marktplatz. Mit dabei sind Freiwillige aller Vereine und Institutionen, ebenso von Gemeinde und Bauhof.

Die Tübinger Niederlassung der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) begrüßt es, dass die Aktion wie geplant über die Bühne geht, ebenso das Rockkonzert, das Erlöse für die Typisierungskosten bringen soll. Wie geht die Organisation mit der Entwicklung um? Es sei traurig, dass Ingeborg Haug nicht mehr lebe, so Aktionsleiterin Sabrina Krüger. "Aber wir können in vielen Fällen helfen, und darüber freuen wir uns." Sie hofft, dass deshalb trotzdem möglichst viele potenzielle Spender kommen. "Jeder Einzelne zählt", so Sabrina Krüger.

So sieht auch Bürgermeister Möller die Situation, den die Todesnachricht am Wochenende per SMS erreicht hatte. "Wir wussten, dass es ein Wettlauf gegen die Zeit ist", so Möller. Jetzt gelte es, nach vorne zu denken und anderen zu helfen. "Das ist auch im Sinne von Ingeborg Haug", so Franz Josef Möller, "das weiß ich ganz sicher".

- Die Typisierungsaktion ist am Samstag, 8. September, von 13 bis 18 Uhr in der Turnhalle. Das Benefizkonzert mit dem Titel "Rock for life" mit mehreren Bands und Bewirtung auf dem Marktplatz schließt sich direkt an.

Kommentar

Macht die Typisierungsaktion am Samstag noch Sinn? Ist es angesichts des Todes von Ingeborg Haug überhaupt angemessen, ein großes Rockkonzert über die Bühne zu bringen? Ja, uneingeschränkt. Die Suche nach so etwas wie einem genetischen Zwilling war ein Wettlauf gegen die Zeit mit geringen Siegchancen. Trotzdem haben Familie, Arbeitskollegen und die Grosselfinger nichts unversucht gelassen, um das Unmögliche doch noch möglich zu machen.

Vor dieser Leistung und so viel Anteilnahme kann man sich eigentlich nur verneigen. Das lässt auf eine starke Dorfgemeinschaft schließen, die den Einzelnen nicht im Stich lässt. Darauf kann Grosselfingen stolz sein. Viele Grosselfinger sollten zur Aktion und auch zum anschließenden Fest gehen. Es wäre ein versöhnlicher Abschluss, etwas Bleibendes – für die freiwilligen Helfer und für Ingeborg Haugs Familie.