Eric Gauthier beim „StN-Stadtschreibtisch“ Foto: Leif Piechowski

Eric Gauthier hegte lange Jahre einen Traum: ein internationales Tanzfestival in Stuttgart. Im Juni und Juli 2015 wird dies Wirklichkeit. „Colours“ nennt sich das dreiwöchige Tanzfest.

Stuttgart - Die Farbenvielfalt ist beträchtlich. „Colours“ mischt zeitgenössischen Tanz mit Hip-Hop, Akrobatik und Tango. Vor drei Jahren machte sich Eric Gauthier daran, seinen Traum zu verwirklichen. Nach und nach hat er Stadt, Land und die Mercedes-Benz- Bank für die Unterstützung gewonnen. „Ich konnte heute Nacht kaum schlafen, denn es ist wie die Geburt eines Kinds“, sagt Eric Gauthier, der nun erstmals das Programm für das Festival präsentiert. Stattfinden wird es vom 25. Juni bis zum 12. Juli 2015. Gauthier möchte kein spezialisiertes Ballettfestival, sondern Stilvielfalt präsentieren: „Tanz ist wie die Palette eines Malers“, sagt er – daher der Name des Festivals.

Die dynamischen und eingängigen Choreografien von Gauthier Dance begeistern derzeit rund 100 000 Menschen, schätzt der Kompaniechef. Das Festival schafft noch Potenzial für mehr, da Gauthier direkt in die Öffentlichkeit geht: Er plant am 30. Mai einen XXL-Workshop für 800 Menschen in der Halle T1 des Theaterhauses. Damit erfüllt er nun endlich den Wunsch der Zuschauer nach einem Gauthier-Workshop.

Eine Woche vor Festivalstart zieht er zentral in die Stadt: Am 19. Juni nutzt Gauthier den Marktplatz für das familientaugliche Warm-up „Colours in the City“. Bei Kurz-Workshops versetzen die internationalen „Colours“-Tänzer die Zuschauer mit Hip-Hop, Tango und dem Sterbenden Schwan in Schwung. Als Höhepunkt erwartet das Publikum eine spezielle „Colours“-Version von Charles Moultons legendärer Ball-Passing-Choreografie mit tänzerisch getakteter Ballübergabe unter 36 Laien. Dabei werden die Mitarbeiter des Hauptsponsors der Mercedes-Benz-Bank körperlich aktiv.

Das Publikum erwarten mehrere Premieren

Bei der Eröffnungsgala am 25. Juni erleben die Zuschauer im Theaterhaus die französischen, englischen, kanadischen und vielen anderen „Colours“-Tänzer vereint – mit zeitgenössischem Tanz, Hip-Hop und Tango.

In den folgenden Wochen erwartet das Publikum in den Hallen des Theaterhauses gleich mehrere Premieren in Koproduktion mit dem Festival: So präsentiert die kanadische Kompanie Marie Chouinard die Uraufführung „N.N.“ und die Deutschlandpremiere „Mouvements“. Marie Chouinard ist für ihre eigenständige, radikale Tanzsprache bekannt. Erstmals in Deutschland zu sehen ist auch Sol Leóns und Paul Lightfoots „Spiritwalking“ mit dem Nederlands Dans Theater 1 und dem Kronos Quartet. L-E-V aus Tel Aviv stellt Sharon Eyals und Gai Behars „L-E-V“ vor, das vor allem mit einem ausgeklügelten Konzept besticht.

Ungewöhnliche Stilmischungen bringt zum Beispiel Sidi Larbi Cherkaoui aus London mit einer Tango-Choreografie mit ein; das Potenzial des Hip-Hops erforscht die französische Kompanie Käfig. Aparten Medienexperimenten widmet sich die belgische Kompanie Charleroi Danses. Die Bühne mutiert hier zum Filmset, und das Fingerballett der Kompanie wird zugleich auf einer Großleinwand übertragen.

Gauthier Dance ist natürlich ebenfalls fast an jedem Abend mit Aufführungen dabei – und zwar an einer ungewöhnlichen Stätte: In der Turnhalle am Theaterhaus Stuttgart präsentiert die Kompanie Ohad Naharins Produktion „Kamuyot“, die pure Tanzfreude versprüht und eine besondere Nähe zum Publikum herstellt. „Bei dieser Aufführung sitzt das Publikum an allen vier Seiten der Bühne“, sagt Eric Gauthier.

Für mehrere der teilnehmenden Kompanien organisiert Meinrad Hubers Agentur Ecotopia Dance Productions das Touring, und er fungiert bei „Colours“ als zweiter Künstlerischer Leiter. Er wirkte bis 2009 für die Ludwigsburger Schlossfestspiele als Kurator des Tanztheaterprogramms.

In Stuttgart gab es zuletzt in den 1990er Jahren ein größeres Tanzfestival, die „Sprachen des Körpers“. Mit „liebenswürdiger Penetranz“ und seinem schlüssigen Konzept, „das er mit Herzblut ausgearbeitet hat“, konnte Eric Gauthier Stuttgarts Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann überzeugen, einen Neuanfang unter anderen Vorzeichen zu wagen. Der Nachbar der Kompanie auf dem Pragsattel, die Mercedes-Benz-Bank, ließ sich als Partner gewinnen, weitere Sponsoren folgten.

Insgesamt liegt das Budget des Festivals bei 1,6 Millionen Euro; die Stadt Stuttgart steuert 250 000 Euro bei, die Baden-Württemberg-Stiftung 300 000 Euro. Erhebliche Mittel kommen von der Mercedes-Benz-Bank und weiteren Sponsorpartnern. Ein Drittel sollen die Eintrittsgelder einbringen. In Sachen Kartenverkauf ist Eric Gauthier zuversichtlich. Wer bei den Tickets leer ausgeht, kann dennoch mittendrin sein – auf jeden Fall beim Warm-up „Colours in the City“. Tickets für das Festival empfehlen sich übrigens auch als Weihnachtsgeschenk mit garantierter Sommerfreude – der Vorverkauf beginnt am Nikolaustag, 6. Dezember.

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