Lars Zech liebt Eigenarten seines Materials

Von Marija Mikulcic

Althengstett/Gechingen. Lars Zech ist Bildhauer. Er bearbeitet Holz. Dabei geht er nicht gegen sein Material vor. Stattdessen gibt er Holz Raum, seine eigene Dynamik zu entfalten.

Diese Herangehensweise bringt Objekte von erstaunlicher Lebendigkeit hervor. Das macht Zech zu einem ganz schön erfolgreichen Künstler. Nicht erst seit gestern. Ende der 1990er-Jahre sei es gewesen, sagt Zech, als Piet Schaber zwei, drei seiner hölzernen Objekte mit auf eine Design-Messe in Frankfurt genommen habe.

Prompt fand sich ein Käufer: Giorgio Armani. Fulminanter kann ein "junger Kerl" nicht einsteigen. Wen Armani ins Haus holt, der hat es geschafft. Im Falle Lars Zechs muss man fast sagen: aus dem Stand. Nicht einmal fünf Jahre hatte der gebürtige Gechinger zu diesem Zeitpunkt Holz ernsthaft in künstlerischer Absicht bearbeitet. Beeindruckend, bedenkt man, wie lange mancher sich müht, bis er zu einer Form findet.

Doch nicht nur der Modezar fand an Zechs Arbeiten Gefallen. Auch sogenannte Scouts, Kundschafter auf der Suche nach außergewöhnlichen Talenten, zeigten sich von Zechs Konzept beeindruckt. Danach ging alles ganz schnell: Vorstellung in der "Elle Decor", einer der führenden Zeitschriften für gehobene Wohnkultur, Schauen in Japan und Paris, ein ständiger Platz bei der Design- und Einrichtungsmesse Maison & Objet, die zweimal jährlich in Paris stattfindet – der Bildhauer ist definitiv angekommen in der Welt der etablierten Kunstschaffenden.

Ob in Singapur, Hongkong, Paris, oder bei Shaun Ford aus dem kanadischen Calgary – auf der ganzen Welt führen Galeristen mittlerweile Zech.

Der künstlerische Erfolg sei für ihn aber nie strategisches Ziel gewesen, erläutert Lars Zech. Motiviert habe ihn vor allem, eine Form zu schaffen, die der dynamischen Eigenständigkeit seines Materials, Holz, gerecht wird.

Den Drang, etwas mit seinen Händen zu erschaffen, den, bejaht Zech, habe er schon als Jugendlicher gespürt. Kaum hatte er den Schulabschluss in der Tasche, setzte er sich nach Stuttgart ab. Und machte dort eine Gärtnerlehre. Zech sitzt in einem Ledersessel und schwelgt in Erinnerungen: Wunderbar sei es gewesen, in dem Gartenhaus dieser wunderbaren alten Dame in Stuttgart-Vaihingen zu wohnen, die sich jeden Morgen mit einer Kelle Kneippgüsse aus einem Wasserkübel verpasst habe. Allen guten Erinnerungen an Grünpflanzen und Gartenhäuschen zum Trotz – stärker war letzten Endes der Ruf des Holzes.

"Weil’  s diese Möglichkeit immer gab", begründet Zech, wie Holz zu seinem auserkorenen Material wurde. Dieser Werkstoff habe immer zur Verfügung gestanden. Die nötigen Bearbeitungsinstrumente fand er in der väterlichen Werkstatt vor. Unter diesen Voraussetzungen konnte die Beziehung Zechs zum Holz wachsen, gedeihen und reifen. Schon in den 1970er-Jahren hatte Zechs Vater, ein Bankbediensteter, ein kleines Grundstück am Ortsrand von Althengstett erworben. Mitte der 1990er-Jahre zog der mittlere von drei Söhnen sich erstmals gezielt dorthin zurück, um ganz allein mit dem Holz Zwiesprache zu führen. Sie hatten sich einiges zu sagen.

Heute steht auf dem Grundstück Zechs Atelier. Durch die großen Fenster fällt das Licht eines sommerlich intensiven Frühlingstages. Es sickert in die Rillen der Fächerskulpturen, die den Raum bevölkern. So offenbart sich, wie filigran diese gearbeitet sind. Zwei, drei, manchmal auch zehn Tage vergehen, bis ein massives Holzteil aufgesägt ist. Diesen Arbeitsschritt kann man nur zu zweit ausführen.

Zechs Mann des Vertrauens für diese Feinarbeit heißt Horst Nonnenmann. Nur wenige Milimeter stark dürfen die Fächerblätter sein, in die das Holz zerteilt wird. Entscheidend sind Kommunikation und Konzentration. Wenn Zechs Vision die vorgesehene Gestalt annimmt, geben die Fächerblätter mit der Zeit den Bewegungen des Holzes nach – und "tanzen".

"This man is a genius", ein Genie sei der Mann, befindet Galerist Shaun Ford aus dem kanadischen Calgary auf der digitalen Foto- und Videoaustauschplattform Instagram. Der Gelobte bleibt auf dem Teppich. Trotz großen Erfolgs betrachtet er die Dinge sehr klar und nüchtern. "Wege verlaufen nicht unbedingt geradlinig", sagt Zech. "Bleib an was dran", rät er jungen Leuten, die ihren Weg suchen. "Aber ganz wichtig – quäl’ dich nicht", fügt er an.

Schon manchen Schüler hat Zech im Rahmen einer Atelierbesichtigung mit dieser Art Lebensberatung ermutigt, einen eigenen Weg zu verfolgen. Was er in der Kunst schon ist, will er auch hier sein: Vorbild.