Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Foto: EPA

Wolfgang Schäuble hat deutliche Worte Richtung Griechenland gesandt: Dem Antrag aus Athen fehle es an Substanz. Kanzlerin Merkel teilt zwar die Einschätzung ihres Finanzministers, schlägt aber moderatere Töne an.

Berlin - Nach der harschen Ablehnung des Athen-Antrags durch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bemüht sich Berlin, die Wogen zu glätten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) machte vor dem mit Spannung erwarteten Treffen der Euro-Finanzminister am Freitagnachmittag in Brüssel deutlich, dass sie Schäubles Einschätzung teilt, der Brief des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis habe zu wenig Substanz und erfülle nicht die Kriterien für die beantragte sechsmonatige Verlängerung der Hilfen.

Merkel bewerte das Schreiben aber durchaus als „gutes Signal“ und Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen mit Athen, wie Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin erklärte. Pläne für einen EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zu Griechenland in der nächsten Woche gebe es derzeit nicht: „Wir werden erst mal abwarten, was sich von Tag zu Tag ergibt“, sagte Wirtz.

Merkel nimmt Athen in die Pflicht

Allerdings fordert auch die Kanzlerin Nachbesserungen von Athen: „Es bedarf noch erheblicher Verbesserungen bei der Substanz dessen, was da beraten wird“, sagte Merkel nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten François Hollande am Freitag in Paris. Dies sei auch wichtig dafür, dass der Bundestag in der kommenden Woche über das Thema abstimmen könnte.

Mit dem Treffen der Euro-Finanzminister am Freitag müsse „eine intensive Phase der Arbeit“ beginnen, sagte die Kanzlerin. Es gehe darum, substanziell zu klären, was eine Verlängerung des Griechenland-Programms bedeute. Merkel bekräftigte, die Politik Deutschlands sei darauf ausgerichtet, dass Griechenland im Euroraum bleibe: „Wir werden alles versuchen, um diesen Weg auch fortzusetzen.“

Schäuble hatte am Donnerstag den Varoufakis-Brief als eine Art Täuschungsmanöver der Griechen vom Tisch gewischt. Daraufhin beschwerte sich Athens Regierungschef Alexis Tsipras persönlich bei Merkel in einem 50-minütigen Telefongespräch. Die Kanzlerin ließ nun erklären, der Brief habe immerhin deutlich gemacht, „dass Griechenland weiter an Hilfen aus Europa interessiert ist“.

Kritik an Schäuble aus dem In- und Ausland

Die Kritik im In- und Ausland an Schäuble, er habe zu rasch, zu brüsk und im Alleingang sein „Nein“ verkündet, wies die Regierung zurück. „Der Bundesfinanzminister macht einen großartigen Job“, meinte Wirtz. SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte am Donnerstag in einer ersten Reaktion Schäubles Vorpreschen kritisiert.

Eine Schäuble-Sprecherin betonte, der Antrag sei intensiv geprüft und nicht binnen fünf Minuten zurückgewiesen worden. Im Kreis der Staatssekretäre der Euro-Länder sei ebenso festgestellt worden, dass die Angebote und Zusagen aus Athen nicht die Kriterien für eine Programmverlängerung erfüllten.

Sollten die Finanzminister in Brüssel eine Lösung finden, könnte sich nach Ansicht des Schäuble-Ministeriums der Bundestag in der nächste Woche mit den Hellas-Hilfen befassen. Das Parlament muss einer Verlängerung zustimmen. In den Reihen der großen Koalition aus Union und SPD, die eine 80-Prozent-Mehrheit im Bundestag hat, regt sich erheblicher Unmut über Athen. Das Griechenland-Risiko der deutschen Steuerzahler liegt bei bis zu 70 Milliarden Euro.