Fotos: Biermayer Foto: Schwarzwälder Bote

Knapp 700 Tiere zählt Harald Bauers Herde / Lammfleisch immer gefragt / Wolf bereitet Sorgen

Das Osterfest und das Lamm sind eng miteinander verbunden. Ob als Symbol für die Auferstehung Jesu oder als biblischer Bezug zum jüdischen Passahfest – für viele ist Lammfleisch an Ostern eine Tradition. Dass die Tiere in der Region aufwachsen können, ist Schäfern wie Harald Bauer zu verdanken.

Gechingen. "Um die 700 Tiere", antwortet Schäfer Harald Bauer stolz auf die Frage nach der Größe seiner Herde. Man habe ungefähr 450 Muttertiere und die Nachzucht umfasse knapp 250 Tiere. Lämmer würden eigentlich das ganze Jahr geboren, außer im Sommer. Denn im Winter sei die Energiedichte im Futter niedriger und die Schafe seien deshalb nicht paarungsbereit. "Die Osterlämmer, also die Tiere, die zum Osterfest geschlachtet werden, sind so um Weihnachten auf die Welt gekommen", erzählt Bauer.

Er ist mit den Tieren das ganze Jahr unterwegs. Auf Weiden wie in Simmozheim, dem Flugfeld in Böblingen oder der Panzerkaserne tragen die Tiere ihren Teil zum Landschafts- und Naturschutz bei. Rund 75 Hektar Naturschutzgebiet beweidet die Herde. Nur im April sind die Tiere auf dem eigenen Hof in Gechingen untergebracht. "Das ist unser Pflegemonat", erklärt der Schäfer. Die Schafe würden geschoren, auf Krankheiten untersucht und geimpft. Und da es in dieser Zeit für die Schafe ohne ihre Wolle manchmal noch zu kalt sei, verbrächten sie die Nächte lieber im warmen Stall. Außerdem stünden im April keine Weideflächen zur Verfügung.

"Der Absatz von Lammfleisch läuft sehr gut", berichtet Bauer. Das ganze Jahr gebe es dafür Bedarf, aber eben besonders zur Osterzeit. "Eigentlich feiern wir dreimal Ostern", scherzt der Schäfer. Da sei das evangelische und katholische Fest, das der orthodoxen Christen und das der Jesiden. Und alle wollten zu Ostern ein Lamm. Im restlichen Jahr seien seine Hauptkunden Jesiden und Kurden aus dem Pforzheimer Raum. Geschlachtet wird direkt auf dem Hof, dann werden die Tiere küchenfertig zerlegt und anschließend an Privatpersonen direkt verkauft.

Schwierigkeiten habe er beim Absatz der Wolle. Sein Zwischenhändler sei mittlerweile im Ruhestand, ein Nachfolger noch nicht in Sicht. Und so warten in der Zwischenzeit rund zweieinhalb Tonnen Wolle auf dem Hof auf ihren Abnehmer.

Schäfer aus Überzeugung

Bauer ist seit Kindertagen fasziniert von den Tieren. Im Alter von sechs Jahren zog er sein erstes Lämmchen mit der Flasche groß. Mittlerweile betreibt er zusammen mit seiner Ehefrau Christel, seinen Kindern und mehreren Mitarbeitern den Hof. Neben Schafen sind dort auch noch Rinder, Pferde und ein Esel heimisch. "Ich bin Schäfer aus Überzeugung", erzählt Bauer. Er schätze das Wesen der Tiere und dass sie einen Beitrag zum Naturschutz leisteten. So arbeite er auch gut mit dem Naturschutzbund Deutschland zusammen. Nur beim Thema Wolf vertrete er eine andere Ansicht.

Das Raubtier und sein Einfluss auf die Weidetierhaltung sind dem Schäfer ein Herzensanliegen. "Bis jetzt sind wir zum Glück verschont geblieben", sagt er und klopft auf Holz. Das könne sich aber bald ändern, wenn er mit seinen Tieren Richtung Simmersfeld zieht. Die Politik sei weit weg von einer praktikablen Lösung. "Hütehunde kommen für mich nicht in Frage", meint Bauer. Pro 100 Tiere bräuchte er einen Hund. Allerdings müsse man die ausbilden und nicht jeder Hund sei geeignet. So käme er für seinen Betrieb auf zwölf Hütehunde – eine für ihn nicht schulterbare Last. Auch führten Hütehunde zu bis zu 20 Prozent weniger Lämmern, da sie die Schafe unter Stress setzen. Und ein effektiver Schutz gegen Wölfe seien sie auch nicht. "In der Vergangenheit haben Hunde keine Wölfe abgehalten", so Bauer. Dafür seien sie zu sehr domestiziert.

Das Problem seien auch nicht ein oder zwei gerissene Tiere. "Das Problem ist der Stress für Mensch und Tier", so Bauer. Er könne seine Schafe keine Minute aus den Augen lassen. Und würden die Tiere einmal angefallen, sei es schwer, mit der Herde noch zu arbeiten. "Die sind dann so aufgebracht, dass ein Schaftrieb kaum noch möglich ist", erklärt er.

Und dabei sei die Weidetierhaltung die tier- und umweltfreundlichste Art der Fleischproduktion sowie beinahe klimaneutral. "Gerade im Hinblick auf den Klimawandel sollte man unsere Art der Nutztierhaltung eigentlich fördern", meint Bauer. Aber so wie es momentan politisch um den Wolf stehe, sei eine wirtschaftliche Weidetierhaltung bald nicht mehr möglich.

Er habe nichts gegen den Wolf, versichert Bauer. Deshalb habe er auch einen Lösungsansatz, der beide Seiten versöhnen könne. "Wenn man dem Wolf Schutzgebiete zuweist, ähnlich wie man das beim Rotwild macht, könnten wir in den anderen Gebieten in Ruhe weiden", schlägt er vor. Dazu gehöre aber auch, dass man durch Jagd den Wolf in den ihm zugewiesenen Gebieten halte.

Trotz alldem sei er immer noch gerne Schäfer, vor allem wegen der Tiere und der Natur. Und bis jetzt lohne sich der Betrieb auch wirtschaftlich noch.