Der Vorschlag des Gesundheitsministers, homöopathische Präparate aus dem Leistungskatalog zu streichen, findet nur wenig Anklang – selbst in den Reihen seiner Partei nicht.
Dass er Streit aus dem Wege geht, kann man Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht nachsagen. Mitten im Ringen um das Finanzierungsgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eröffnete er in der vergangenen Woche beiläufig in einem Interview einen neuen Kampfplatz: Er möchte nicht länger akzeptieren, dass die Krankenkassen homöopathische Behandlungen finanzieren.
Das können sie bislang im Zuge von Satzungsleistungen. Die geben den Kassen außerhalb des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung Spielraum bei freiwilligen Leistungen. Manche nutzen das zugunsten der Homöopathie. Doch nach Lauterbach hat die Homöopathie „in einer wissenschaftsbasierten Gesundheitspolitik keinen Platz". Deshalb wolle er prüfen, „ob die Homöopathie als Satzungsleistung gestrichen werden kann“.
Beifall von der FDP
Das hat ihm nun den Beifall der FDP eingebracht. „Ich teile die Sicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, dass Gesundheitspolitik immer auf der Basis evidenzbasierter Wissenschaftlichkeit betrieben werden muss“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Andrew Ullmann. Homöopathie habe „keine Theorie oder Methode, die über den Placebo-Effekt hinaus wissenschaftlich belegbar wirksam“ sei, sagte Ullmann, selbst Arzt und Universitätsprofessor für Infektiologie.
Bei den Grünen allerdings hat die Homöopathie Fürsprecher, vor allem im Südwesten mit seiner anthroposophischen Tradition. Der grüne baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha hat jüngst schon kritisiert, dass die Landesärztekammer die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ aus ihrer Weiterbildungsordnung streichen will.
Auch Lauterbachs eigene Partei, die SDP, tut sich schwer. Martine Stamm-Fibich, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, wollte sich gegenüber unserer Zeitung nicht dazu äußern. Gesundheitsexpertin Heike Baehrens (Göppingen) deutete Distanz zum Lauterbach-Plan an: „Viele Menschen bringen der Homöopathie in Ergänzung zu den schulmedizinischen Therapien Wertschätzung entgegen und haben gute Erfahrungen damit gemacht.“ Zudem seien die finanziellen Folgen einer Streichung gering.
GKV-Ausgaben für Homöopathie 2021 bei rund sieben Millionen Euro
Nach Angaben des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung betrugen die GKV-Ausgaben für homöopathische Arzneimittel 2021 nur rund sieben Millionen Euro, das entspricht einem Anteil am GKV-Bruttoumsatz von rund 0,01 Prozent. Für die Kassen können Angebote für Homöopathie-affine Patienten aber attraktiv sein, weil diese Klientel oft achtsamer mit ihrer Gesundheit sind. Im Jahr 2020 gab etwa die AOK Baden-Württemberg nach eigenen Angaben 696 000 Euro für Homöopathika aus. Bezogen auf die mehr als 4,5 Millionen Versicherten liegen die Jahresausgaben nach AOK-Angaben bei 15 Cent pro Kopf, die Ausgaben für Arzneimittel beliefen sich 2020 auf 2,4 Milliarden Euro. Der Anteil der homöopathischen Präparate an diesen Kosten liegt bei rund 0,03 Prozent der Arzneimittelkosten. 2020 nahmen 30 800 Versicherte eine Leistung im Bereich Homöopathie in Anspruch.
Hersteller sind ablehnend
Die Hersteller, viele davon in Baden-Württemberg beheimatet, sind wenig begeistert: „Ob Versicherte die Kosten für ärztlich verordnete homöopathische Arzneimittel im Rahmen von Satzungsleistungen erstattet bekommen, sollten ausschließlich die einzelnen Krankenkassen entscheiden“, sagte Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller. Homöopathie sei eine „patientenzentrierte Medizin, in der die Individualität der Patienten und die Erfahrung der Ärzte eine sehr wichtige Rolle spielen“.
Derweil verfolgt die Opposition die Debatte aus der Distanz. „Ich glaube erst, dass der Minister das hinbekommt, wenn es im Gesetzblatt steht“, sagt der CSU-Gesundheitsexperte Stephan.