Der Lotzer-Brunnen und der untere Teil der Skulptur von Lutz Ackermann. Foto: Hopp

Im Bach-Haus in Eisenach wohnte Bach. Im Schiller-Haus in Weimar wohnte Schiller. Im Sebastian-Lotzer-Haus in Horb wohnte kein Lotzer! Trotzdem wird das rote Haus mit der Lutz-Ackermann-Skulptur im Internet oft Lotzer-Haus genannt.

Horb - In Wikipedia steht über Sebastian Lotzer unter anderem: (geboren um 1490 in Horb; gestorben nach 1525) war ein deutscher Kürschner, Laientheologe sowie reformatorischer und politischer Schriftsteller.

Der Kultur- und Museumsverein Horb hat viel über Lotzer recherchiert und publiziert und immer wieder freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass dieser berühmte Horber es doch verdient hätte, in seiner Geburtsstadt mehr gewürdigt zu werden.

Immerhin erwähnt Wikipedia, dass in Horb am 23. September 2006 in der Wintergasse beim Aufgang zum Kloster ein Sebastian-Lotzer-Denkmal aufgestellt wurde, das der Bildhauer Markus Wolf aus Granit angefertigt und einer Lanzenspitze nachempfunden hat.

Eine Skulptur, die auffällt

Nicht erwähnt ist das "Sebastian-Lotzer-Haus" in Horb – wenigstens nicht auf Wikipedia. Es handelt sich dabei um das ehemalige "Belle Arti", das rot gestrichene Haus des Ehepaares Herzog, das mittlerweile im Internet als "Sebastian-Lotzer-Haus" bekannt ist – sicher auch dank Lutz Ackermanns riesiger Stahlskulptur, die in ihrer Symbolik die Kämpfe der Bauern zur Zeit Lotzers aufgriff.

1890 Treffer zeigt Google jedoch für "Lotzer-Haus Horb" an, die unterschiedlichsten Portale informieren über das Gebäude, das bis auf die Skulptur und einen kleinen "Lotzer-Brunnen" nichts mit dem Reformationsschriftsteller zu tun hat. Es wurde erst lange nach seiner Zeit erbaut und war einst als Steim-Haus bekannt.

Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass beliebige Häuser nach Persönlichkeiten benannt werden können, wie beispielsweise die Machtzentren der Parteien, doch ein wenig Nähe zur Geschichte der Person sollte das Gebäude dann doch haben.

So jedenfalls wird es grundsätzlich gehandhabt, wenn es um die Namensgebung von Schulen geht. Erklärt sich eine Schule bereit, einen Namen anzunehmen, dann sollte sie sich mit der Denkensart und persönlichen Merkmalen ihres Namensgebers identifizieren. Das fällt bei Einstein und Goethe – oder in Horb im Fall von Martin Gerbert und Berthold Auerbach – offenbar leichter als bei Personen, deren Leben mit Streit, Protest und kriegerischen Handlungen verbunden war – auch wenn Lotzer als Verfasser der zwölf Artikel in den Augen von Historikern den Rang eines Pioniers der Menschenrechte annimmt.

Schriftsteller und Handwerker

Was Lotzer außerdem war: ein Schriftsteller und Handwerker, also jemand, der für Bildung und für Handarbeit steht, und somit vielleicht als Namensgeber für die Berufsschule Horb in Frage käme.

Wie aus Insiderkreisen verlautet, wäre die Schulleitung durchaus offen für die Idee. Was sagt der Heimatforscher Joachim Lipp dazu, der viel über Lotzer geforscht hat und auch maßgeblich zur Errichtung des offiziellen Denkmals in der Hirschgasse beigetragen hat? "Ich fände das sehr passend."

Auch in der Lotzer-Stadt Memmingen gibt es eine Realschule, die nach Lotzer benannt ist. Lipp berichtet: "Aber diese Schule heißt auch erst seit zehn Jahren so. Es war also auch dort nicht einfach." Aber auch andere Namen aus der Horber Geschichte sind in der Stadt nicht ganz so präsent wie es vielleicht angebracht wäre, mal abgesehen von Straßennamen. So gab es einmal den Vorschlag, den Neckarsteg nach dem berühmten Bildhauer Veit Stoß zu benennen – was im Gemeinderat aber durchfiel. Joachim Lipp meint dazu lakonisch: "In Horb gilt der Spruch: Der Prophet im eigenen Land ist nichts wert."