Vereinssport, außerschulischer Unterricht und Freizeit für Kinder zu Hause sehen Eltern durch die Ganztagsgrundschule gefährdet Foto: dpa-Zentralbild

Gesamtelternbeirat und Verwaltung informierten über das Ganztagskonzept und stießen auch auf Skepsis

Stuttgart - Ungewissheit nagt an den Eltern von künftigen Erstklässlern. Weder haben sie bis jetzt sichere Zusagen für Ganztags- oder Halbtagsplätze, noch ist geklärt, ob ihre Kinder bestimmten Neigungen weiter nachgehen können. Dies ist das Ergebnis der Elterninformation im Rathaus.

Der Gesamtelternbeirat der Stuttgarter Schulen und die Verwaltung hatten zur ersten gemeinsamen Informationsveranstaltung über Ganztagsgrundschulen in den großen Ratssaal geladen. Dass sich dieser selbst auf der Empore füllte, zeigt, wie groß das Interesse an dem Konzept ist, aber auch, welche Unsicherheiten die Eltern plagen.

„In den vergangenen zehn Jahren hat sich ein Fehlbedarf an Betreuungsplätzen für Schulkinder bis aktuell 4000 bis 5000 aufgebaut“, sagte Susanne Eisenmann am Dienstagabend. Darauf habe man reagiert und ein Konzept entworfen, das Schule und Betreuung unter einem Dach verlässlich, kostenlos und mit qualifiziertem Personal gewährleisten soll. Um so überraschter schien sie darüber, dass die Skepsis im Ratssaal groß war.

Jede mehrzügige Grundschule hat die Freiheit, beide Konzepte parallel zu fahren

„20 Mütter an unsere Schule in Luginsland wollen keine Ganztagsgrundschule. Müssen wir, wenn diese bei uns eingeführt wird, unsere Kinder in einen anderen Teilort bringen?“, fragte eine Mutter, die dadurch auch den Umgang ihres Kindes mit dessen Freunden eingeschränkt sieht. Ähnlich äußerten sich viele weitere Eltern, die an den Saalmikrofonen Schlange standen, um ihre Fragen und Befürchtungen zu äußern.

Susanne Eisenmann stellte daher nochmals das Grundsätzliche dar: Jede mehrzügige Grundschule habe die Freiheit, beide Konzepte parallel zu fahren: Klassen mit Ganztagesbetrieb und solche mit Halbtagesbetrieb, was erleichtertes Murmeln bei den Zuhörern auslöste. Allerdings ließ sie keinen Zweifel daran, dass dies nur dann sein könne, wenn genügend Schüler für den Halbtagesbetrieb einer Klasse zusammenkämen: „Für sechs Kinder können wir dies nicht anbieten.“

Die Bedenken mehrerer Mütter, die ihre Kinder aus beruflichen Gründen an zwei oder drei Tage ganztags betreuen lassen wollen, die restlichen Tage aber die Erziehung selbst übernehmen würden, konnte sie nicht ausräumen. „Hier stößt die öffentliche Hand an ihre finanziellen Grenzen“, so Eisenmann, „eine Betreuung mal bis 15 Uhr, mal bis 14 Uhr und manchmal gar nicht, werden wir uns nicht leisten können.“ Die Angebote der verlässlichen Grundschule werde es für Halbtageskinder an Schulen mit Ganztagsklassen definitiv nicht mehr geben, „das Mittagessen nur, wenn noch Plätze frei sind“. Was die bisherigen Ferienangebote für Halbtagskinder angehe, könnten die Eltern wie bisher auf Waldheimplätze zurückgreifen.

Viel Beifall für eine Mutter, die die lange Ungewissheit beklagte

Probleme sehen Eltern zudem beim Besuch von Musikstunden außerhalb der Schule und beim muttersprachlichen Unterricht. Beides soll, so Eisenmann, möglichst an die Schule geholt werden. Allerdings würde sich die Schulverwaltung bei speziellen Fragen, „zum Beispiel beim Besuch einer Ergotherapie oder Ähnlichem“, nach Möglichkeit nach den individuellen Bedürfnissen richten.

Viel Beifall erhielt eine Mutter, die die lange Ungewissheit beklagte: „Wir haben in Riedenberg für den Hort jetzt schon irrsinnig lange Wartezeiten, doch wir wissen nicht, ob das Schülerhaus bei uns kommt und ob wir dort einen Platz bekommen.“ Auch die Eltern der Schwabschüler seien noch in Ungewissheit, und in Kaltental stellt sich offenbar dieselbe Frage. „Wir sind Arbeitnehmer, wir müssen jetzt unsere Arbeitszeiten für den Herbst planen“, monierte eine Mutter.

„Unser Ziel ist es, die Eltern vier bis fünf Monate vorher zu verständigen“

„Ja“, antwortete die Schulbürgermeisterin, „wir haben ein Übergangsproblem. Unser Ziel ist es, die Eltern vier bis fünf Monate vorher zu verständigen. Ich bitte Sie um Verständnis, dass wir einfach sechs bis acht Monate Zeit brauchten, das Konzept umzusetzen“, warb sie um Nachsicht. Sie stellte jedoch in Aussicht, dass die Verwaltung „in den nächsten acht Wochen darlegt, welches Schülerhaus im Herbst eröffnet wird“. Ende dieses Jahres werde sich alles andere einspielen.

Bei aller Skepsis und Kritik sprachen sich Mitglieder des Gesamtelternbeirats, Eltern sowie die für Detailfragen anwesenden Fachleute von Ganztagsschulen und vom neu eröffneten Schülerhaus in Botnang für das Konzept aus. Dort gebe es zurzeit drei Ganztagsgruppen, die vierte wolle bereits im Herbst an den Start gehen – das Beispiel macht offensichtlich Schule.