Deutchland ist im Schnief-Modus: Derzeit bewegt sich die Rate akuter Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung weiter auf einem relativ hohen Niveau im Vergleich zu früheren Jahren. Foto: dpa/Philip Dulian

Winterwetter und viel Zeit in Innenräumen: Da haben Atemwegserreger leichtes Spiel. Während das Corona-Geschehen nachlässt, ist nun ein anderes Virus im Aufwind – RSV, das Respiratorische Synzytial-Virus.

Die Grippewelle in Deutschland wächst weiter an und betrifft mittlerweile alle Altersgruppen. Das berichtet das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen Wochenbericht zu akuten Atemwegserkrankungen vom Mittwoch. Im Bericht zuvor hatte es noch geheißen, an dem Virus erkrankten bisher vor allem Schulkinder und junge Erwachsene.

Hohe Zahl nicht erfasster Grippefälle

Insgesamt sind in Deutschland seit Saisonbeginn mehr als 30 000 im Labor bestätigte Grippefälle ans RKI gemeldet worden. Die Werte steigen derzeit von Woche zu Woche weiter, wie der neue Bericht zeigt. Dabei muss man allerdings bedenken: Bei Grippe ist von einer hohen Zahl nicht erfasster Fälle auszugehen. Unter den gemeldeten Patientinnen und Patienten befand sich ein recht hoher Anteil im Krankenhaus.

Auch in den Kliniken wird die Grippewelle spürbarer. Unter allen Menschen, die vorige Woche wegen einer schweren Atemwegserkrankung ins Krankenhaus kamen, habe der Anteil der Influenza-Diagnosen deutlich höher gelegen als in den Vorwochen, heißt es im RKI-Bericht.

RS-Virus ist derzeit hochaktiv

Der Name an sich ist schon ein Zungenbrecher: Respiratorisches Synzytial-Virus (englisch: Respiratory Syncytial Virus), abgekürzt RSV. Foto: Imago/Zoonar

Darüber hinaus sieht das RKI weiterhin eine hohe Aktivität des Atemwegserregers RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus). Corona sei hingegen seit Mitte Dezember kontinuierlich zurückgegangen, das zeigt sich auch in Abwasseruntersuchungen.

Insgesamt blieb die geschätzte Zahl der akuten Atemwegserkrankungen mit etwa 4,5 Millionen in Deutschland im Vergleich zur Woche davor stabil. Diese Angabe ist unabhängig von einem Arztbesuch.

Das RS-Virus ist weltweit verbreitet und löst vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern zum Teil schwere Erkrankungen der unteren Atemwege aus. Ein Überblick:

Symptome

Ein akuter Verlauf kann sich durch Atemwegserkrankungen wie einer Bronchiolitis oder Lungenentzündung mit Atemnot äußern. Foto: Imago/Pond5 Images

Die Symptome einer RSV-Infektion ähneln häufig denen einer Erkältung. Doch der Verlauf einer Infektion lässt sich kaum voraussagen. Eltern sollten deshalb aufmerksam bleiben, wenn ihr Baby oder Kleinkind erste Anzeichen für eine RSV-Infektion zeigt, wie etwa Husten, Schnupfen und Appetitlosigkeit.

Altersgruppen

RSV-Infektionen können in jedem Alter auftreten. Es trifft aber oft schon die Allerjüngsten. Bis zum zweiten Lebensjahr stecken sich nahezu alle Kinder an. Bei Säuglingen ist das Virus sogar die Hauptursache für eine Erkrankung der unteren Atemwege.

