Kurt Bildstein vor dem Motiv Farbsinfonien bei einer Ausstellung im Rathaus 2018 Foto: Birkle

Kurt Bildstein feiert am heutigen Samstag seinen 95. Geburtstag. In seinem Leben hat er viele Entwicklungen erlebt. So dürfte er nicht nur Ettenheims bekanntester Maler sein. Er war auch Gemeinderat und ist ein Zeitzeuge deutscher Geschichte.

Bildstein ist Zeitzeuge fast eines Jahrhunderts, so erlebte er noch Teile der Weimarer Republik, die Ernennung von Hindenburg zum Reichspräsidenten und 1933 die Machtergreifung durch Hitler, zu der seine Mutter damals schon sagte: „Der will den Krieg“.

Bildstein wurde am 19. August 1928 in Konstanz geboren und ist in Waldshut aufgewachsen. Als 1939 sein Vater nach Ettenheim versetzt wurde, hat er, elf Jahre alt, in Ettenheim eine neue Heimat gefunden, die ihn, auch aus der Zeit heraus besonders prägte. Dort wurde er durch die Pflicht als Mitglied der Hitlerjugend auch vor persönliche Entscheidungen gestellt, die er, dem Rat seines Vaters folgend – „Gehe nie in die SS“ – klar entschied. Für Bildstein war die Jugendzeit durch den heute kaum vorstellbaren Zwang zur Hitlerjugend mit allen Folgen der geistigen Infiltration geprägt.

Im Januar 1945 musste er einrücken und kam in die französische Kriegsgefangenschaft. Aus dieser wurde er nach wenigen Monaten wieder entlassen.

Wieder zu Hause in Ettenheim beendete Kurt Bildstein das Gymnasium und begann in Offenburg seine Ausbildung als Maler mit Fortbildung zum Restaurator. Neben der beruflichen Ausbildung war er auch künstlerisch aktiv und wurde aufgrund seiner vorgelegten Arbeitsmappe 1950 als Studierender an der „Staatlichen Akademie für Kunst Freiburg“ zugelassen. Er studierte bei den Professoren Wittmer, Meyer, Dischinger und Strübe, der ihn ob seines Talents als Maler besonders förderte.

Als Gemeinderat viel für Ettenheim bewirkt

Im Jahre 1951 wurde Kurt Bildstein als erster und einziger noch studierender Künstler von Staatspräsident Leo Wohleb mit dem „Hans-Thoma-Preis“ (heute Staatspreis von Baden-Württemberg) ausgezeichnet. Noch während seines Kunststudiums heiratete er die Ettenheimerin Margarete Mehr, die nach 67 Jahren Ehe verstarb. Dem Ehepaar wurden Sohn Martin und Tochter Doris geschenkt. Kurt Bildstein, war zunächst zwei Jahre, von 1954 bis 1956, als freischaffender Kunstmaler in Ettenheim tätig, seine weitere berufliche Fortbildung erfolgte durch den Besuch von Abendkursen.

Mit der 1956 erfolgten Gründung eines eigenen Handwerk-Meisterbetriebes als Maler sowie kunstgewerblichen Arbeiten für Restaurierungen endete seine aktive Zeit als Kunstmaler, bis er im Jahre 1987 den Betrieb seinem Sohn Martin übergab.

Während der beruflichen sehr aktiven Zeit, auch mit hochwertigen Aufträgen im In- und Ausland, insbesondere in Zusammenarbeit mit der Firma Dietler in Freiburg, aber auch im Europa-Park im Barocktheater „Commedia dell‘ Arte “ und dem Hotel „Villa Medici Hassler“ an der Spanischen Treppe in Rom hat Bildstein hervorragende Arbeiten verwirklicht.

Verdienstmedaille der Stadt Ettenheim bekommen

Als Gemeinderat (1962 bis 1975) der CDU und lange Zeit deren Fraktionsvorsitzender hat er entscheidende Weichen für die Zukunft der Stadt gestellt. „Ettenheim war bitterarm und musste seine Aufgaben mit einem Haushalt von 900 000 DM bewältigen, keine leichte Aufgabe“, so Bildstein. Dabei waren ihm der Denkmalschutz und die Entwicklung der Innenstadt ebenso ein wichtiges Anliegen, wie die Zukunftsgestaltung des Gemeinwesens, so auch der Bau der Grund- und Hauptschule (heutiges Bildungszentrum) auf dem Gelände des damaligen Sportplatzes, den bereits der Landkreis Lahr gekauft hatte, um dort eine Landwirtschaftliche Berufsschule zu errichten. „Kurt Bildstein“, so Bürgermeister Bruno Metz, der ihm beim Neujahrsempfang 2018 die Verdienstmedaille der Stadt Ettenheim verlieh, „hat in Ettenheim unauslöschliche Spuren hinterlassen.“ Sei es als treibende Kraft für den Arbeitskreis Altstadt, im Historischen Verein und als örtlicher Beauftragter des Denkmalamts.

Nach Betriebsübergabe ging’s zurück zur Kunst

Nach der Übergabe seines Betriebs an seinen Sohn Martin konnte sich Kurt Bildstein ab 1987 nun im dritten Lebensabschnitt wieder der freien Kunst widmen. Wie eine Befreiung brach es nun aus ihm heraus, was lange Jahre im Stillen, im Bewusstem und Unbewusstem gereift hatte. Er eroberte sich die freie Form, Farben und Materialien der informellen Malerei. Eindrucksvoll ist die lange Liste seiner Ausstellungen. Zusammen mit Chodja Sediq hatte er die frühere Ettenheimer Maschinenfabrik am Oberen Tor gekauft und als Werkstätte für seinen Betrieb wie auch Ateliers für sich und für Chodja Sediq eingerichtet, die auch heute noch Refugium der jeweiligen künstlerischen Tätigkeit sind. „Die Malerei als Kultur- oder Sozialkritik ist nicht mein Anliegen“, erklärt Bildstein. Er reflektiert die Umwelt, die er umsetzt in Erscheinungsbilder, nicht über das Zeichnen, sondern über das Malerische – er ist Maler.

Auch im hohen Alter experimentierfreudig

Seine künstlerischen Darstellungen entwickelten sich in verschiedensten Zyklen, wurden abstrakter, die Konturen schärfer, zeitweise rückten gar Collagen in den Vordergrund. Immer wieder zeigt er die Experimentierfreude, auch alte Werktechniken aufzugreifen und in seinen Werken einzubringen. In Zusammenarbeit mit Künstlern aus Ettenheim wurde die „kleine Galerie“ in der Innenstadt begründet, in der die Beteiligten regelmäßig ihre Werke zeigten, die aber aus finanziellen Gründen nicht mehr besteht.

Zu seinem 90. Geburtstag zeigte Bildstein bei der Ausstellung „Farbsinfonien und Strukturen“ , wie er immer mit eigenem künstlerischem Stil mit hoher Kreativität und experimentellen Freude neue Eindrücke schafft. Zahlreiche Ausstellungen in den vergangenen Jahren gaben immer wieder neue Einblicke in seine schöpferische Kraft voller Vitalität.

Neue Ausstellung

Kurt Bildstein hat bereits mehrmals im Hans-Thoma-Haus (Kunstmuseum) seine künstlerische Arbeit in Ausstellungen gezeigt und ist eingeladen im Oktober dieses Jahres mit der Präsentation seiner Werke zum Thema Schwarzwald eine weitere Ausstellung zu gestalten. Zu diesem Thema war vor fünf Jahren bei „Kir – Kunst im Rathaus“ ein erstes Motiv zu sehen.