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Oberliga: Spitzenreiter Villingen will sich bei den Stuttgarter Kickers nicht verstecken

Stuttgarter Kickers – FC 08 Villingen (Samstag, 14 Uhr). Vorhang auf zum Top-Duell im Stuttgarter Gazi-Stadion. Die Villinger wollen gegen den Regionalliga-Absteiger ihre Tabellenführung verteidigen.

Die Ausgangsposition

Rund 3000 Zuschauer werden am Samstag beim Oberliga-Spitzenspiel erwartet. Relativ viele Villinger Fans werden dabei sein. Die Ausgangslage ist klar: Sollten die Villinger unterm Stuttgarter Fernsehturm gewinnen, hätten sie auf den Regionalliga-Absteiger an der Tabellenspitze schon sechs Punkte Vorsprung. Dem Tabellenzweiten SSV Reutlingen, der momentan einen Zähler weniger als der FC 08 aufweist, droht ja noch der Punkteabzug aus dem Spiel gegen die TSG Backnang. Villingens Trainer Jago Maric sah auch die sehr gute Ausgangsposition für sein Team vor der Fahrt nach Stuttgart als "einen großen Vorteil an. Die Kickers haben in diesem Spiel sicherlich viel mehr Druck als wir".

Jago Maric hat absulut recht. Bei einer dritten Niederlage in Folge könnte es bei den "Blauen", die unbedingt wieder direkt in die Regionalliga zurück wollen, in der kommenden Woche intern stürmisch werden.

Die Strategie

Souverän hat der FC 08 die Pokalhürde am Donnerstag in Weil übersprungen. "Das lief in Weil – angesichts der Tatsache, dass wir nur 48 Stunden später das Spiel bei den Kickers haben – wirklich perfekt für uns", freute sich Jago Maric. Es gab keine neuen Verletzungen im Villinger Kader und frühzeitig nach der 4:1-Vorentscheidung durch Kamran Yahyaijan (69.) konnte Maric einige Spieler schonungshalber schon auswechseln.

Am frühen Freitagnachmittag stand noch eine lockere Trainingseinheit im Friedengrund an – anschließend stimmte sich das Team bei einem gemeinsamen Essen für das Top-Spiel ein.

"Ich habe der Mannschaft bereits gesagt, dass es trotz eines Spitzenspiels ein normales Spiel für uns ist. Wir dürfen unsere Spielweise in Stuttgart gegenüber den anderen Partien überhaupt nicht verändern. Wir können relativ befreit dort antreten und werden dort auch unsere Siegchancen haben", zeigt sich Jago Maric zuversichtlich. Bis auf den langzeitverletzten Stjepan Geng kann der 08-Coach auf alle Spieler zurückgreifen. Wo er die Stärken bei den Stuttgartern sieht? "Sie kommen vor allem über den Kampf, haben effektive Standards. Für uns wird es wichtig sein, sofort dagegenzuhalten." Jago Maric hat die vergangenen Partien der Kickers per Video studiert

Vorfreude bei Jago Maric

Für den Villinger Coach, der einst neun Jahre bei den "Blauen" spielte, ist es eine besondere Rückkehr. "Natürlich freue ich mich sehr auf dieses Spiel und die Kickers."

Kickers unter Druck

Tobias Flitsch, der Trainer der Stuttgarter Kickers, hat die Villinger zwar bisher in dieser Saison noch nicht live gesehen, "aber wir haben sie intensiv per Video studiert. Ich erwarte ein Duell auf Augenhöhe, in dem Kleinigkeiten entscheidend sein können. Mein Kollege Jago Maric kann auf eine sehr eingespielte Mannschaft bauen, die vor allem auch ein hervorragendes Umschaltspiel zeigt. Ich hatte die Villinger zu diesem Saisonzeitpunkt auch mit vorne erwartet", so Tobias Flitsch.

Nach den beiden Niederlagen seiner Mannschaft gegen Freiberg (2:4) und gegen Ravensburg (1:2), bei denen es die "Blauen" versäumten, sich in der Tabelle vorne etwas abzusetzen, ist der Erwartungsdruck auf Flitsch und seine Mannschaft gestiegen. "Wir haben in beiden Begegnungen nicht die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive gefunden. Dies müssen wir gegen Villingen besser machen." Tobias Flitsch steht am Samstag sein kompletter Kader zur Verfügung.

  Stuttgarter Kickers

(me). Die seit 1905 in Degerloch beheimateten SV Stuttgarter Kickers wurden 1899 gegründet. In den vergangenen 30 Jahren erlebte der ehemalige Bundesligist alle Höhen und Tiefen, die es im Fußball gibt. Höhepunkte waren das Erreichen des DFB-Pokalfinales in der Saison 1986/87 (1:3 gegen den Hamburger SV sowie der zweimalige Aufstieg in die 1. Bundesliga (1988 und 1991). Der Fall in die Oberliga blieb den Kickers bereits im Jahr 2003 nur erspart, weil Waldhof Mannheim und der SSV Reutlingen in der Regionalliga Insolvenz anmeldeten. Aber auch anschließend konnten die "Blauen" nie mehr an die großen Zeiten anknüpfen. Seit der Saison 2012/13 spielten die Kickers in der Dritten Liga. In der Runde 2015/16 folgte der Abstieg in die Regionalliga, aus der die Stuttgarter im vergangenen Sommer runter in die Oberliga mussten. Bekannte Spieler, die aus den Kickers hervorgingen, waren Jürgen Klinsmann, Guido Buchwald, Fredi Bobic, Walter Kelsch und Karl Allgöwer. Für die Oberliga-Saison wurde als neuer Cheftrainer Tobias Flitsch (38) vom SSV Ulm verpflichtet. Seit November 2017 ist der Ex-Nullachter Martin Braun der Sportliche Leiter der Kickers.

Stadion: Gazi-Stadion auf der Waldau, Kapazität: 11 468 Zuschauer.

Adresse: Guts-Muths Weg 4, 70597 Stuttgart.

Zugänge: Patrick Auracher (Worms), Daniel Niedermann (FC 08 Villingen), Shkemb Miftari (Schalke 04 II), Ndriqim Halili (Ang Thong FC), Lukas Kling (Schweinfurt), Grgo Živković (Offenbach), Johannes Ludmann (Erndtebrück), Sebastian Schaller (FV Illertissen), Valentino Stepcic (Anagennisi Derryneia), Ramon Castellucci (VfB II), Leander Vochatzer (Sandhausen II), Abdenour Amachaibou (Watzenborn-Steinberg), Florijan Ahmeti (Heidenheim U19), Robin Hermann, Panagiotis Karastergios (beide von der eigenen U19).

Abgänge: Mario Suver (VfB II), Christian Ortag (Ulm), Alessandro Abruscia (1860 München), Daniel Hammel (Verl), David Müller (Freiberg), Luca Pfeiffer (Paderborn), Sebastian Mannström (Kokolan PV), Alessandro Abruscia (1860 München), Jesse Weißenfels, Maurice Hirsch (beide Waldhof Mannheim), Jonas Meiser (Großaspach), Robin Garnier (Aachen), Lukas Scepanik (RW Essen), Edwin Schwarz (Bayreuth), Daniel Schelhorn (SV Ilshofen), Miro Varvodic, Alwin Komolong (beide unbekannt).

Natürlich – für Martin Braun ist es am Samstag ein ganz besonderes Spiel. Der frühere Villinger Coach und Sportvorstand trifft nun als Sportdirektor bei den Stuttgarter Kickers auf seinen früheren Verein. Die Vorfreude auf das Wiedersehen ist bei ihm groß. Wir sprachen mit ihm aber nicht nur über das Top-Spiel.

Herr Braun, ausgerechnet am Wochenende vor dem Top-Spiel im Gazi-Stadion haben die Kickers und der FC 08 die Plätze an der Tabellenspitze getauscht.

Nun – die Saison dauert noch lange. Es ist eine Momentaufnahme. Für uns war es generell ärgerlich, dass wir uns zuletzt in der Tabelle nicht etwas absetzen konnten. Gegen Freiberg (2:4) haben wir verdient verloren – beim 1:2 in Ravensburg unglücklich. Aber diese Spiele zählen auch zu unserem Lernprozess. Unsere Mannschaft muss sich nach vielen personellen Veränderungen weiter finden. Aber wir sind insgesamt auf einem guten Weg.

Wie bewerten Sie das bisher gute Abschneiden des FC 08?

Der FC 08 zieht seine Energie aus seiner großen inneren Ruhe. Jago Maric und sein Team leisten seit Jahren eine hervorragende Arbeit. Da ist sehr viel Qualität und Stabilität in der Mannschaft. Das Team ist sehr strukturiert und zeichnet sich durch ein ausgezeichnetes Umschaltspiel aus. Nein – mich überrascht es nicht, dass Villingen nach einer sehr erfolgreichen Saison wieder vorne steht.

Was erwarten Sie für ein Spiel am Samstag?

Ich glaube schon, dass das Spiel nicht so offen, eher auch taktisch geprägt ist. Ich rechne damit, dass beide Mannschaften am Samstag versuchen, zunächst in der Defensive gut strukturiert zu stehen – und aus dieser ihre Chancen nach vorne suchen.

Während Ihre Mannschaft ausgeruht antreten kann, musste der FC 08 nur 48 Stunden vorher beim Pokalspiel in Weil antreten. Könnte dies nicht ein großer Vorteil für Ihr Team sein?

Zunächst muss man schon noch einmal herausstellen, dass so eine Terminkonstellation im Amateurbereich nicht sehr sinnvoll ist. Es ist sicherlich für den FC 08 zunächst ein Nachteil, aber dieser muss sich im Spiel dann nicht unbedingt negativ auswirken.

Wie gut sind noch Ihre Kontakte zum FC 08?

Immer noch sehr gut. Es war für mich – mit allen Problemen – eine schöne Zeit, in welcher ich auch einiges lernen konnte.

Werden beide Teams bis zum Ende der Saison auch vorne dabei sein?

Davon gehe ich fest aus. Aber ich sehe momentan auch noch sechs, sieben weitere Mannschaften wie Reutlingen, Bissingen, Nöttingen, Freiberg und auch den Bahlinger SC, die lange vorne dabei sein können. Ilshofen unterschätze ich auch nicht.

Sie haben ein sehr unruhiges erstes Jahr bei den Kickers erlebt. Werden Sie langfristig in Stuttgart weiterarbeiten?

Dies ist gut vorstellbar, weil mir meine Arbeit bei den Kickers – trotz einem wirklich herausforderndem ersten Jahr – viel Freude macht. Wir arbeiten alle sehr vertrauensvoll zusammen. Das Team auf dem Platz kann und soll sich weiter gut entwickeln. Das Umfeld ist sehr gut. Was ich hier auch sehr schätze, ist die Ruhe und Professionalität, mit der auch Probleme bearbeitet werden. Natürlich ist der Erfolgsdruck groß, aber diesen suchen wir ja auch und können gut damit umgehen.  Fragen von Michael Bundesmann