Übertragung

Eine RSV-Infektion kann unterschiedlich schwer verlaufen. Die Krankheitszeichen können einer leichten Infektion der oberen Luftwege entsprechen. Foto: Imago/Science Photo Library
  • Tröpfcheninfektion: RSV wird vor allem über Tröpfcheninfektion übertragen. Beim Niesen oder Husten kann eine infizierte Person Tröpfchen, die Viren enthalten, in die Luft versprühen. Eine andere Person kann sich anstecken, wenn diese virushaltigen Tröpfchen eingeatmet werden und auf die Schleimhäute der Atemwege in Nase, Mund und Rachen gelangen.
  • Schmierinfektion: Das RS-Virus kann auch durch eine Schmierinfektion über die Hand oder gemeinsam benutzte Gegenstände und Oberflächen weiterverbreitet werden. Eine Ansteckung ist möglich, wenn dann eine andere Person mit dem virushaltigem Sekret in Kontakt kommt und mit ungewaschenen Händen, Auge oder Nase berührt.

Dauer

Zwischen Ansteckung mit dem RS-Virus und Ausbruch der Erkrankung vergehen zwei bis acht Tage. Durchschnittlich sind es fünf Tage. Infizierte Personen können das Virus schon einen Tag nach der Ansteckung und vor dem Auftreten von Krankheitszeichen weiterverbreiten.

Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit beträgt in der Regel drei bis acht Tage. Frühgeborene, Neugeborene sowie Personen mit beeinträchtigtem Immunsystem können das Virus jedoch über mehrere Wochen, im Einzelfall sogar über Monate ausscheiden.

Verlauf

Erkrankungen durch das RS-Virus verlaufen meistens mild. Aber gerade bei kleinen Kindern und besonders anfälligen älteren Erwachsenen könne es auch einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf geben, sagt der Intensivmediziner Christian Karagiannidis.

Ein akuter Verlauf kann sich durch Atemwegserkrankungen wie einer Bronchiolitis oder Lungenentzündung mit Atemnot äußern, die zu einer Krankenhauseinweisung führen können.

Auch gesunde Kinder können von schweren Verläufen betroffen sein. In der Regel haben bis zum Ende des zweiten Lebensjahres alle Kinder eine erste Infektion mit dem Virus durchgemacht. Im Laufe des weiteren Lebens kann man sich öfter mit RSV infizieren.

Symptome

Ein am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) erkrankter kleiner Patient liegt auf einer Kinderstation eines Klinkums in einem Krankenbett. Foto: Foto: dpa/Marijan Murat

Kinder bekommen bei einer RSV-Infektion meist zuerst eine laufende Nase und verlieren den Appetit. Der Rachen kann entzündet sein. „Husten und Niesen folgen, und häufig tritt Fieber auf“, schreibt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. In der Folge seien zum Beispiel Lungenentzündungen möglich. Bei schwerem Verlauf könne eine Beatmung nötig sein.

Eine RSV-Infektion kann unterschiedlich schwer verlaufen. Die Krankheitszeichen können einer leichten Infektion der oberen Luftwege entsprechen. Die Erkrankung kann jedoch auch so schwer sein, dass eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich wird. Tödliche Verläufe sind in seltenen Fällen möglich.

Risikogruppen

Als Risikogruppen für schwere Verläufe gelten bei RSV Frühgeborene, Kinder mit Lungen-Vorerkrankung oder mit Herzfehler, Erwachsene über 65 und Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem. Grundsätzlich kann man in jedem Alter daran erkranken und sich wiederholt infizieren.

Impfstoff

RS-Virus unter dem Elektronenmikroskop. Foto: Imago/BSIP

Im Sommer wurden in der Europäischen Union zwei RSV-Impfstoffe zugelassen. Die Ständige Impfkommission hat allerdings bisher keine Empfehlung zu deren Einsatz ausgesprochen. Die Erstattung der Kosten hängt damit zunächst von der Krankenkasse ab. Die neuen Impfstoffe sind für Menschen ab 60 gedacht, einer von ihnen außerdem für Schwangere zum Schutz des Säuglings in den ersten Lebensmonaten.

RSV-Welle

Im Herbst und Winter 2022 hatte es in vielen Ländern eine heftige RSV-Welle gegeben. Betroffen waren viele Kinder, die wegen der Corona-Pandemie und den dagegen getroffenen Maßnahmen zuvor keinen Kontakt zu dem Erreger hatten. Kliniken und Kinderarztpraxen waren zeitweise überlastet. Für diesen Winter haben Fachleute nun wieder eine normalere Welle erwartet.

