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Bürgerinitiative erhält Einblick in Artenschutzfachliche Bewertung /Gutachter kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen

Die Windkraftpläne der Siventis Windenergie GmbH beschäftigen die Menschen im oberen Bregtal schon seit 2016. Mittlerweile liegt eine "Artenschutzfachliche Bewertung" vor, die Siventis in Absprache mit den Behörden in Auftrag gegeben hat. Doch was steht drin?

Oberes Bregtal. Siventis gibt sich zum jetzigen Zeitpunkt zurückhaltend. Geschäftsführer Ulrich Bremauer meint, es sei zu früh, um Aussagen zu treffen. Es werde noch auf externe Informationen gewartet. Das Gutachten sei noch nicht abgeschlossen.

Dem Landratsamt liegt jedoch die von Siventis beauftragte Artenschutzfachliche Bewertung in schriftlicher Form vor. Das Landratsamt hat der Initiative Gegenwind Oberes Bregtal, die sich gegen die Windkraftpläne von Siventis formiert hat, eine Einsicht in diese Bewertung anfänglich verwehrt. Gegenwind hatte sich daraufhin an das Regierungspräsidium Freiburg gewandt, mit Erfolg. Wie einer der Aktiven bei Gegenwind, Dietrich Kühlke, erklärt, habe das Landratsamt anfänglich auf den Urheberrechtsanspruch des Büros GÖG (Gruppe für ökologische Gutachten) verwiesen, das die Bewertung für Siventis erstellt hatte. Das Regierungspräsidium habe andererseits das öffentliche Interesse an dieser Unterlage gesehen. Das Landratsamt lenkte ein. "Die Einsichtnahme der Bürgerinitiative in das Artenschutzgutachen von Siventis ist in der Zwischenzeit erfolgt – hierzu wurde in einem Widerspruchsverfahren entschieden", berichtet die Pressesprecherin des Landratsamtes, Heike Frank.

Die Sache hat jedoch einen Haken

Die Sache hat jedoch einen Haken. Die Kreisbehörde habe der Initiative Gegenwind auferlegt, das Siventis-Gutachten ausschließlich zum eigenen, internen Gebrauch zu nutzen, also nicht an Dritte weiterzureichen, bemängelt Kühlke. Damit, so zitiert er aus der Begründung des Landratsamtes, solle vermieden werden, dass durch eine etwaige öffentliche Diskussion der Gutachteninhalte versucht werden könnte, auf die noch ausstehende verwaltungsrechtliche Entscheidung der unteren Immissionsschutzbehörde über die Zulässigkeit der Errichtung der Windenergieanlangen Einfluss zu nehmen oder die Entscheidungsfindung zu erschweren.

Diese Begründung des Landratsamtes löst bei Kühlke Kopfschütteln aus. Er hält eine Verbreitung solcher umweltrelevanter Informationen für gesetzeskonform, damit das Thema diskutiert werden könne und damit eben auch eine Behörde aufgrund von Stellungnahmen zu einer möglichst richtigen Entscheidung gelange.

Gegen Maulkorb Widerspruch eingelegt

Die Initiative Gegenwind habe gegen den Maulkorb des Landratsamtes Widerspruch eingelegt. Und der Anwalt der Initiative sehe beste Chancen auf einen Erfolg.

Kühlke ist trotzdem bereit, einige inhaltliche Hauptaussagen des GÖG-Gutachtens von Siventis gegenüber unserer Zeitung wiederzugeben. Demnach komme das GÖG-Schreiben in großen Teilen zu gegensätzlichen Aussagen im Vergleich zu den beiden von Furtwangen und Vöhrenbach in Auftrag gegebenen Gutachten, die von den Büros FGOU (Fachgruppe für ornithologische Untersuchungen) und Bioplan in den Jahren 2016 und 2017 realisiert wurden. Die von den beiden Kommunen in Auftrag gegebenen Gutachten verweisen darauf, dass in beiden Bereichen, Rappeneck und Linacher Rücken, ein Rotmilan-Dichtezentrum im Umfeld sämtlicher Anlagen besteht; außerdem wird auf das Vorkommen des Wespenbussards sowie die hohe Überflugrate beider Arten auf dem Linacher Rücken hingewiesen. Die Büros ziehen die Schlussfolgerung, dass eine Genehmigung der geplanten Windenergieanlagen aus naturschutzfachlicher Sicht ernsthaft in Frage zu stellen sei.

GÖG-Gutachter kommen zu anderen Ergebnissen

Wie Kühlke bekannt ist, zieht die Artenschutzfachliche Bewertung von Siventis andere Schlüsse. Das beauftragte Büro GÖG beziehe sich auf Untersuchungen im Jahr 2017 und erkenne kein "Dichtezentrum" des Rotmilans an den geplanten Windkraftstandorten. Der Wespenbussard sei jedoch auch von GÖG im Bereich des Linacher Höhenrückens mit zwei Brutrevieren nachgewiesen worden, was die Verwirklichung eines Verbotstatbestandes erfüllen würde. Jedoch relativiere das GÖG-Gutachten auch diese Aussage mit dem Hinweis, dass ein Verlust dieses Gebiets vom Wespenbussard zu verkraften sei, weil es genug geeignete Habitate in der Umgebung gebe.

Kühlke merkt hierzu an: "Es ist schon erstaunlich, dass Gutachter, die in den gleichen Gebieten zu gleichen Zeiten unterwegs waren, in großen Teilen zu so unterschiedlichen Ergebnissen kommen."

Als Erklärungsversuch für die widersprüchlichen Aussagen kann sich Kühlke zwei Dinge vorstellen: Die beiden von Furtwangen und Vöhrenbach in Auftrag gegebenen Gutachten hätten einen zweijährigen Untersuchungszeitraum gehabt, das vom Büro GÖG jedoch nur einen einjährigen. Außerdem seien, wie es die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) fordere, bei den Gutachten von Furtwangen und Vöhrenbach auch eine Vielzahl an Informationen und Bildbelegen von Anwohnern bezüglich der Aktivitäten und Vorkommen von Rotmilan und Wespenbussard berücksichtigt worden.

"Gegenwind" möchte Fachleute einschalten

Der längere Untersuchungszeitraum und die breiter angelegte Beweislage lassen Kühlke dazu tendieren, die beiden von Furtwangen und Vöhrenbach in Auftrag gegebenen Gutachten stärker zu gewichten als das von Siventis. Die Initiative Gegenwind jedenfalls beabsichtigt, die Schlüsse aus den unterschiedlichen Bewertungen von Fachleuten überprüfen zu lassen, heißt es bereits auf der Webseite von Gegenwind (gegenwind-bregtal.de).

Kühlke hält die Diskussion und Offenlegung aller relevanten Informationen zum jetzigen Zeitpunkt des immissionsrechtlichen Verfahrens für ausschlaggebend. Wenn die Planung hier durchkomme und befürwortet werde, dann seien die anschließenden Bauanträge für die Windkrafträder "nur noch Formsache" und würden dann auch beschlossen, so die Befürchtung von Kühlke.

Nach bisheriger Planung möchte Siventis jeweils vier Windkraftanlagen in den beiden Gebieten Rappeneck, das liegt östlich von Rohrbach, und Linacher Rücken, diese Berghöhe zieht sich zwischen Schönenbach und Linach hin, realisieren.

Weitere Informationen: www.siventis-energie.de, https://gegenwind-bregtal.de