Jürgen Koch, Vorsitzender des Turngaus Zollern-Schalksburg und des TSV Geislingen, spricht sich für eine klare Unterscheidung ehrenamtlichen Engagements von bezahlten, sozialen Tätigkeiten aus. Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Vereine: Jürgen Koch stellt sich gegen Verwässerung des Begriffs

Zollernalbkreis. Seit rund 40 Jahren ist Jürgen Koch selbst ehrenamtlich tätig. Der Vorsitzende des Turngaus Zollern-Schalksburg und des TSV Geislingen spricht sich gegen die Verwässerung des Begriffs "Ehrenamt" aus.

"Ehrenamtlich ist eine Aufgabe, die jemand übernimmt, ohne auf den Verdienst zu schauen", sagt er. "Der Jugendtrainer ist für mich der klassische Ehrenamtler." Dieser sei unentgeltlich tätig, bekomme oft nicht einmal die Fahrtkosten erstattet.

In gleicher Weise setzten sich auch Mitglieder in Gesang- oder Musikvereinen ein: "In der Jugendarbeit sind die wirklichen Ehrenamtler tätig", findet Koch.

Aber der Begriff werde in vielen Bereichen benutzt, wann immer etwas ohne Arbeitsvertrag geleistet werde. "Das ist für mich der vierte Arbeitsmarkt."

So fielen viele soziale Tätigkeiten unter den Freibetrag von 2400 Euro – die sogenannte Übungsleiterpauschale. Bis zu dieser Jahressumme sind Einkünfte steuerfrei und nicht sozialversicherungspflichtig.

Beispiele dafür seien die Essensausgabe in einer Schulmensa, Pausenbetreuung oder Handreichungen für ältere Mitbürger. Menschen, die diese Aufgaben übernehmen, seien geringfügig Beschäftigte: "Wer eine monetäre Entlohnung erhält, hat ein Beschäftigungsverhältnis."

Dass soziale Aufgaben erfüllt werden, sieht Koch als wichtig und notwendig an. Er betont zudem, dass er diese Tätigkeiten nicht abwerten wolle. "Aber wenn ich eine Entlohnung dafür bekomme, ist das kein Ehrenamt." Besser solle man das korrekt "soziale Tätigkeit" nennen.

Kochs Vermutung: Erwartungen der Bevölkerung hinsichtlich Dienstleistungen träfen auf leere Kassen. Öffentliche Aufgaben würden gegen eine kleine Bezahlung auf Bürger übertragen. Mit einer Entlohnung, die unter der Höchstgrenze der Übungsleiterpauschale bleibt, könnten die Kommunen Geld sparen.

Der Turngau-Vorsitzende sieht in der schleichenden Umetikettierung im sozialen Bereich geringfügig Beschäftigter zu Ehrenamtlern einen Nachteil für die Vereine: "Die Ressource ›Helfer‹ ist nicht unbegrenzt da." Den Vereinen drohe durch diese Entwicklung ein Mangel an Helfern.

Beispielsweise sei es oft schwierig, Funktionsträger für Vorstandsämter zu finden: "Ich bin doch schon ehrenamtlich tätig", sei da zu hören.

Die Verwässerung des Begriffs Ehrenamt sei indes kein lokales Problem. Bundespolitiker müssten bessere gesetzliche Regelungen finden, um eine klarere Unterscheidung zu ermöglichen. Beispielsweise fände Koch einen Anspruch auf Bildungsurlaub für verantwortungsvolle Aufgaben wie Trainer oder Kassenwart sinnvoll. Wenn ein Verdienst oder Entgelt erzielt werde, müsste deutlich gesagt werden, dass dies kein Ehrenamt ist. Eine Definition, welche Aufgaben unter den Freibetrag nach Paragraf 3, Nummer 26 des Einkommenssteuergesetzes fallen, sei angebracht: "Darunter kann man bisher sehr viel subsumieren, was nicht unter das klassische Ehrenamt fällt."

Ehrenamtliche Leistungen gegen Bezahlung seien hingegen ein Irrweg: "Das wäre der Tod der Vereine in ihrer jetzigen Form. Wenn wir unsere Übungsleiter bezahlen würden, müssten wir den Mitgliedsbeitrag vervierfachen."

Und große Feste in der Dorfgemeinschaft wären dann nicht mehr machbar. Diese stehen und fallen mit den ehrenamtlichen Helfern.