Noch auf der Suche nach seinem ersten Erfolgserlebnis: Nicolas Gonzalez Foto: Baumann Foto: Schwarzwälder Bote

Neuzugang: Der argentinische VfB-Neuzugang Nicolas Gonzalez hinkt noch den Erwartungen hinterher – vor allem den eigenen

Neues Spiel, neues Glück: VfB-Stürmer Nicolas Gonzalez sehnt sein erstes Tor in der Bundesliga herbei. Bisher wirkte der 20-Jährige vor dem gegnerischen Tor vor allem schlampig und glücklos. Klappt es am Samstag (15.30 Uhr) im Heimspiel gegen Borussia Dortmund?

Es ruht reichlich Erfolgsdruck auf seinen schmalen Schultern, seit die Delegation der Argentinos Juniors ihren Jungstar Nicolas Gonzalez in Stuttgart zurückgelassen hat. Im Sommer, als der Mitläuferklub aus Buenos Aires seinen Rekordtransfer mit dem VfB Stuttgart (8,5 Millionen Euro) eingetütet hatte, da waren sie geballt an der Seite ihres Spielers an den Neckar geeilt. Der stolze und erwartungsfrohe Präsident Cristian Malaspina zum Beispiel, der Schatzmeister und ein paar weitere Granden der Juniors begleiteten Nicolas Gonzalez, Spitzname El Turbo, auf seinen ersten Schritten ins Fußballabenteuer im fernen Europa.

"Ich bin natürlich sehr glücklich, beim VfB zu spielen", sagt Nicolas Gonzalez nun, nachdem das erste Fünftel der Saison gespielt ist. Achtbar hat sich ihr Juwel bisher auf den deutschen Erstligaplätzen geschlagen – so dürfte das Zwischenfazit des VfB-Managers Michael Reschke ausfallen, sollten die Klubbosse vom Rio de la Plata dieser Tage einmal in Stuttgart nachfragen. Immerhin besitzen die Juniors laut dem Online-Portal Transfermarkt.de eine zwölfprozentige Beteiligung am Weiterverkauf, sollte der Stern Gonzalez, der beim VfB einen langfristigen Vertrag bis 2023 besitzt, einmal ganz hell über der internationalen Fußballbühne erstrahlen.

Doch so weit ist es längst nicht. Denn natürlich gibt es in der Entwicklung des Nicolas Gonzalez noch reichlich Luft nach oben. Dies erscheint allerdings ziemlich normal bei einem Spieler, der erst vor einem halben Jahr dem Teenageralter entwachsen ist – und der neben all dem Druck im Profibusiness auch noch lernen muss, sich in einer fremden Kultur zurechtzufinden. "Ich fühle mich sehr wohl, doch vieles ist eben anders als zu Hause in Argentinien", sagt der Stürmer, der in Stuttgart von Mutter Paola und Vater Cristian unterstützt wird: "Hier ist alles so ordentlich."

Bereits im Sommer hatte VfB-Sportchef Michael Reschke vorgesorgt, als er davon sprach, dass der junge Gonzalez nicht "wie ein Komet am Fußballhimmel über Stuttgart auftauchen wird. Man darf die Eingewöhnungszeit nicht unterschätzen." Dennoch steht für die Koalition Gonzalez/VfB schon jetzt viel auf dem Spiel. Und das nicht nur, weil Südamerika-Experte Reschke beim Aufspüren junger Talente seinen Ruf als Perlentaucher zu verlieren hat. Die Cannstatter sind nach sieben Spieltagen mal wieder Tabellenletzter – und empfangen am Samstag (15.30 Uhr) auch noch den Ersten Borussia Dortmund, ehe es in der Woche darauf bei der TSG Hoffenheim gegen einen weiteren Champions-League-Teilnehmer geht. Nicht das leichteste Programm zum Einstieg des neuen Trainers Markus Weinzierl – Punkte sollten trotzdem her.

Gonzalez ist von technischem Niveau und Spieltempo in der Bundesliga überrascht

Um der Krise zu entfliehen, sind auch endlich Tore von Nicolas Gonzalez notwendig, der in bisher sechs Bundesliga-Einsätzen noch nicht einmal getroffen hat. Tatsächlich hatte der junge Argentinier gleich zu Saisonbeginn eine kleine Leistungsdelle zu verkraften. Nach einer Vorbereitung, in der Stuttgarts neue Nummer 22 dank seiner Antrittsschnelligkeit und seines Auges für den freien Raum regelmäßig getroffen und von den Fans bisweilen Szenenapplaus bekommen hatte, lief es nicht mehr ganz so reibungslos, als es im Pflichtspielbetrieb ernst wurde. Festzumachen, weshalb es auf einmal nicht mehr klappt, ist schwierig. "Mit der Aggressivität der Abwehrspieler in der Bundesliga habe ich keine Probleme, denn in Argentinien wird teilweise noch härter gespielt", sagt Gonzalez überzeugt. "Allerdings haben mich das technische Niveau der Spieler und das Passtempo schon überrascht."

