Martin Braun hat schon viel erlebt. Foto: Eibner/Archiv

Fußball: Ex-Villinger Sportvorstand Martin Braun durchlebt in Stuttgart harte und lehrreiche Zeit. 

Seit dem 11. November 2017 ist der frühere Villinger Sportvorstand Martin Braun nun beim abstiegsgefährdeten Regionalligisten Stuttgarter Kickers tätig. Der 49-Jährige bekam in den vergangenen sechs Monaten als Sportdirektor auch einige Schattenseiten des Geschäfts zu spüren.

Doch diese Erfahrungen scheinen den Ex-Profi noch stärker zu machen. Trotz der sportlich so engen Lage (17. Platz) für die Kickers zwei Spieltage vor dem Saisonende erhält der neue Sportdirektor klubintern Lob von vielen Seiten. "Wir hätten Martin Braun früher holen müssen", sagte zum Beispiel vor kurzem Aufsichtsratschef Christian Dinkelacker. Der Löffinger gibt das Kompliment zurück. "Trotz unserer schwierigen Saison haben die Verantwortlichen immer für Stabilität und Ruhe gesorgt. Es macht mir trotz der sportlichen Situation viel Freude, hier zu arbeiten."

Jetzt schon ist klar, dass Martin Braun auch an Bordbleiben, sollte es beim Traditionsverein tatsächlich in wenigen Wochen in die Oberliga runtergehen. "Sollten wir aber den Klassenerhalt schaffen, können wir auf einer guten Grundlage aufbauen", ist Martin Braun überzeugt.

Täglich – im Schnitt 90 Minuten – fährt er die Strecke von seinem Wohnort Löffingen zu seinem Büro bei den "Blauen" unterm Stuttgarter Fernsehturm. In der Regel ist Braun um 20 Uhr wieder daheim. Doch die vergangenen Wochen waren an den Abenden oftmals gefüllt mit Besprechungen mit dem Vorstand, mit Spielbeobachtungen und Gesprächen mit den Spielern über die kommende Saison. Diese verliefen nicht so einfach, muss doch bis zuletzt zweigleisig geplant werden.

Kein einziges Spiel des FC 08 Villingen hat der frühere Außenbahnspieler gesehen, seit er am 11. November bei den Kickers seine Arbeit aufnahm. Aber er ist über die Internas bei den Nullachtern nach wie vor sehr gut informiert. "Ich finde es hervorragend, wie gut Jago Maric und die Jungs zuletzt durch dieses harte Programm gekommen sind", pflegt Martin Braun noch viele Kontakte nach Villingen. Ob er sogar 08-Spieler für die kommende Saison für die Kickers im Hinterkopf hatte? Etwa Pablo Gil oder Cristian Gilés? Der Schwarzwälder verrät: "Wir hatten darüber nachgedacht, Christian Mendes als erfahrene starke Nummer zwei zu verpflichten." Das Thema ist aber schon wieder vom Tisch.

Doch zurück zum Alltag bei den "Blauen". Martin Braun hat in seiner Laufbahn auf verschiedenen Ebenen schon viel erlebt, aber in diesem unruhigen Fahrwasser beim Regionalligisten kamen doch einige neue Erfahrungen dazu.

Als er im November begann, zeigte er sich zunächst "ein wenig" überrascht angesichts der aus seiner Sicht unausgewogenen Zusammenstellung des Kaders. Eine seiner ersten Amtshandlungen war dann, dem damaligen Interimstrainer Paco Vaz – er war zuvor im Nachwuchsbereich der Kickers tätig – einen regulären Vertrag für das Regionalliga-Team zu geben. Doch in der Vorbereitung zur Frühjahrsserie erkannte der Sportdirektor Defizite beim Team und begann in Absprache mit dem Trainer eine Zusammenarbeit mit einem sehr erfolgreichen und olympia-erfahrenen Prozesscoach, um die Abläufe zwischen Kader, Trainer und sportlicher Leitung zu optimieren. "Man sollte immer effektive Unterstützung von außen nutzen", beschreibt Braun seine These, die ihn schon lange begleitet.

Anfang April folgte dann der Knall: Wenige Stunden vor dem Heimspiel gegen Elversberg (1:1) trat Coach Vaz – vielleicht auch ob seiner Ansicht nach zu vielen Hilfestellungen – zu einem Zeitpunkt zurück, "der ungünstiger nicht hätte sein können", so Martin Braun. Im Vorstand dachte man auch gleich über die Variante nach, den Ex-Profi als Trainer zu installieren, doch er lehnte ab. Braun engagierte den erfahrenen Fußball-Lehrer Jürgen Seeberger. Der unruhige sportliche Weg hielt aber weiter an. Im Umfeld der Kickers gibt es Stimmen, die einen Oberliga-Abstieg als "Super-Gau" bezeichnen. Doch der 49-Jährige wird dann noch mehr die Ärmel hochkrempeln, weil dies einfach sein Naturell ist.

Und vielleicht würde Martin Braun dann in der neuen Saison somit wieder ein Spiel des FC 08 im ebm-papst-Stadion live sehen. Beruflich – zu Gast dann mit den "Kickers".