Ein Gedenkstein erinnert an die Ermordete Foto: dpa

Eine 25-Jährige stirbt einen schrecklichen Tod. Jahrzehntelang bleibt der Täter unentdeckt. Bis er es nicht mehr aushält. War es Mord oder Totschlag? Bei letzterem käme der Täter auf freien Fuß.

Karlsruhe - Im Prozess um den Tod einer italienischen Eisverkäuferin in Karlsruhe vor fast 30 Jahren hat die Anklage eine Verurteilung wegen Mordes gefordert. Die Staatsanwaltschaft sprach am Donnerstag von einer „extremen Schwere der Schuld“, plädierte aber auf eine sechsjährige Haft nach Jugendstrafrecht. Der Angeklagte war 20 Jahre alt, als er die Frau tötete. Vertreter der Familie des Opfers wollen den Täter mindestens sechs Jahre hinter Gitter sehen. Aus Sicht der Verteidigung muss der Mann freigesprochen werden. Das Landgericht verkündet an diesem Freitag (9.00 Uhr) sein Urteil.

Der heute 48-Jährige hatte die 25-jährige Antonella B. am 21. Juni 1987 im Karlsruher Hardtwald getötet (Az.: 7 KLs 301 Js 6136/15 Hw.). Der Täter blieb über drei Jahrzehnte unentdeckt - bis sich der in der Schweiz lebende Mann im Februar den Basler Behörden mit den Worten stellte: „Ich habe sie mit meinen Händen erwürgt und ihr einen Holzpflock in den Mund geschoben.“

Der Angeklagte war sexuell gestört

Die Anklage, die zunächst davon ausgegangen war, dass die Frau bei den schweren Misshandlungen noch lebte, zeigte sich nach Gutachteraussagen im Prozess überzeugt: „Sie musste wohl nicht sehr lange leiden.“ Die sexuelle Motivation der Tat stehe aber fest: „Er hat sie auch entjungfert.“

Der Angeklagte war damals 20 Jahre alt, hatte laut Staatsanwalt eine „extrem schwere Jugend erlebt“ und war sexuell gestört. Er habe große Schuld auf sich geladen und müsse wegen Mordes verurteilt werden. „Aber er ist nicht das Monster, das man hätte vermuten können.“

Die Verteidigung sieht keine Mordabsichten

Sein Verteidiger sah hingegen keine Mordabsichten. Da Totschlag - im Gegensatz zu Mord - nach 20 Jahren verjährt, plädierte er auf Freispruch. Der Haftbefehl müsse aufgehoben, der Mann für die Untersuchungshaft entschädigt werden. Der minderbegabte Angeklagte ohne Schulabschluss habe die Tat über Jahre verdrängt. „Zehn Jahre hat es geklappt, dann konnte er es nicht mehr aushalten.“ Nur nur durch das Geständnis sei das Verbrechen aufgeklärt worden.

Der Angeklagte, der den Augenkontakt mit den Angehörigen des Opfers mied, entschuldigte sich: „Es tut mit leid, was ich getan habe. Es tut mir auch leid für die Familie.“

Was die durchgemacht hat, deutete ihr Anwalt an: Die behütet aufgewachsene Antonella war gerade mal sechs Wochen von zu Hause weg, als das Verbrechen geschah. Neben dem unermesslichen Leid gab es auch Verdächtigungen und Selbstvorwürfe. Die Reue nehmen die Angehörigen dem Täter nicht ab.