Besonders in Erinnerung ist dabei die vorangegangene Heimpartie gegen Werder Bremen geblieben, die der VfB unter dem inzwischen entlassenen Chefcoach Tayfun Korkut zwar mit 2:1 gewann, an deren Ende allerdings auch die Tränen des Nicolas Gonzalez flossen. Er konnte einem schon sehr leid tun, wie er da auf dem Platz stand. Das spürten auch die Fans, dass dieser junge Mann nun eine Aufmunterung braucht. Sie jubelten ihm zu. Auch sie wissen, nicht zuletzt wegen der starken Vorbereitung, wie wichtig dieser Junge noch für den VfB Stuttgart werden kann.

In der Schlussphase eingewechselt, ließ der Angreifer gleich vier dicke Chancen liegen, teilweise im Eins-zu-Eins gegen Bremens Torhüter Jiri Pavlenka. Doch er bekam nicht nur die Unterstützung der Fans. Nach dem Spiel eilte Mario Gomez an die Seite des Youngsters und spendete Trost. "Mario ist sehr wichtig für mich. Er ist ein großartiger Stürmer, der schon so viel erlebt hat. Und er gibt mir viele Tipps", sagt Gonzalez, der mit dem deutschen Ex-Nationalspieler nach dem Wunsch von Vereinsführung und Fans schnellstmöglich ein neues Traumpaar im VfB-Sturm bilden soll.

Die Voraussetzungen dafür sind gegeben – denn Gonzalez sowie sein Kollege und Mentor in der Angriffsreihe könnten sich gut ergänzen. Ähnlich wie es Gomez und Daniel Ginczek in der abgelaufenen Rückrunde getan haben. Hier Gomez, der Spanisch spricht und weiter den Ruf eines erstklassigen Strafraumknipsers genießt; daneben der junge Argentinier, der auch ein Schleicher wie der Bayern-Star Thomas Müller sein kann, indem er die gegnerischen Abwehrreihen kreuzt, um sich Freiräume zu schaffen, in erster Linie aber ein ständiger Wirbelwind ist. Um erfolgreicher zu sein, muss Gonzalez aber noch an der Feinabstimmung arbeiten. Sein erster Ballkontakt, gerade unter Druck, ist häufig noch zu schlampig.

Dass sein Talent herausragend ist, das hat auch Markus Weinzierl erkannt. Also nahm sich der neue VfB-Chefcoach in seinen ersten Trainingseinheiten bereits gesondert Zeit für Nicolas Gonzalez. "Ich muss die Vorgaben des Trainers umsetzen. Er will offensiver spielen lassen. Das kommt mir entgegen", sagt El Turbo selbstbewusst. Auch am Rio de la Plata werden sie das gerne hören.

  Aus liebe zu den Fans

Weltmeister Benjamin Pavard hat in einem Interview mit "Telefoot" die Gründe für seinen Verbleib in Stuttgart verraten. "Ich hatte viele Angebote, aber meine Gedanken waren eindeutig. Ich musste eine weitere Saison in Stuttgart bleiben, weil ich das Trikot und die Fans liebe. Das war ich ihnen schuldig." Seine Karriereplanung sah vor, ein weiteres Jahr in Deutschland zu bleiben. Bei einem anderen Bundesligaklub zu spielen, kam nicht in Frage. "Ich bin in einem sehr, sehr großen deutschen Klub, mit fantastischen Fans. Dieser Klub ist eine Familie, das ist es, was ich brauche und was ich an diesem Klub mag. Ich bin sehr glücklich." Dass es einen Vorvertrag mit dem FC Bayern gibt, verneinte er erneut. "Ich habe überhaupt nichts unterschrieben."

 Wie ein Kurzurlaub

Mit dem 2:0-Sieg gegen Irland hat sich die deutsche U21-Nationalmannschaft für die Europameisterschaft qualifiziert. Timo Baumgartl hatte die Auswahl als Kapitän auf das Feld geführt. Stuttgarts Innenverteidiger genießt die Auftritte bei der U21: "Man lässt den Alltag im Verein ein bisschen hinter sich", sagt er nach zuletzt turbulenten Zeiten beim VfB. "Man ist einfach froh, wenn man hier ist, und ein bisschen abschalten kann."

  Für eine Rekordsumme

Manager Michael Reschke gibt preis, dass der VfB Jacob Bruun Larsen im Sommer für eine Rekordsumme verpflichten wollte. "Wir waren bereit, die höchste Ablöse der Vereinsgeschichte für ihn zu zahlen. Wir haben Dortmund 12 Millionen Euro geboten. Aber Michael Zorc war überhaupt nicht gesprächsbereit, hat einen Verkauf ausgeschlossen. Ich erlebe jetzt meine 40. Saison im Profi-Fußball. Aber in dieser Zeit habe ich keine fünf Spieler erlebt, die in diesem Alter schon so weit, so reif waren wir Jacob. Das bezieht sich auf seine Eigenmotivation, seinen fußballerischen Intellekt und seinen Charakter."