Bei einer historischen Ortsführung in Sindlingen präsentierte Judith Bruckner den rund 30 Teilnehmern zahlreiche Informationen. Foto: Priestersbach

Drei historische Ortsführungen und ein Museumsbesuch mit Judith Bruckner bildeten den Beitrag der Volkshochschule zum Gemeindejubiläum 50 Jahre Jettingen. Der krönende Schlusspunkt wurde am Samstag mit einer Führung durch den kleinsten Ortsteil Sindlingen gesetzt – der allerdings ausgesprochen geschichtsträchtig ist.

Jettingen - "Sindlingen zieht immer", stellte Bürgermeister Hans Michael Burkhardt angesichts der 30 Teilnehmer fest. Aber auch Petrus hatte rechtzeitig zu Beginn der Ortsführung seine Schleusen geschlossen- So waren die Schirme nicht mehr nötig.

Dass der Regen "just in time" aufgehört hatte, wertete die Jettinger Volkshochschulleiterin Sabine Protschka als gutes Zeichen. Sie nutzte die Gelegenheit, Judith Brukner dafür zu danken, dass "die Teilnehmer der Führungen tief in die Geschichte der Ort eintauchen konnten".

"Ich habe so eine Fülle an Informationen", stellte Judith Bruckner zu Beginn der Ortsführung fest – und in der Tat: Der kleinste Jettinger Teilort, im elften Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, hat geschichtlich einiges zu bieten.

Immerhin sind mit Franziska von Hohenheim und Johann Michael Hahn zwei klangvolle Namen untrennbar mit Sindlingen verbunden, aber auch das vermutlich im 15. oder 16. Jahrhundert errichtete Wasserschloss mit Graben ist ausgesprochen geschichtsträchtig.

Theosoph Johann Michael Hahn

Der Startschuss für die Führung fiel auf dem Sindlinger Friedhof, wo neben den Grabsteinen etlicher Domänenpächter auch der Theosoph Johann Michael Hahn seine letzte Ruhestätte fand. Judith Bruckner bezeichnete ihn als "Mann mit religiösen Visionen", der den Kirchen und dem Pietismus kritisch gegenüberstand. Der gebürtige Altdorfer Johann Michael Hahn hatte in Oberjettingen eine Uhrenmacherlehre absolviert und lebte ab 1794 als Bauer in Sindlingen, wo er unter dem Schutz der Herzogin Franziska von Hohenheim stand, nachdem der Gründer der Hahn’schen Gemeinschaft von der Landeskirche wegen seiner Anschauungen verfolgt wurde.

Vorbei ging es anschließend an einigen Ende des 17. Jahrhunderts errichteten Fachwerkgebäuden in der Schlossstraße – darunter auch dem ehemaligen Wasch- und Backhaus mit Mostkeller, das von privater Hand renoviert wurde.

Herz für Gott und Menschen

Nächste Station bildete die Sindlinger Mauritiuskirche, deren Ursprünge in das 13. Jahrhundert zurückreichen. In der württembergischen schlichten Dorfkirche sticht sofort eine Marmorbüste von Franziska von Hohenheim ins Auge – mit der Inschrift "Ihr Herz schlug für Gott und Menschen". In der Geschichte des Herzogtums Württemberg wurde sie berühmt als Mätresse und spätere Ehefrau des Herzogs Carl Eugen von Württemberg. Dank ihrer Wohltätigkeit und ihres mäßigenden Einflusses auf den Herzog wurde sie schon zu Lebzeiten als "Guter Engel Württembergs" bezeichnet. So gelang es ihr, den unberechenbaren und prunksüchtigen Herzog zu einem fürsorglichen Landesvater umzuerziehen. In Sindlingen förderte sie unter anderem den Schulbetrieb durch den Kauf von Büchern.

In der Geschichte Sindlingens gab es etliche Besitzerwechsel und zahlreiche Pächter. Die einstige Sommerresidenz der Herzogin und landwirtschaftliche Domäne des Hauses Württemberg, das Sindlinger Schloss, wird seit vielen Jahren von der Familie Pape als Reitschule mit Hotel und Gaststätte betrieben.