Rund 100 Besucher kamen zur Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema "Nahwärme und Glasfasernetz in Glatten?!" in die Glatttalhalle. Fotos: Ade Foto: Schwarzwälder Bote

Infoabend: Was aber meinen Glattens Bürger zu Nahwärme und Glasfaser? / Fragebogenaktion startet

"Wir sind davon überzeugt, dass wir unsere Bevölkerung mit den Themen Energiewende und Digitalisierung nicht alleine lassen dürfen", sagte Bürgermeister Tore-Derek Pfeifer zum Auftakt des Bürgerinformationsabends "Nahwärme und Glasfasernetz in Glatten?!".

Glatten. In Glatten sollen ein Nahwärme- und ein Breitbandnetz auf den Weg gebracht werden. Deshalb starteten jüngst im Rahmen eines energetischen Quartierskonzepts die Untersuchungen durch die Freiburger Firma Endura Kommunal bezüglich der Machbarkeit (wir berichteten). Deren Geschäftsführer Rolf Pfeifer stellte bei der Bürgerversammlung die Vorgehensweise zusammen mit der verantwortlichen Projektleiterin Lena Klietz vor.

Rund 100 Besucher, die in die Glatttalhalle gekommen waren, bekamen Informationen zu Nahwärme, Elektromobilität und Glasfasernetz. Im Vorfeld hatten einige Interessierte die Möglichkeit genutzt, mit Elektroautos zu fahren – mehrere Wagen standen vor der Halle bereit. Zudem zog eine ferngesteuerte Drohne ihre Kreise über Glatten und zeigte per Videokamera am Bildschirm vor der Halle die Umgebung.

Rolf Pfeifer erläuterte eingangs die Motivation seines Unternehmens in Sachen Klimawandel. Ziel für Glatten sei es, eine technische und vor allem wirtschaftliche Lösung für ein Nahwärmenetz zu ermitteln. Dabei sollen Gebäudeeigentümern zukunftsfähige und wirtschaftliche Möglichkeiten aufgezeigt werden. Ebenso mit einbezogen ist die Bedarfsermittlung eines E-Ladesäulen-Netzes.

Wichtigste Frage werde letztlich sein, ob die Bürger Interesse an diesen Themen haben, so Bürgermeister Pfeifer, der Glatten zukunftsfähig machen will. Die Verbindung mehrerer kommunaler Gebäude im Ort, der Neubau der Seniorenanlage in der Ortsmitte, überwiegend ölbetriebene Heizungen und auch die Expansion der Firma Schmalz mit bestehender Hackschnitzel-Heizzentrale fließen in die Machbarkeitsstudie ein. Wichtig für die Aussagekräftigkeit der Studie ist vor allem der vierseitige Fragebogen, der Mitte der Woche an die Gebäudeeigentümer geht. Diesen stellte Projektleiterin Lena Klietz vor.

Einen Kurzvortrag zum Thema Glasfasernetz hielt Peter Falkenstein-Seiffert von der Firma Rala, die das Backbone-Netz für den Kreis Freudenstadt plant und diesen in einer Strukturplanung – auch für Glatten – erfasste. "Egal, welche Übertragungsbandbreite auch kommt, dem Glasfasernetz geht nicht die Puste aus", ist er überzeugt. Es sei eine Win-win-Situation, falls Glasfaserkabel und Nahwärmeleitungen zusammen verlegt werden könnten, denn 69 Prozent der Glasfaser-Ausbaukosten entstünden durch Tiefbauarbeiten.

Siegfried Neub, Vorstand der Energiegenossenschaft Weiler Wärme, die im zehnten Jahr in Pfalzgrafenweiler erfolgreich tätig ist, berichtete aus der Praxis und unterstrich: "Nahwärme ist Wärme ›all inclusive‹." Und so sprach Neub auch neu dazugekommene Geschäftsfelder wie Strom, Elektromobilität und Telekommunikation an.

"Mit einem Quäntchen Neid, aber vor allem großer Bewunderung verfolge ich seit vielen Jahren die positive Entwicklung der Weiler Wärme", gab Bürgermeister Pfeifer zu. Sein Traum sei ein genossenschaftliches Modell in Form einer Bürgerenergiegenossenschaft auch für Glatten.

Die Weiler Wärme werde nun von fast 900 Mitgliedern getragen, so Neub. Heute ersetze man über zwei Millionen Liter Heizöl jährlich. "Wer ehrlich rechnet, kommt zum Schluss, dass Nahwärme günstiger ist", so Neub.

Bei der anschließenden Fragerunde war vor allem Siegfried Neub gefragt – und zwar etwa so: "Was machen Sie im Winter bei Minusgraden, friert da Pfalzgrafenweiler?" Bisher habe es keine großen Versorgungsengpässe gegeben, entgegnete Neub: "Es funktioniert." Mittlerweile habe man neben den beiden Holzheizkraftwerken 15 weitere dezentrale Kraftwerke verschiedener Art aufgebaut.

Auf die Frage, woher das Holz komme, antwortete er, dass die Beschaffung anfangs das zentrale Thema gewesen sei. Man verbrenne mittlerweile 120 000 Kubikmeter Hackschnitzel aus naturbelassenem Holz, das überwiegend aus Waldrestholz und Pflegeschnitt stamme. Am Markt sei viel mehr verfügbar, als man brauche, der Holznachschub sei gesichert, so Neub. 95 Prozent des Holzes kämen mittlerweile aus einem Umkreis von 25 bis 30 Kilometern.

Den Wärmeverlust bei Fernwärme bezifferte Neub auf etwa ein Prozent pro Kilometer. Auch betonte er: "Wir hatten es nicht so gut wie hier in Glatten – unser Bürgermeister war anfangs nicht so dafür, wir mussten drum kämpfen."

Zur Frage nach der Heizmöglichkeit sagte Endura-Chef Rolf Pfeifer, dass auch in Glatten Hackschnitzel vorstellbar wären. Als Spezialität für Glatten sieht er den großen Abwassersammler im Ort als "hochinteressante Wärmequelle zur Unterstützung".

Die Bürgerversammlung klang mit einem Ständerling und Gesprächen in kleinen Runden aus. Bei einer weiteren Versammlung werden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorgestellt.