Benedikt Haibt ist bei den Nullachtern kaum wegzudenken. Foto: Michael Kienlzer

Oberliga: Spielführer des FC 08 Villingen blickt auf bewegte Zeiten. Offensivspieler hofft vor Abschied noch auf Einsätze.

Der langjährige Spielführer geht nach dem Ende der Oberliga-Saison 2019/20 – sollte diese abgeschlossen werden können – von Bord. Benedikt Haibt hat mit dem FC 08 Villingen sehr viel erlebt. Wir sprachen mit dem 31-Jährigen.

Herr Haibt, wie sieht denn derzeit ein "normaler" Tag bei Ihnen aus?

Derzeit unterscheiden sich die Tage größtenteils wenig von der Vergangenheit, da ich morgens zur Arbeit gehe und eben nach der Arbeit nicht ins Training fahre, sondern zu Hause trainiere. Soziale Kontakte sind natürlich in der aktuellen Lage etwas eingeschränkter als sonst, aber insgesamt hat man ja bei einem durchgetakteten Tag mit Training und Arbeit sowieso weniger Freizeit.

Wie halten Sie sich fit?

Ich gehe joggen und mache zuhause Kraftübungen. Der Sport ist derzeit auch ein guter Ausgleich.

Wie ist derzeit der Austausch mit den Trainern und den Mitspielern?

Wir kommunizieren vorwiegend über Whatsapp. Oder man telefoniert mit der jeweiligen Person, um sich auszutauschen.

Sollte die Runde abgebrochen werden? Oder hoffen Sie weiter, dass die Oberliga-Saison noch beendet werden kann?

Ich mache dies abhängig von der Dauer der aktuellen Situation. Ab einem bestimmten Zeitpunkt gehe ich von einem Abbruch aus. Bei Verzögerungen bis in den Juni oder Juli hinein, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass eine normale Fortsetzung des Spielbetriebs gewährleistet ist.

Wie geht es denn gesundheitlich? Sind Sie nach ihrer Wadenverletzung und den Gesäßproblemen wieder fit?

Grundsätzlich geht es mir gut. Die Wadenverletzung ist überstanden. Beim Gesäß habe ich noch Probleme bei schnellen Bewegungen und im maximalen Bereich. Die jetzige Situation erschwert natürlich auch den Behandlungsprozess enorm. Ich versuche dennoch, alles in den Griff zu bekommen, um schnell fit zu werden.

Besteht die Hoffnung, sollte die Runde fortgesetzt werden, dass Sie sich auf dem Feld von den Fans verabschieden? Sie haben ja angekündigt, dass Sie dem FC 08 in der kommenden Saison nicht mehr zur Verfügung stehen.

Ja – natürlich ist es mein Ziel, noch möglichst oft im Friedengrund aufzulaufen und dort eine Verabschiedung vorzunehmen. Ich bin Fußballer und möchte so oft wie möglich auf dem Platz stehen.

Sollte die Saison doch abgebrochen werden, wie könnten Sie sich dann verabschieden?

Dann, so denke ich, wird sich in der kommenden Saison auch diese Möglichkeit bieten, auch wenn dies natürlich eine nicht übliche Vorgehensweise wäre.

Und was kommt nach der Saison 2020/21?

Für mich wird zunächst eine Zeit der Erholung kommen. Ich weiß nicht, vor wie vielen Jahren ich das letztmals mehr als vier Wochen Sommerpause hatte, bevor die Vorbereitung gestartet ist. Danach wird man sehen, was passiert. Zunächst möchte ich mich beruflich weiter fokussieren und nach vorne kommen. Hier bin ich aktuell bereits stark eingespannt, was mit Oberliga-Fußball fast nicht zu vereinbaren ist.

Im Rückblick: Was waren ihre persönlichen Höhepunkte mit dem FC 08?

Höhepunkte waren ohne Zweifel die drei DFB-Pokalspiele gegen St. Pauli, Schalke und Düsseldorf. Aber auch die vier SBFV-Pokalfinalspiele gegen Offenburg, Oberachern, Linx und Rielasingen waren toll. Dies waren oft enge Spiele mit viel Dramatik, die einem in Erinnerung bleiben. Es waren viele Zuschauer dabei, es gab eine hohe mediale Präsenz und in drei von vier Fällen haben wir gewonnen. Nicht zu vergessen ist die Regionalliga-Relegation, als wir im letzten Spiel erst in Pirmasens gescheitert sind. Der Aufstieg in die Regionalliga wäre natürlich ein wahnsinniger Erfolg gewesen. Schade, dass dies nicht geklappt hat. Doch wir hatten ja auch erst im Jahr zuvor den Oberliga-Aufstieg als Verbandsliga-Meister gefeiert. Das war ebenfalls eine gute Saison – und meine erste Saison als 08-Kapitän.

Was bedeutet der FC 08 für Sie?

Nach so vielen Jahren ist der 08 natürlich ein Stück Heimat geworden. Ich verbinde viele gute Erinnerungen mit dem 08. Man kennt viele Leute und hat Freundschaften geschlossen. Der Weg zum Training und zum Spiel ist so normal, wie für andere der Heimweg von der Arbeit. Der FC 08 hat anderen Vereinen in der Liga – oder auch teilweise höherklassigen Vereinen – etwas voraus: Tradition und Emotion, die mit dem 08 und dem Friedengrund verbunden sind. In den vergangen drei bis vier Jahren konnten wir viel dazu beitragen, diese Emotionen noch zu erhöhen. Wir durften tolle Heimspiele mit vielen Zuschauern erleben. Ich habe elf bis zwölf Jahre meines Lebens hier verbracht, was zeigt, dass ich mich hier wohlgefühlt habe.

Welche Mitspieler werden Sie am meisten vermissen?

Da gab es über die Jahre natürlich einige Spieler, mit denen man sich angefreundet und ein gutes Verhältnis hat. Einige haben den Verein gewechselt oder sind altersbedingt ausgeschieden. Es gab Spieler, mit denen man ein menschlich sehr gutes Verhältnis hatte, von anderen konnte man wiederum viel lernen.

Wer war der coolste Teamkollege in all den vielen Jahren?

Hier möchte ich keine Teamkollegen öffentlich nennen. Nein – in einer Mannschaft gibt es immer Spaßvögel und Chaoten – sowie eine Dynamik innerhalb der Gruppe. Deshalb gab es in den ganzen Jahren immer wieder verrückte Teamkollegen in der Kabine.

Was hätten Sie sportlich mit dem FC 08 noch gerne erlebt?

Wie gesagt – der Aufstieg in die Regionalliga wäre für mich die Krönung in meiner Zeit hier in Villingen gewesen. Dann hätte ich von der Kreisliga B bis in die Regionalliga in jeder Liga gespielt, was vermutlich nicht alltäglich ist. Leider hat es nicht geklappt. Dennoch macht man in Villingen weitere Schritte in die Richtung Regionalliga, in welcher eine Stadt wie Villingen-Schwenningen auch vertreten sein sollte.

Und Ihre beste Anekdote aus 08-Zeiten?

Da fallen mir spontan zwei Geschichten ein. Einmal habe ich zu Beginn meiner Zeit in Villingen unter der Woche in der U23 ausgeholfen. Unser heutiger Sportlicher Leiter Arash (Yahyaijan, Anm. d. Red.) war Trainer. Als die Besprechung immer länger gedauert hat und wir noch rund 15 bis 20 Minuten hatten, um uns aufzuwärmen und umzuziehen, da habe ich ihn gefragt, ob wir nicht rausgehen sollten. Er hat gemeint, ich solle die Klappe halten, da er hier der Chef ist und mich sonst verhaut. Da war ich dann lieber ruhig. Die andere Anekdote – rund drei Wochen nach meinem Start in Villingen hatten wir ein Testspiel beim Schweizer Zweitligisten Winterthur. Wir haben auf einem Kunstrasenplatz, der an ein Wohngebiet grenzte, neben dem Stadion gespielt. Ich war zunächst Ersatzspieler und der damalige Torhüter "Mile" (Daniel Miletic) wollte, dass ich flanke. Die Flanken kamen nicht zu seiner Zufriedenheit – und vermutlich hatte er bei der Kälte sowieso schlechte Laune. Dann hat er den Ball gefangen und diesen mit der Aussage ins Wohngebiet gejagt, dass ich lieber den Ball holen und ihn in Ruhe lassen soll. Mittlerweile können wir beide darüber lachen.

Die Fragen stellte Gunter Wiedemann 

Zur Person

Benedikt Haibt

Der Spielführer des Fußball-Oberligisten FC 08 Villingen wird am 12. November 1988 in Rottweil geboren. Der Spieler mit der Rückennummer 10 erlernt beim SV Zimmern das Fußball-Einmaleins. "Ich habe dort im Alter von vier, fünf Jahren angefangen", sammelt Haibt später als 17-Jähriger schon Landesliga-Erfahrung. Der Finanzleiter in einem mittelständischen Unternehmen wechselt im Winter 2008 in den Villinger Friedengrund. Ein knappes halbes Jahr später wird er beim 3:1-Sieg der Villinger im SBFV-Pokalfinale gegen den Offenburger FV in der 90. Minute eingewechselt. 3300 Zuschauer sind in Bahlingen dabei, darunter Bundestrainer Joachim Löw.

Beim folgenden DFB-Pokalspiel – 0:2 nach Verlängerung vor 8300 Zuschauern im Friedengrund gegen den FC St. Pauli – zeigt Haibt ab der 77. Minute sein Können. In der Folge entwickelt sich Linksfuß bei den Nullachtern zum Stammspieler. Beim 5:3-Erfolg im Mai 2016 gegen den SV Oberachern erzielt Haibt, der im Mittelfeld und im Sturm spielen kann, in der 84. Minute den umjubelten 3:3-Ausgleich. Nedzad Plavci macht wenig später mit seinen Toren in der 89. und 90. Minute alles klar. Der achte Pokalsieg des FC 08 ist perfekt.

Der südbadische Rekordpokalsieger trifft dann im DFB-Pokal in der ersten Hauptrunde auf den FC Schalke 04. Haibt und Co. schlagen sich vor 14.000 Zuschauern im Freiburger Schwarzwaldstadion wacker. 1:4 heißt es gegen den Erstligisten. 2019 feiert Haibt mit dem FC 08 einen weiteren Pokalsieg. Im Finale gegen Rielasingen heißt es 3:1, Haibt sorgt für das 1:0. Doch dann muss Haibt nicht nur im DFB-Pokalspiel gegen Düsseldorf passen, sondern der Offensivmann kommt aufgrund von Verletzungen in der aktuellen Saison nur zu einem Einsatz am ersten Spieltag. Insgesamt hat Benedikt Haibt für den FC 08 Villingen bisher 279 Spiele absolviert, dabei 84 Treffer erzielt. In 21 203 Spielminuten kassierte der Kapitän nur 16 gelbe Karten, nie einen Platzverweis. In seiner Freizeit reist Haibt viel.