Verhalten

Erkrankte sollten möglichst zu Hause bleiben und insbesondere Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Krabbelgruppen nicht besuchen. Vor allem der Kontakt zu besonders gefährdeten Risikopersonen sollte vermieden werden. Kranke Kinder sollten nicht von den Großeltern betreut werden.

Hygiene

  • Wer hustet oder niest, sollte sich abwenden und ein Einweg-Taschentuch benutzen oder Nase und Mund mit der Armbeuge bedecken.
  • Die Hände sollten regelmäßig gewaschen werden.
  • Häufig benutzte Gegenstände wie Türklinken oder Kinderspielzeug sollten gründlich gereinigt werden.
  • Eine wirksame ursächliche Behandlung einer RSV-Infektion steht nicht zur Verfügung. Nur die Krankheitszeichen können behandelt werden. Antibiotika, die gegen Bakterien gerichtet sind, helfen gegen die Viren nicht.
  • Wichtig ist es, viel zu trinken.
  • Um die Nasenatmung zu erleichtern, können eine vorsichtige Reinigung der Nase, Sprays oder Tropfen mit Salzwasser hilfreich sein.

Info: Grippe-Impfung

Grippewelle
Jedes Jahr erkranken tausende Menschen an der Influenza, die sich in ihrem Verlauf und ihren Folgen wesentlich von einer normalen Erkältung unterscheidet.

Wann beginnt die jährliche Grippewelle?
Die Grippewelle erreicht ihren Höhepunkt in der Regel rund um den Jahreswechsel. Die Monate Oktober und November sind dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin zufolge die beste Zeit für die Immunisierung gegen das Virus. Dann kann sich der Impfschutz optimal im Körper aufbauen, bevor die Hauptgrippezeit beginnt.

Wie lange die Immunisierung?
Nach der Impfung dauert es rund zehn bis 14 Tage, bis der Körper einen ausreichenden Schutz vor einer Ansteckung aufgebaut hat. Auch eine spätere Impfung zu Beginn des Jahres ist meist noch sinnvoll, insbesondere dann, wenn die Grippewelle noch nicht eingesetzt oder gerade erst begonnen hat.

Senkt eine Impfung das Risiko für schwere Verläufe?
Ja. Bei der Abwägung von Für und Wider einbeziehen sollte man auch die Tatsache, dass die Impfung das Risiko eines schweren Grippeverlaufs im Fall einer Ansteckung senkt – so wie es bei den Impfstoffen gegen Covid-19 der Fall ist. Außerdem reduziert man durch die Influenza-Impfung auch das Risiko, andere Menschen anzustecken. Deshalb wird sie etwa Menschen empfohlen, die mit Risikopersonen zusammenleben.

Kann man sich gleichzeitig gegen Grippe und Corona impfen lassen?
Nur einmal den Weg in die Arztpraxis auf sich nehmen und sich gleichzeitig den Schutz gegen Grippe und Corona abholen? Das ist laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) möglich.

Wie hoch ist die Wirksamkeit von Grippe-Impfstoffen?
Das kann saisonal sehr unterschiedlich sein. Die Zusammensetzung des Impfstoffes wird zwar jährlich aktualisiert. Es sei trotzdem möglich, dass in der folgenden Saison Influenzaviren nicht so gut mit den im Impfstoff enthaltenden Virusstämmen übereinstimmten, heißt es beim RKI. Grund sei zum Beispiel, dass sich während der Produktionszeit des Vakzins andere Stämme durchgesetzt hätten. Bei einer sehr guten Übereinstimmung der zirkulierenden Influenzaviren mit dem Impfstoff wurde bei jungen Erwachsenen laut RKI eine Schutzwirkung von bis zu 80 Prozent beobachtet. Ältere Menschen haben beim Grippeimpfstoff oft eine reduzierte Immunantwort. Dennoch könne sich auch ihr Risiko, an Influenza zu erkranken, durch die Impfung im Durchschnitt etwa halbieren, heißt es beim RKI.